Trekking - eine Flucht?

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  • Ich hatte mich neulich mit jemandem über eine dieser historischen Persönlichkeit unterhalten, die im Kerker gelandet sind, und es wohl geschafft haben zu fliehen. Und musste darüber nachdenken, wie man das wohl macht - seine Flucht zu planen. Und als ich mir so eine Kerkerflucht vorstellte, sind mir, als täglichem Leser dieses Forums, die parallelen aufgefallen.

    Wie ich mir täglich Gedanken mache eine Tour zu planen oder mein Equipment zu verbessern. Wie ich Situationen visualisiere und in Gedanken Lösungen erarbeite.Wie ich shops oder Gearlisten nach ständig leichterem durchkämme. Und es drängte sich klar die Frage auf, was ich hier tue.

    Plane ich hier eigentlich meine Flucht?

    5 Mal editiert, zuletzt von WonderBär (8. Juni 2025 um 04:29)

  • Egal welchem Hobby man nachgeht, in unserem Fall wäre es halt Wandern, in der ein oder anderen Ausprägung, es ist immer eine kleine Flucht aus dem Alltag.

    Oder, wer z.B. eine riesige Tour, wie z.B. dem NST, Hexatrek oder PCT, läuft, macht keine kleine, sondern eine große Flucht!

    Wie bei allen Fluchten vor dem Alltag, sollte man aber nie vergessen, das Dinge die vor der Flucht grau waren, auch nach der Flucht wieder grau sein werden!

    Dagegen hilft nur, etwas an den grauen Dingen zu ändern!

  • Ich würde das gar nicht so negativ belegt sehen.
    Menschen sind vielseitig begabte Wesen, die nicht nur aus intellektuellen Leistungen und Funktionieren in der Gruppe ihre Befriedigung ziehen. Wir möchten unseren Körper spüren, etwas mit den Händen machen und uns mit unserem alten Lebensraum, „Natur“ auseinandersetzen. Auch das direkte Erleben von Ursache-Wirkung ist beim Wandern wieder unmittelbar zu spüren.
    Sich für kurze oder längere Zeit aus der Gesellschaft Anderer auszuklinken, halte ich für Gesund und kann unterschiedliche Tiefen unserer Persönlichkeit berühren.

  • Natürlich ist es, sich aus eigener Kraft fortzubewegen, dem Wetter ausgesetzt zu sein, sauberes Wasser nicht ständig und in großen Mengen verfügbar zu haben, seine Lebensmittel vor Ungeziefer schützen zu müssen, beim Toilettengang etwas mehr Aufwand zu betreiben, sich abends nicht einfach ins gemachte Bett legen zu können, …

    In der natürlichen Lebensart sind Geld, Urkunden, Internet und Uhrzeit unwichtig, während Schutz, Nahrung, Wasser und Wetter einen enorm hohen Stellenwert haben.

  • während Schutz, Nahrung, Wasser und Wetter einen enorm hohen Stellenwert haben

    Dazu fällt mir ein, dass das alles auch Fluchtgründe sind :)

    Und in Ergänzung zu wilbo oben: ... wenn man unterwegs auf andere Fremde trifft, geht man in der Regel freundlich und friedlich aufeinander zu, teilt, kommunikativ und real, was man hat und den unmittelbaren Bedürfnissen entsprechend. Ohne Mehrwert, ohne Ausbeutung und meist auch entgegen Herrschafts- und Vorurteilsverhältnissen, deren mehr oder weniger kritischer Teilnehmer man sonst ist.

    Für Leute, für die "Fluchtgründe" sonst eher nicht bestehen (also uns), ist Wandern subjektiv ziemlich weit interpretierbar, je nachdem, wieviel Gedanken man sich so macht im Leben. Je subjektiv unreflektierter desto flüchtiger würde ich sagen, aber flüchtig fängts ja oft an mit dem Wandern und man lernt, was einem daran gefällt...

    Wandern ist Ortsveränderung und zeigt übers eigene Leben am festen Ort deshalb notwendigerweise hinaus. Kann man über Eskapismus oder Eschatologie und Utopie, überhaupt: Veränderung reden, muss aber nicht, weil ja einigermassen feststeht, wohin man zurückkehrt (was man unterwegs gern vergisst, irgendwie Ziel der Bewegung).

    Unterwegs sein, weite Blicke und überraschende Begegnungen finden hat sich bei mir als Muster des von mir eher ziellos betriebenen und spontan schlenkernden Wanderns herausgestellt. Seit ich arbeite. Diese Selbsterkenntnis des Wanderns sehe ich auch in meiner Arbeitsweise, wobei (auch) für die Arbeit das Handwerskzeug die Wegmöglichkeiten vorgibt und ich so eine Art Wanderführer für Wanderer bin, die Fluchtgründe haben und hier an einem örtlich bestimmten Ziel angekommen sein wollen. So ein Ziel habe ich eher erst für die Zeit als Rentner, aber ich weiss, obwohl ich viele in Frage kommende Orte gesehen habe, immer noch nicht, ob das ein Ort ist.

    Heisst: ebenso wie die Unmittelbarkeit ( wilbo ) ist mir die Flüchtigkeit wohl wichtig, die (ausser "natürlicher" Unmittelbarkeit auch) Leichtigkeit und Ungleichzeitigkeit zulässt.


    WonderBär Flucht aus dem Kerker planen und machen - find ich ja schon sehr anders als Wandern. Den gesellschaftlichen/psychologischen "Kerker" darf man je jederzeit auf Urlaub verlassen :-). Ein aktuelleres Buch (Flucht vorm Kerker): https://unrast-verlag.de/produkt/aus-de…tab-rezensionen

  • Ist es Flucht (aus der urbanen Zivilisation ) oder eine Rückkehr zu einer natürlicheren Lebensart?

    Nach der Menge an Kunststoff zu urteilen in die wir uns einpacken und versuchen uns damit die Natur vom Leib zu halten tue ich mich schwer an letzteres zu glauben, verstehe aber die Romantik des Gedankens

  • Nach der Menge an Kunststoff zu urteilen in die wir uns einpacken und versuchen uns damit die Natur vom Leib zu halten tue ich mich schwer an letzteres zu glauben, verstehe aber die Romantik des Gedankens

    Wenn ich jetzt Versuche mir passende Felle zu besorgen bleibt nicht mehr viel , um mich draußen zu vergnügen ?

    Skills are cheap - Passion is priceless

  • Nach der Menge an Kunststoff zu urteilen in die wir uns einpacken und versuchen uns damit die Natur vom Leib zu halten tue ich mich schwer an letzteres zu glauben, verstehe aber die Romantik des Gedankens

    Man könnte recht leicht weitgehend „plastikfrei“ unterwegs sein. Nur ist das Konzept des Teilens bei Solowanderungen schwierig umzusetzen.

  • Ich glaube, Christine Thürmer hat mal geschrieben, dass (freiwilliges) Weitwandern, also das, was wir betreiben, nicht als Flucht vor etwas funktioniert.
    Es ist, oder wird zu etwas, was man will - als Selbstzweck. Ab hier jetzt ich: Wie Kunst, Musik (ok - je nach Konzept von Kunst - nicht dem von meiner Tochter)
    Es ist - oder wird - und ich meine das positiv - auch als Hobby zum Alltag - wie, meinetwegen: ein Instrument üben. Macht nicht immer Spaß. Man flucht (mit "langem "U"). Freut sich über gelungene Passagen. Freut sich, wenn man etwas geschafft hat, ärgert sich und schmeißt den Notenständer um. Eine Mischung aus allein machen und gemeinschaftlich tun.
    Wenn ich es genau bedenke: wie vermutlich jedes "echtes", ernst genommenes Hobby.

    Irgendwie kommt mir gerade das Wort "Steckenpferd" in den Kopf. Die Ernsthaftigkeit, mit der Kinder sich in eine Sache vertiefen können.

    "Nichts leichter als das", antwortete Frederick. "Komm mit!"

  • Nach der Menge an Kunststoff zu urteilen in die wir uns einpacken und versuchen uns damit die Natur vom Leib zu halten tue ich mich schwer an letzteres zu glauben, verstehe aber die Romantik des Gedankens

    Man könnte recht leicht weitgehend „plastikfrei“ unterwegs sein. Nur ist das Konzept des Teilens bei Solowanderungen schwierig umzusetzen.

    Ich finde den Gedanken sehr spannend und fände es cool wenn du das in einem threat mal ausformulieren würdest

  • Nach der Menge an Kunststoff zu urteilen in die wir uns einpacken und versuchen uns damit die Natur vom Leib zu halten tue ich mich schwer an letzteres zu glauben, verstehe aber die Romantik des Gedankens

    Wenn ich jetzt Versuche mir passende Felle zu besorgen bleibt nicht mehr viel , um mich draußen zu vergnügen ?

    auf jeden Fall schwer UL zu bleiben

  • Plane ich hier eigentlich meine Flucht?

    Falls Trekking eine Flucht ist, dann trifft das auch auf jede andere Form von "Urlaub" und alle andere nMöglichkeiten die uns aus dem "normalen" Alltag raus bringen zu. Dieser normale Alltag ist ein Teil des Lebens, wie erfüllend oder auch nicht dieser sein mag, genauso wie jede Form des Lebens abseits dieses Alltages ... also gibt es gar keine "Flucht"!?
    Aber wenn wir es als Flucht sehen, dann sind wir hier doch alle verdammt hartnäckig, denn, obwohl wir genau wissen das wir nach mehr oder weniger kurzen Zeit immer wieder eingefangen werden, versuchen wir es doch immer wieder ... wenn das kein Überlebenswille, Zielstrebigkeit, Charakterstärke ist, nun, dann weis ich auch nicht 8)

    Mach Dir bloß kein Kopp!

  • Old School

    Wie alt bist du, wenn ich fragen darf?

    Du scheinst jünger zu sein, denn die meisten älteren werden sich an Zeiten erinnern, wo für viele Urlaub machen nicht normal und alltäglich waren.

    Zur Zeit und in Zukunft, werden das auch wieder mehr Menschen, auf die das zutrifft.

    Ich finde, das jegliche Form des Urlaubs, eine kleine Flucht ist, aus dem Alltag.

    Den Hexatrek, NST, oder PCT am Stück zu laufen, ist sogar eine große Flucht!

    Es gibt sogar welche, die sich darin verlieren, und auf dauer nirgendwo mehr Heimisch sind.

    Ich meine so Leute, die zu hause sein nur noch einzig dafür nutzen, Geld zu verdienen, um den nächdten Thruhike zu finanzieren. Die eigentlich im Alltag keinen Genuß mehr finden, denn die Gedanken sind immer und überall auf die nächste Wanderung gerichtet.

  • Wie alt bist du, wenn ich fragen darf?

    60+ (deutliches +)

    RaulDuke, du hast recht, an solche Zeiten erinnere ich mich (und die Zeiten in denen wir so viele Selbstverständlichkeiten genießen konnten ändern sich sicherlich wieder), allerdings hatte ich das das Privileg seit früher Kindheit jährlich mit der Familie klassische Urlaube erleben zu dürfen, Wanderurlaube in den Alpen, Strandurlaube an einigen Meeren, Erlebnisurlaube in Skandinavien. Später dann Trekkingtouren, Paddeltouren in den Alpen, Deutschland, Skandinavien, oft mehrere Monate. Eine wunderbare Zeit die, sowohl von der Familie als Kind als auch später selbstständig jeweils mit sehr wenig Geld realisiert wurde. Teure Fernflugreisen waren bisher nicht dabei, früher zu teuer, heute kein Interesse.
    Zwischendrin gab es wegen voller Zufriedenheit im "normalen Alltag" aber auch ca. 15 bis 20 Jahre gar keinen Urlaub, kein Interesse daran, ich kenne also beides. Seit gut 10 Jahren mache ich wieder Trekkingtouren, nicht aus Flucht, sondern einfach weil es wieder Teil des Lebens ist und ganz einfach nen Riesenspass macht. Und wenn ich in Rente bin werden die Touren sicher auch wieder in die Monatsbereiche gehen ... lange Gesundheit ermöglicht das hoffentlich, großaretig Geld brauche ich dazu nicht da es sicher nie teure Flugreisen werden obwohl es ja (noch)auch diese oft sehr günstig gibt.

    Mach Dir bloß kein Kopp!

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