Evolution meiner ultraleichten Kamerataschen

  • Moin!

    Ich möchte euch gern zeigen, wie sich meine MYOG-Kamerataschen über die letzten Jahre entwickelt haben. Die ersten Taschen habt ihr vielleicht schon auf Reddit oder im blauen Forum gesehen, aber ich wollte sie hier gern mal in eine Reihe bringen. Was ist die Idee hinter den Designs? Was habe ich warum angepasst? Wie hat es auf Tour funktioniert? Und wie sehen sie heute aus?

    Hinweis: Wie ich schon in meinem Vorstellungs-Post erwähnte, mache ich mich gerade mit diesen ultraleichten Kamerataschen selbstständig. Mein Ziel mit diesem Post ist vorrangig, die Evolution der Taschen zeigen und damit ein wenig meine persönliche MYOG-Lernkurve darstellen. Sobald ich zu den aktuellen Taschen komme, zeige ich natürlich Produkte, die ich verkaufe. Ich freue mich aber, mit euch deutlich mehr Infos zu Design-Entscheidungen und MYOG-Erkenntnissen zu teilen, als ich es in werbender Kommunikation tun würde. Ich hoffe, das passt für euch alle so. :)

    Fangen wir ganz am Anfang an.

    Es ist 2019, "Ultraleicht" und "Kamerarucksack" sind völlige Gegenteile. Und alle anderen üblichen Wege, eine Kamera mit on Trail zu nehmen, erweisen sich für mich nicht wirklich als praktikabel:

    • Ein Kameragurt um den Hals schwingt zu sehr, und über die Schulter gelegt belastet er einseitig
    • Ein Clip am Schultergurt führt zu einseitiger Belastung und lässt die Kamera vor Regen und Fels ungeschützt
    • Ein klassischer Toploader bietet zwar Schutz und bessere Belastung, hat aber ebenfalls keinen Platz für ein zweites Objektiv und ist meist nicht zuverlässig wasserdicht

    Und so führte mein Weg in Richtung MYOG ...

    Evolutionsstufe 1: Der ultraleichte Kamerarucksack mit Seitenzugriff
    Ich habe den Rucksack ursprünglich 2020 auf Reddit /r/MYOG vorgestellt.

    Ein typischer Kamerarucksack hat einen integrierten geschützten Bereich für die Kameraausrüstung, der über separate Zipper erreichbar ist (z.B. am Rücken oder an der Seite). Alternativ lässt sich ein normaler Rucksack durch separate "Internal Camera Units" (ICU) in einen Kamerarucksack verwandeln. Ich entschied mich, einen ultraleichten Rucksack zu nähen und mit einem Zipper an der Seite auszustatten, um mein ICU mit Kamera so zu erreichen. Mit der dritten Iteration war ich halbwegs zufrieden:

    Wie ihr euch vielleicht denken könnt, erwies sich auch diese Lösung als nicht ganz praktikabel. Um meine Kameraausrüstung zu erreichen, muss ich den Rucksack abnehmen und auf die Seite legen, um ihn dann von der anderen Seite öffnen zu können. Doch sowohl das Hinlegen als auch Öffnen war durch die gefüllten Seitentaschen ziemlich nervig.

    Ich habe den Rucksack 2020 genäht, aber noch nie beim Wandern eingesetzt. Dafür habe ich gelernt: Eine gute Kameratasche ist nicht nur ultraleicht, sondern ermöglicht auch schnellen Zugriff auf die Kamera!

    Evolutionsstufe 1,5:
    Ich habe diese Änderung ursprünglich 2022 im blauen Forum vorgestellt.
    Den zugehörenden Rucksack 2021 auf Reddit /r/MYOG.

    Um das Problem mit der komplizierten Öffnung zu lösen und schnelleren Zugriff zu gewähren, habe ich bei einem Tagesrucksack getestet, eine Seitentasche wegzulassen und durch einen kurzen Zipper zu ersetzen. So konnte ich den Rucksack über die Schulter schwingen, den Zipper öffnen und dadurch meine Kamera erreichen, ohne den Rucksack abzunehmen. Das war zwar ein Fortschritt, aber auch nicht die Lösung, denn für gewöhnliche nutze ich meine beiden Seitentaschen.

  • Evolutionsstufe 2: Ultraleichter Toploader
    Diese Tasche habe ich ursprünglich 2022 auf Reddit /r/MYOG vorgestellt.

    2022 stand meine Wanderung auf dem Kungsleden an, daher holte mich das Thema wieder ein. Vom UL-Kamera-Rucksack hatte ich mich gedanklich wieder getrennt, stattdessen sollte es ein typischer ultraleichter Rucksack in Kombination mit einem MYOG-Kamera-Toploader vor der Brust werden.

    In dieser Hinsicht entdecke ich diese spannenden Konzepte:

    In die Richtung sollte meine nächste Tasche gehen. Aber mit folgenden Anforderungen: ultraleicht, regensicher, gepolstert, schnell erreichbar und groß genug für mindestens eine Kamera mit befestigtem Objektiv sowie ein weiteres Zoom-Objektiv. Auch hier dauerte es drei Iterationen, bis ich glücklich war:

    Infos zur Nutzung:

    • Wird über zwei Schlaufen mit Karabinern an zwischen den Schultergurten oder am Hüftgurt befestigt
    • Zip-Deckel klappt vom Körper weg, um die Kamera einfach zu erreichen
    • Ausreichend Platz für meine Kamera-Ausrüstung und ich kann praktisch während des Laufens mein Objektiv wechseln
    • Sollte Regen kurz standhalten, muss im starken Guss aber besser in den Rucksack

    Infos zur Konstruktion:

    • Zwei interne Trenner sind unten direkt an die Außenhülle geklebt und lassen sich oben umklappen. Hier habe ich sie mit etwas DCF überzogen, weil die EVA-Polsterung sonst zu sehr an der Kamera "klebt".
    • Rundum 4mm Polsterung, mit Transfer-Tape eingeklebt
    • Nähte nach Möglichkeit getaped (nicht am Zipper)
    • Deckeltasche aus Moskitonetz und Klettverschluss
    • Aus Ultra 100
    • 113g

    Was funktionierte an diesem Design gut?

    • Die Tasche war nur minimal schwerer als die die anderen erwähnten Taschen, hatte aber deutlich mehr Platz.
    • Die Tasche trägt sich ausgeglichen vor der Brust.
    • Die Kamera ist mit dem Padding gut geschützt.
    • Ich kann mehrere Objektive unterbringen.

    Was funktionierte an dem Design nicht so gut?

    • Der eingenähte (wasserabweisende) Reißverschluss ist schwierig abzudichten. Das Tape klebt zwar am Ultra, jedoch nicht auf der Innenseite des RV. Blöd, dass ausgerechnet der Deckel den meisten Regen abbekommt ^^
    • Das EVA-Padding verträgt sich nicht so gut mit Gummiteilen an der Kameraausrüstung. Das macht das Rausziehen schwierig.
    • Der Kleinkram in der Deckeltasche war ein wenig wenig fummelig. Es war am Ende einfacher, einen kleinen Beutel unten in die Kameratasche zu legen.
    • Durch den Zipper lässt sich die Kamera noch immer nicht so schnell wie gewünscht erreichen.
    • Das Befestigen mit den Karabinern ist manchmal recht nervig, vor allem beim Abnehmen der Tasche. Meine Karabiner haben eine Art Haken am Ende, der sich immer im Gurtband des Schultergurts verhakt.
  • (Naja, und die Nähte im letzten Bild wollen wir uns zu diesem Zeitpunkt gar nicht erst angucken. Das ist ja ein Graus! :D)

    Zwischenspiel: ein regnerischer Tag in Portugal ...

    Im Februar 2024 hatte ich eine weitere Iteration dieser Tasche mit auf dem Fishermen's Trail in Portugal. Sie hatte schon den Skye Trail überlebt, aber wer konnte schon wissen, dass Schottland sich in Sachen Regen was von Portugal abgucken kann? 8|

    Nun, gleich am ersten Tag hat's geregnet wie sonst was. Ich hätte die Kameratasche besser wegpacken sollen, da die Nähte des Reißverschluss ja nicht vollständig wasserdicht waren. Aber ich wollte die Kamera einfach noch nicht wegpacken – nicht bevor das Wandern überhaupt richtig losging, bevor ich die stürmische See fotografieren konnte! Und als ich dann schließlich meine Kameratasche öffnete, fand ich eine kleine Pfütze am Boden, und meine Kamera und Objektive waren nass ...

  • Evolutionsstufe 3: Rolltop-Kameratasche
    Diese Tasche habe ich ursprünglich Anfang 2024 auf /r/MYOG vorgestellt.

    Kurz gesagt: Ich hab auf der Reise das Vertrauen in Reißverschlüsse verloren. Nicht nur aufgrund des Regens – sieben Tage Sand haben das ganze auch nicht besser gemacht. Wenn ich auf Tour bin, soll meine Kameratasche verlässlich funktionieren. Egal ob es regnet und egal wie lange ich unterwegs bin.

    Daher ist die nächste Tasche vor allem von einem Punkt geprägt: Rolltop statt Zipper. Gleichzeitig hab ich die Chance genutzt, ein paar der anderen Probleme aus dem Weg zu räumen: Keine Deckeltasche, verbesserter Schnellzugriff, Polsterung mit Liner, und ich hab mittlerweile auch bessere Karabiner gefunden.

    • Wasserdichtes Rolltop-Design: Keine Chance für Regen. Die gesamte Tasche besteht aus einem Stück Stoff, die Seiten werden nur hochgeklappt und miteinander vernäht. Alle Nähte werden getaped. Die Deckeltasche fällt weg, im Zweifel lässt sich im Korpus ein loses Täschchen unterbringen.
    • Schnellzugriff: Ein Rolltop vor der Brust klingt zunächst etwas blöd. Versperrt das nicht die Sicht? Nein: Beim Wandern wird die Tasche geöffnet und der Rolltop nach außen zur Hälfte abgerollt. Ein paar Magneten halten die Außenwände als Schnellverschluss zusammen. Die Kamera ist schnell gezückt – und bei Regen wird die Tasche zugerollt.
    • Polsterung: Wie zuvor ist auch diese Tasche mit Evazote gepolstert. Dafür habe ich einen kleinen Kasten genäht, der nach oben hin offen ist und der innen mit zwei Trennern unterteilt wird. Diese Trenner sind wie von Kamerataschen bekannt lose und werden mit Klett flexibel eingesetzt. Alles Padding und die Trenner habe ich mit "7D ripstop fabric soft"-Resten von AdventureXpert überzogen, da die Kamera am Evazote sonst hängen bleibt.
    • Anpassparkeit: Bei den vorigen Taschen habe ich den Evazote-Kasten an die Außenwand geklebt, um ihn zu sichern. Diesmal habe ich ihn mit Klett fixiert, damit der Kasten entfernbar und die Tasche anpassbar/reparierbar bleibt. Das Klett für die äußere Tasche habe ich auf einen Streifen Ultra 200 genäht und festgeklebt, um weitere Nahtlöcher zu vermeiden.
    • Material: Ultra 200
    • Gewicht: 133g

    Mit dieser Tasche war ich im März auf einer Skitour auf dem Kungsleden unterwegs. Das Rolltop-Design hat gut funktioniert! Man merkt beim Rollen eben wie bei einem Drybag, dass die Tasche sich plustert und keine Luft entweicht – das hat mich sehr sicher gestimmt, dass auch kein Wasser eindringt (auch wenn das auf dieser Tour eh unwahrscheinlich war).

    Lediglich der Schnellzugriff mit dem nach außen gerollten Rolltop hat nicht so recht überzeugt, sodass ich die Tasche für jedes Foto neu entrollt habe. Und aufgrund der punktuellen Belastung der Befestigungspunkte würde ich als nächstes die Schlaufen wieder in der Naht integrieren statt sie von außen aufzusetzen.

    Bald geht's weiter ...

  • Hübsch!

    Hab zwar keine DSLR Ausrüstung mehr, aber trotzdem neugierig die Entwicklung hier verfolgt!

    Da Du an Feedback interessiert warst: meine Gedanken:

    - so richtig sleek finde ich die rolltop Lösung auch nicht. Wann will man eine gepolsterte Tasche? Wenn man auf die Nase fliegt - und dir Ausrüstung was abbekommen könnte. Der rolltop ist nicht gepolstert - ist das keine Achillesferse? Und können die Objektive beim offen runtergerollten rolltop nicht trotz Magnetverschluss rausfliegen, wenn man stürzt, wenn die Magnete gleichzeitig noch schwach genug sein müssen, um ein einfaches Öffnen zu ermöglichen?

    Hast Du mal über einen einfachen, überlappenden Deckel nachgedacht, wie man ihn von klassischen toploader Rucksäcken kennt? Bisschen aus der Mode gekommen, aber hey :S

    Anstelle der Karabiner fände ich glaube ich Blitzverschlüsse oder fidlocks netter, trotz Gegenstück an den Schultergurten.

    Mesh Außentaschen wögen fast nichts, wären aber vielleicht ein netter Mehrwert für Snacks oder Kamerakram wie Objektivdeckel etc., wenn man eh schon was vor'm Wanst hat.

    Blüten Viel Erfolg beim Tüfteln!:thumbup:

    "Not all those who wander are lost"

    Einmal editiert, zuletzt von questor | hangloose (1. November 2024 um 23:46) aus folgendem Grund: Autocorrect galore!

  • Ich freue mich übers Interesse! Danke für deine Gedanken und Ideen! :thumbup:

    Allgemeiner Hinweis: Da folgt noch ein Teil mit der aktuellen Version. Das ist dann eine bessere Diskussionsgrundlage. :)

    Auf deine Punkte gehe ich aber gern schon ein:

    Wann will man eine gepolsterte Tasche? Wenn man auf die Nase fliegt - und dir Ausrüstung was abbekommen könnte. Der rolltop ist nicht gepolstert - ist das keine Achillesferse? Und können die Objektive beim offen runtergerollten rolltop nicht trotz Magnetverschluss rausfliegen, wenn man stürzt, wenn die Magnete gleichzeitig noch schwach genug sein müssen, um ein einfaches Öffnen zu ermöglichen?

    Für meine Zwecke schützt die Tasche beispielsweise am Berg vor Stößen am Fels und im dichten Wald vor Kratzern. Sie ist nicht dafür entwickelt worden, vor Stürzen zu schützen. Da stimme ich dir also zu – aber verneine deine Aussage, dass "eine gepolsterte Tasche" genau dafür gewollt wird. Ich schätze, wir verwenden Kamerataschen anders und haben daher andere Bedürfnisse an sie. Mir ist der Schnellzugriff weitaus wichtiger als der Schutz vor einem Sturz.

    Ein weiterer Punkt: Beziehst du dich auf die hier vorgestellte Tasche oder hast du schon auf der Website geluschert? Der neuen traue ich tatsächlich schon ein wenig mehr Schutz vor Sturz zu, und mehr Fähigkeit die Ausrüstung in der Tasche zu behalten. Die Magneten der neuen Konstruktion halten erstaunlich gut – ich kann die Tasche schütteln wie ich will, ohne dass sie sich lösen.

    Finde ich aber generell einen spannenden Punkt. Ich werde mal nachdenken, wie ich einen Sturz simulieren kann, ohne meine Ausrüstung zu opfern ^^

    Hast Du mal über einen einfachen, überlappenden Deckel nachgedacht, wie man ihn von klassischen toploader Rucksäcken kennt?

    Ich denke drüber nach! Zipper-Deckel sind auch noch im Rennen für weitere Taschen. Mehr Auswahl für die unterschiedlichen Bedürfnisse kann ja nicht schaden.

    Anstelle der Karabiner fände ich glaube ich Blitzverschlüsse oder fidlocks netter, trotz Gegenstück an den Schultergurten.

    Blitzverschluss fänd ich auch nett, hab ich tatsächlich auch getestet. Meine Schwierigkeit war, eine möglichst universale Option zu finden, die sich einfach überall befestigen lässt. Der Karabiner funktioniert da meiner Erfahrung nach tatsächlich ziemlich gut. Aber man kann mit den Befestigungspunkten ja auch gut basteln. Besser als durch Daisy-Chain-Gurtband passt er natürlich durch eine Kordelschlaufe, die man am Gurtband befestigen könnte. Das ist dann absolut easy.

    Mesh Außentaschen wögen fast nichts, wären aber vielleicht ein netter Mehrwert für Snacks oder Kamerakram wie Objektivdeckel etc., wenn man eh schon was vor'm Wanst hat.

    Stimme ich dir absolut zu, sehe ich auch für etwaige zukünftige Varianten (ggfs. wieder in Kombi mit Zipper). Etwas Gewicht kommt natürlich schon hinzu. Bei der aktuellen Version – deren Design-Hintergründe ich ja erst noch erklären werde ^^ – sind die Möglichkeiten aufgrund der aufs Nötigste reduzierten Nähte nicht gegeben.

    Blüten Erfolg beim Tüfteln! :thumbup:

    Danke! :love:

  • Evolutionsstufe 4: Rolltop-Kameratasche – von Grund auf neu

    So. Und dann habe ich eigentlich noch mal alles über den Kopf geschmissen und die Tasche von Grund auf neu entwickelt. ^^

    Äußerlich ähnlich ...

    Aber neu konstruiert und in verschiedenen Größen:

     

    Dabei habe ich mir vier Design-Prinzipien zu Herzen genommen, die jede Entscheidung geleitet haben:

    • 1. Ultraleicht: Leichte Materialien, nur die nötigsten Features, gewichtssparende Konstruktion
    • 2. Wasserdicht: Die Kameraausrüstung soll immer geschützt sein. Nicht nur vor einem kurzen Schauer, auch vor tagelangem Regen. Und vor Schnee, Staub und Sand.
    • 3. Schnellzugriff: Die Kamera soll so schnell möglich erreichbar sein, um keinen Moment zu verpassen. Ob schönes Licht oder ein Tier in der Landschaft.
    • 4. Flexibilität: Die Tasche soll flexibel am Rucksack befestigt werden können, um verschiedenen Menschen und Situationen gerecht zu werden.

    Also, was habe ich verändert?

    • Neues Design für den Schnellzugriff: Nach dem Einhaken werden die Taschen standardmäßig entrollt. Zwei Magneten im Saum halten die Öffnung geschlossen. Anschließend klappt man den aufgerollten Rolltop nach vorne und ein weiterer Magnet hält die Öffnung zugeklappt an Ort und Stelle. Das heißt: Um die Kamera zu zücken, muss man nur den Deckel hochklappen. Unterwegs halten die Magneten die Tasche sehr stark dicht, öffnet sich auch nicht beim kurzen Joggen.
    • Das komplette Schnittmuster der Außentasche. Ziel: Die Befestigungspunkte in der Naht fixieren und gleichzeitig die Gesamtlänge der Nähte aufs mögliche Minimum zu reduzieren. Denn jede Naht birgt extra Gewicht und führt zu weiteren Löchern, die abgedichtet werden müssen. Die Taschen bestehen final aus zwei Schnittteilen Ultra: Eins für die Vorderseite und Seiten, eins für die Rückseite und den Boden.
    • Ich habe die Befestigungspunkte zurück in die vertikale Naht gesetzt und auf die gesamte Höhe gestreckt. In der Regel hängt das gesamte Gewicht der Kameraausrüstung an nur zwei Punkten, sodass es hier zur höchsten punktuellen Belastung kommt. Ultra erfordert gut überlegte Nähte, da der Plastikfilm, der zur Integrität des Stoffes beiträgt, durch jede Naht durchlöchert und geschwächt wird. Belastete Nähte sollten durch zusätzliche Lagen Stoff verstärkt werden. Doch bevor ich Gewicht hinzufüge, nutze ich lieber die bestehende Nahtzugabe als Verstärkung. Ich verwende nun außerdem Gurtband mit integrierten Kordel-Schlaufen als Befestigungspunkte, um die Last noch besser über die Naht zu verteilen.
    • Die Rolltop-Höhe festzulegen fand ich besonders schwierig. Eine ausreichende Länge ist notwendig, um die Wasserdichtigkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig darf sie nicht zu hoch sein, um den Zugriff nicht zu behindern, insbesondere wenn die Tasche vor der Brust getragen wird. Der Saum ist mit 15 mm Gurtband verstärkt und kann gute 3-3,5 Mal gerollt werden. Eine feine Balance zwischen schnellem Zugriff und Wasserdichtigkeit unterwegs. Damit ist die Tasche aber nicht zum Untertauchen gemacht. Für Wassersport würde ich auf einen separaten Drybag zurückgreifen.
      (schönes Bild, oder ^^)
    • Konstruktion der Polsterung: Ich klebe die Seiten der Evazote-Polsterung nicht mehr einzeln in die Außenhülle ein, sondern verbinde sie zunächst mit Kontaktkleber zu einer steiferen Box. Diese Verarbeitung ist in der Cosplay-Szene üblich und sorgt für eine extrem starke Bindung von EVA-Schaumstoffen (das Material reißt eher als die Klebenaht). Allerdings finde ich Pattex Kontaktkleber deutlich besser als die online beworbene Variante eines Cosplay-Shops. Die fertige Box verleiht der Tasche mehr Form/Steifigkeit.
    • Bei den kleinen Taschen verwende ich weiterhin 4 mm Schaumstoff. Das halte ich nach wie vor für eine solide Wahl, die der Tasche Form gibt und gleichzeitig die Kamera vor Stößen schützt. Für die größeren, breiten Taschen bin ich standardmäßig auf eine doppelte Lage, also 8 mm umgestiegen. Das treibt das Gewicht der Taschen leider in die Höhe, gibt aber ein viel solideres Gefühl, mehr Schutz und Steifigkeit, die Tasche behält gut ihre Form. Ich würde aber sehr gern mit 6 mm testen oder 4 mm plus eine Plastik-Versteifung, aber da muss ich noch gute Quellen für finden.
    • Neuer Liner für die Polsterung: Am leichtesten wär's, die Padding-Box einfach so in die Tasche zu geben. Leider bleibt da noch immer das Problem, dass Gummiteile der Kamera/Objektive an der gummiartigen Oberfläche des Schaumstoffs gern hängen bleiben. Es braucht also eine rutschigere Schicht oben drüber. Die bereits geklebte Box kann ich schwierig weiter vernähen und Tackern hat auch nicht gut funktioniert. Da ich die Box anschließend ohne Naht eh in die Außenhülle kleben möchte, greife ich hier auf DCF zurück und klebe eine kleine Innenschicht zusammen. Diese klebe ich auf die Box und klebe dann die Box mit Tape in der Außenhülle fest. (So zumindest bei den kleineren Taschen – die größeren breiten Taschen mit den internen Trennern konstruiere ich anders, aber das würde hier etwas den Rahmen sprengen :D)
    • Noch ein paar erwähnenswerte Punkte: Ich habe andere Karabiner gefunden, die nicht mehr immer im Gurtband des Schultergurts hängen bleiben. Außerdem teste ich passende Befestigungspunkte am Rucksack, die die Verwendung noch einfacher und flexibler machen. Und der Rolltop-Verschluss eignet sich ganz gut als Griff (alternativ lässt sich ein Band zwischen zwei Befestigungspunkten spannen).

    Und so sieht das ganze dann im Einsatz aus :)

    Kommen wir schließlich zum Gewicht: 
    (inklusive Karabiner)

    Kleine Tasche (Kompaktkameras wie die Sony RX100): 32 g
    Mittlere Tasche (DSLR-/spiegellose Kameras): 63 g (klein), 76 g (groß)
    Große Tasche (DSLR-/spiegellose Kameras + Objektive): 180 g (klein), 200 g (groß)

    Gerade mit dem Gewicht der mittleren Tasche bin ich sehr zufrieden. Bei der ganz kleinen würde ich gern nochmal mit echt minmalem 2 mm Padding experimentieren. Und die größte Tasche wird mit 200 g natürlich recht schwer, auch wenn sie im Vergleich zu klassischen Modellen immer noch ein Leichtgewicht ist. Dennoch werde ich mir als nächstes für meine eigenen Touren eine maßgeschneiderte Tasche mit 4 mm Polsterung nähen und bin gespannt, wieviel Gewicht ich damit sparen kann!

    Ergänzung:
    Das Gurtband mit den integrierten Schlaufen find ich echt super:

    Cord Loop Webbing - Adventurexpert
    11mm nylon webbing with interwoven 2,3mm cord. Can be used for attachment points on backpacks, bikepacking bags, etc. Distance between loops: 10-12mm Loop size…
    www.adventurexpert.com
  • Wahrscheinlich das Optimum des mit einer Kameratasche erreichbaren.

    Es gibt etwas ähnliches von HMG, allerdings mit Reisverschluss, daher nur für etwa 1500 Meilen gut. Und um diesen Reisverschluss zu bedienen, bedarf es definitiv beider Hände, wahrscheinlich ein übles Gefummel, auch wenn die Tasche seitlich an der Hüfte getragen wird, sieht zumindest sehr abenteuertriefend aus.

  • Wahrscheinlich das Optimum des mit einer Kameratasche erreichbaren.

    Ich vermute, ich bin nah dran. Zumindest bei den kleineren Taschen – ohne Funktionsverlust geht da nicht mehr viel Gewicht runter. Bei der großen möchte ich noch weiter experimentieren.

    Ein hochinteressantes Projekt, vielen Dank fürs zeigen!

    Danke und gerne! :)

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