UL-Mindset - Kopf statt Konsum

  • Nachdem in einem anderen Thread bereits der Gedanke aufgekommen ist, dass der Fokus hier im Forum eher auf der Philosophie liegen sollte, statt auf der Diskussion über Ausrüstung, wird es mal Zeit auch im Bereich Philosophie einen Beitrag zu veröffentlichen.

    Es steht außer Frage, dass - von Survivaltrips mal gesehen - für Touren immer ein Rucksack mit sinnvoll zusammengestelltem Inhalt benötig wird.
    Doch statt einfach wahllos alles zu kaufen, was mit Ultraleicht betitelt wird,
    empfiehlt es sich schon, vorher den Kopf einzuschalten und sich mit der
    Philosophie des Ultraleicht Trekking zu beschäftigen.

    Ein Beispiel: Das 3-teilige Titanbesteck. Ja, es ist aus Titan, aber warum Gabel und Messer mitnehmen, wenn der Löffel reicht. Spart Gewicht und Geld.

    Und auch ohne viel Geld ist es möglich, sich sein persönliches UL-Setup zusammenzustellen.
    Als Klassiker kann hier sicher der Dosenkocher genannt werden.

    Und egal, ob das Geld eher knapp oder im Überfluss vorhanden ist:
    Ob die Tour tatsächlich so wie geplant durchgezogen wird, entscheiden vielmehr die Füße, und zu einem großen Teil der Kopf.

    Ja, manchmal ist es sicher die bessere Option, eine Tour abzubrechen oder zu ändern. In anderen Fällen reicht es vielleicht, sich ein, zwei Sätze zu verinnerlichen, um nach einem harten Tag doch weiterzugehen.

    Und genau darum soll es hier gehen:
    Kopf statt Konsum. Können statt kaufen.

    Welche Gedanken, die sich idealerweise in kurzen Sätzen zusammenfassen lassen, begleiten euch bei euren Touren und bei der Zusammenstellung eurer Ausrüstung?
    Was motiviert euch, auch nach ein, zwei harten Tagen, weiterzugehen (ohne ernsthafte Verletzungen zu riskieren oder große Risiken einzugehen)?

    Was ist eure Philosophie?

    Gebt anderen einen Einblick in euer Mindset.
    Wenn ihr wollt.

    Einige der folgenden Sätze habe ich selbst in Büchern, Blogs, Berichten, Foren oder anderen Quellen gefunden. Sofern mir die Quellen noch bekannt sind, gebe ich sie mit an.
    Sollte jemand die Worte als seine eigenen erkennen, und nicht namentlich erwähnt sein, bitte einfach melden. Dann wird's noch geändert.

    Los geht's!

    Don´t be an idiot! Your mama ain´t watching out for you. (Ryan Jordan)

    Try something new, everytime you go out. (Mike Clelland)

    Never quit on a bad day.

    Go out to light.
    Allerdings nur unter sicheren Bedingungen, auf einer kurzen Tour oder einem Overnighter, mit der Möglichkeit, zur Not schnell wieder zuhause oder im Auto zu sein. So lernt man schnell, was dann doch zu wenig ist und was man braucht, um sicher und komfortabel draußen unterwegs zu sein.

    Eine Ausrüstung für alles, anstatt das Gear-Closet weiter zu füllen.

    Ultralight skills can simplify the rest of your life. (Mike Clelland)

    Hike your own hike.

  • Ein schönes Thema Daune . Vielen Dank! Es gibt so viel, was mir dazu gerade einfällt, aber vielleicht fange ich erstmal mit dem Thema "Angst" an. Denn das hat zumindest bei mir einen großen Einfluss auf meine Ausrüstung gehabt. :)

    Am Anfang meiner "Karriere" bin ich im Buschcraft-Stil mit Säge, großem Messer (natürlich im gesetzlichen Rahmen), riesiger Taschenlampe, Pfefferspray und einfach viel zu viel und viel zu schwerem Zeug unterwegs gewesen. Aber all das Zeug habe ich mir nur zu diesem Zweck gekauft. Ich hatte einfach Angst vor dem Unbekannten! Ich muss mich doch vor den Tieren schützen. Und was, wenn das Tarp nicht hält und ich mir einen Notunterschlupf bauen muss? Doch relativ schnell hat ein Umdenken stattgefunden. Was brauche ich wirklich und warum habe ich so viel Angst davor, dass dieses und jenes passieren könnte? Es gibt einen schönen Leitspruch beim UL, den ich an dieser Stelle gerne erwähnen möchte: "Don't pack your fears!". Die vielen schlimmen Dinge, dich ich mir ausgemahlt habe, waren nur in meinem Kopf. Und ich habe so viel Zeug dabei gehabt, um mich vermeindlich sicher zu fühlen, was ich einfach nur durch Vertrauen eintauschen musste.

    Genau das habe ich anschließend auch getan. Ich habe weitere Nächte im Wald verbracht und längere Touren gemacht. Jede davon habe ich mit weniger Ausrüstung unternommen. Mittlerweile habe ich ein kleines DCF-Beutelchen in dem ein bisschen Erste-Hilfe, mein Hygiene-Zeug und mein Poop-Kit stecken dabei. Ansonsten nur noch die Schlaf- und Regenklamotten, meine Puffy und halt die Big 4 sowie eine BeFree. Eine Unterhose, Ersatzklamotten oder einen Regenschrim spare ich mir. Und das, obwohl mir meine Kurze Hose schon mal auf dem Rückweg einer Tour im Flixbus an der Seite aufgerissen ist. Aber lässt sich ja alles nähen. ^^

    Was ich damit aussagen will ist: Man braucht nicht viel zum Überleben. Das lehrt einen aber erst die Erfahrung, die man auf den Touren macht. Bis dahin habe zumindest ich versucht, das mit mehr Gear auszugleichen. Jetzt habe ich zwar teure Ausrüstung, aber dafür nur die, die ich wirklich brauche. Und ich bin mir sicher, dass sie lange halten wird.

    Übrigens hat dieses Wissen auch einen Einfluss auf mein Privatleben: Der Fokus auf das Nötigste hat mich dazu gebracht, auch meinen Schrank auszumisten und all die vielen Sachen zu spenden, die ich eigentlich gar nicht brauche. Danach habe ich angefangen, nach und nach jedes Teil von unserem Hausstand zu hinterfragen...

    Jemandem, der neu anfängt würde ich raten: Geh einfach mit dem raus, was du hast und mach deine eigenen Erfahrungen. * Dann wirst du schnell merken, was dir fehlt und was du vielleicht gar nicht brauchst. Frage dich anschließend, welche der fehlenden Ausrüstung du vielleicht (unkonventionell) mit der Ausrüstung ausgleichen kannst, die du schon hast (Thema "Multi use"). Und wenn dann wirklich noch Dinge fehlen, dann informiere dich vor dem Kauf gut (z.B. hier im Forum ;)) und kaufe gleich ordentliche Qualität ein, damit sie auch lange hält.

    * (Bringe dich dabei aber natürlich nicht mit sowas wie einem Sommerschlafsack vom Aldi im Winter in Gefahr!)

  • Noch eine Ergänzung: Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist das eine. Aber wenn man möchte, kann man sich auch darauf einlassen, auf andere Menschen oder einfach auf die Natur zu vertrauen. Immer wenn ich nicht mehr konnte, nichts mehr zu essen oder kein Wasser hatte oder sonst irgendwas war, erlebte ich eine positive Wendung und es kam genau zur richtigen Zeit eine Quelle oder wildfremde Menschen boten mir ihre Hilfe an. Hier ein Beispiel von meiner letzten Tour auf dem GR53:

    Ich war schon tagelang unterwegs und suchte an diesem besonderen Tag vergeblich nach einer ebenen Stelle für meinen Schlafplatz. Das war leider unmöglich, da ich die letzten Stunden nur noch auf schmalen Ziehwegen lief, wo es an einer Seite steil runter und an der anderen steil hoch ging. Dazwischen überall Wildschweinspuren. Außerdem hatte ich nicht mehr genug Wasser um mir etwas zu kochen und irgendwie über die Nacht zu kommen. Denn es war tagsüber so heiß, dass ich fast alles getrunken hatte. Und auch das war schon zu wenig, das spürte ich. Also brauchte ich dringend Wasser und einen Schlafplatz. Nach 48km erreichte ich um 21:30 Uhr den nächsten Ort, in dem ich was essen und mein Wasser auffüllen wollte. Leider waren zu dem Zeitpunkt in Frankreich gerade Ferien und alles hatte zu. Nur ein Restaurant hatte noch geöffnet, jedoch war auch dort leider schon die Küche zu. Immerhin füllte die Bedienung mein Wasser auf und zeigte mir einen nahegelegenen Pizzaautomaten (die schlimmste Pizza, die ich je gegessen habe 🤢). Von einer Übernachtung auf der Burgruine hat sie mir abgeraten, weil dort alles schief und abschüssig war, was ich am nächsten Tag bestätigen konnte... Also saß ich da mit meiner Pizza aus dem Automaten und überlegte, wie ich jetzt weitermache. Irgendwie wirkte alles so ausweglos...

    Doch dann wandelte sich alles zum Positiven, denn in dem Restaurant saß ein junges Pärchen, die meine Situation mitbekommen haben. Der Mann ist mir nach kurzem Überlegen direkt hinterher gelaufen und hat mich freundlich gefragt, ob ich nicht bei ihm schlafen möchte. Einen kurzen Moment lang hatte ich Sorge, dass er mich nur ausrauben will, aber das war total unbegründet und einfach nur dumm von mir. Er und seine Frau haben sich unglaublich viel Mühe gegeben und sich um mich gekümmert. Mir wurde ein Bett und die Möglichkeit angeboten, im Garten zu zelten. Außerdem durfte ich mich dort duschen, auf die Toilette, habe noch mal Wasser und sogar ein Bier bekommen. Sie hätten mir zu der späten Stunde sogar noch was gekocht, wenn ich die Pizza nicht gegessen hätte. Als ich mein Zelt aufgebaut hatte, haben wir uns dann im Garten noch stundenlang unterhalten. Die zwei waren so lieb zu mir und erwarteten dafür keine Gegenleistung. Einfach zwei echte Trail Angels!

  • kai awww, voll die schöne geschichte!


    Meine "Inneren Wahrheiten zum UL":

    So leicht wie möglich und so schwer wie nötig!

    Der Rucksack ist so leicht wie geht, damit ich gut lang Strecke machen kann, und zugleich so voll dass ich das ganze Tag für Tag wiederholen kann. 

    -

    Das Weniger im Rucksack, ist ein Mehr an Wissen, Erfahrung und Resillienz!

    Alles was ich aussortieren kann ich durch Wissen, Improvisation und zur Not mit Zuversicht und mentalen Bewlätigungsstrategien ausgleichen. 

    -

    Hier draussen bin ich die wahrscheinlich bestmöglichste Version von mir selbst!

    On trail bin ich viel von dem was mich aus macht, was und wer ich eben bin, und das ganze sehr direkt und sehr unmittelbar. Das ist manchmal verwirrend, weil ich zu sein und mich selbst zu akzeptieren ist eh nicht so einfach... 

    -

    Der Trail verbindet!

    Wandern erinnert mich immer daran wie sehr Gemeinsamkeit auch über Differenzen hinweg verbindet. Wie sehr wir bei aller Vielfalt uns auf etwas gemeinsames verständigen können. Wie tragend das Gemeinsame sein kann, wie viel Verbindlichkeit es schaffen kann und wieviel Energie es freisetzen kann. Das ist eine wunderbare Erfahrung! Das ist wohl ein guter Zeitpunkt ein dickes Danke an Euch alle hier schonmal loszuwerden<3

    Und damit gibt mir das connected sein on trail immer auch Hoffnung das die Welt nicht komplett am Arsch ist... 

    -

    "Hashtag Hikingtherapy" (eher ein Schlagwort unter das verschiedene )

    Draußen verschafft Pause von depressiver Leere. Wandern strukturiert mich und meinen Tag, ist sinnstiftend. Die Ergebnisse des Tages sind sinnlich erfahrbar (gelaufene Kilometer, vergangene Stunden, körperliche und mentale Erschöpfung, Rückblick in der Landschaft...) - damit kann ich mich bewusst erleben, spüren und fühlen - was ich auf Grund von Depressionen eben nicht so gut kann. Wandern zeigt mir mir meine Stärken und Schwächen gleichermassen auf - vor letzteren kann ich nicht weglaufen und ersten kann ich mich nicht entziehen (obwohl kann ich auch😅). Wandern erinnert mich an meine Resilienzen. Wenig haben heisst auch weniger Überforderung. 


    Ungefähr dass sind meine Leitsätze bzw. meine inneren Wahrheiten des UL.

  • Mir fällt zum Thema einiges ein, auch wenn ich mich teilweise schwer tue, alles in Worte zu fassen... Ich versuch's trotzdem. Nicht alles davon ist wirklich spezifisch für Touren, teilweise sind's auch einfach Lebensgrundsätze, die dazu passen.

    • Mein Ziel ist es nicht, das Gepäck so leicht wie möglich zu machen, sondern in der Natur zur Ruhe zu kommen.
    • Das schwerste Gepäck, das ich je zu tragen habe, ist die Alltagsmaske. Die bleibt zu Hause. Wenn mich manche andere Menschen dann nur noch schwer ertragen können, ist das in Ordnung.
    • Ich nehme grundsätzlich nur mit, was ich wirklich brauche - eine der Situation angemessene Sicherheitsreserve ist gut, alles darüber hinaus ist Ballast.
    • Ich nehme nur Ausrüstung mit, auf die ich mich verlassen kann. Deswegen benötige ich nur wenig Reserve. Nicht erprobte Ausrüstung wird zunächst in einer sicheren Umgebung getestet, bis ich ihre tatsächlichen Grenzen kenne.
    • Wenn ich eine Tour nicht vollauf genießen könnte, ohne ein bestimmtes Gepäckstück dabei zu haben, dann ist es notwendig.
    • Strecke machen macht Spaß, aber ich bin nicht auf der Flucht. Wenn der sicherste Weg zum Ziel über einen Ruhetag führt, dann ist das in Ordnung.
    • Begegnungen mit anderen Menschen führen oft zu interessanten Gesprächen. Deswegen plane ich meine Tagesziele so, dass ich solche Gelegenheiten wahrnehmen kann. Wenn das bedeutet, dass ich meine Streckenabschnitte kürzer planen muss, ist das kein Verlust.
    • Ich bereite mich auf jede Tour so vor, dass ich mich auf meine Planung verlassen kann. Wenn ich mit anderen unterwegs bin, schließt das auch deren Kenntnisse, Training und Ausrüstung ein.
    • Auch Möglichkeiten zum vorzeitigen Ausstieg aus der vorgesehenen Route gehören zu einer belastbaren Planung. Wenn es aus Sicherheitsgründen notwendig wird, diese Optionen zu nutzen, dann ist das in Ordnung.
    • Ein Plan, der im Notfall nicht abrufbar ist, ist nutzlos. Wesentliche Elemente müssen auf mehreren, unabhängigen Wegen abrufbar und allen bekannt sein.
    • Meine Planung ist allein meine Verantwortung. Ich verlasse mich nicht auf andere, solange ich das nicht mit ihnen abgestimmt habe - auch wenn ich deshalb zusätzliche Reserven einplanen muss.
    • Wenn andere mir eine Möglichkeit anbieten, meine Planung zu vereinfachen, nehme ich das jederzeit an, auch wenn ich es nicht unbedingt brauche.
    • Ich verlasse mich auf Absprachen und bin selbst verlässlich. Sollte es zu Misskommunikation oder anderweitig unerwarteten Situationen kommen, werden die daraus resultierenden Schwierigkeiten gemeinsam und ohne Schuldzuweisung gelöst. 
  • Ich bin jemand, der viel flucht und sich schnell über nicht funktionierende Dinge aufregt.
    Gerade die Zeit im Camp birgt häufig Frustrationspotential, weil ich wegen einer Erkrankung motorisch eingeschränkt bin und eben vieles beispielsweise beim Lageraufbau ein wenig länger dauert. Wenn ich dann (oder auch auf dem Trail) drohe, mich zu sehr über etwas aufzuregen, mache ich mir einfach eine einzige, einfache Sache bewusst: egal, wie beschwerlich es gerade ist, ob dir der Regen ins Gesicht peitscht oder deine Feinmotorik versagt: So lebendig und frei wie in der Natur (bei mir speziell in Lappland) hast du dich nie gefühlt.
    Wenn ich mir nur dieser Sache gewahr werde, erscheint jegliche Herausforderung gleich deutlich kleiner und unbedeutender, jegliche Fehlkalkulation beim Gear vernachlässigbar😊

  • - "good gear let's you be present"

    Quelle: https://backpackinglight.com/podcast-59-ben…you-be-present/

    Dieser Aufsatz passt meiner Meinung nach gut zum Thema. Es geht um die Ablenkung durch Ausrüstung. Ablenken kann neben dem Gewicht z.B. auch die Anzahl, umständliche Handhabe und der Preis von Ausrüstung. Auch die Internetrecherche nach dem perfekten Gegenstand kann schonmal länger dauern als eine gute Wanderung.

  • Ich hau hier mal stumpf ein "the trail provides" in die Runde. Das hat sich bis jetzt immer bewahrheitet. Ob auf dem PCT oder im deutschen Mittelgebirge. Ob verletzt im Nirgendwo oder wenn einfach das Wasser ausgeht. Irgendwie gehts weiter oder es tun sich neue Optionen auf.
    Natürlich soll das jetzt nicht heissen: "Geht einfach los. Den Schlafsack und das Zelt werdet ihr schon finden!" 8|

  • In Italien traf ich mal auf eine Bergwanderin/Trailrunnerin, die so sinngemäß sagte, dass Deutsche erst die perfekte Ausstattung kaufen, um dann die Tour wegen Wetter nicht zu machen.

    Da hilft aber nicht nur Erfahrung, sondern auch so ein Forum, wo andere sagen: „Doch, kann man machen.“ Ohne Socken ins Bett bzw. ohne Dritthose in die Hütte. Und diese Inspiration und diese Idee, etwas anderes zu machen, das mag ich!

  • Das ist witzig - "meine Italiener" reden immer vom "tedesco di turno" - also dem gerade turnusmäßig drankommenden Deutschen - gemeint ist dass sie in den ITA Alpen immer irgendeinen D in T-Shirt und kurzen Hosen bei Mistwetter /Schnee, Eis, Regen ca. 2000m oder höher - treffen - (und der Meinung sind dass der heute dran ist, um den Mythos der "harten D" aufrecht zu erhalten, der dafür dann morgen im Bett liegt und ein anderer D dran ist...
    Wer von euch war das??? -

  • Ich würde den Gedanken vielleicht mal andersrum angehen.

    Das Schwerste, was man mit sich trägt, ist der eigene Kopf, den man sich macht.

    Das geht vielleicht schon los, wenn man meint im stark besiedelten Mitteleuropa unbedingt mit dem UL-Zelt wildcampen zu müssen, weil das halt die Amis auf den großen Trails so machen.

    Weil man meint, 50g weniger auf dem Buckel würde man tatsächlich spüren, während andernorts sportliche Übungen mit extra Gewicht am Rücken im Trend liegen.

    Kurz: man sollte es sich nicht mit den Gedanken an UL selbst zu schwer machen.

    In Italien traf ich mal auf eine Bergwanderin/Trailrunnerin, die so sinngemäß sagte, dass Deutsche erst die perfekte Ausstattung kaufen, um dann die Tour wegen Wetter nicht zu machen.

    Das ist witzig, aber auch wahr. Vielleicht ist es so witzig, weil es wahr ist. Das ist aber vermutlich nicht auf Deutsche begrenzt, sondern eher auf einen bestimmten Schlag Menschen.

    "tedesco di turno" - also dem gerade turnusmäßig drankommenden Deutschen

    Auch witzig. Vermutlich auch nicht auf Deutsche begrenzt. Es gibt doch immer so Leute, die selbst im tiefsten Winter in kurzen Hosen rumlaufen. Es kann sich allerdings auch um "Preißn" handeln, wie man in Bayern sagt. "Klapperlwanderer", also jemanden ohne Bergerfahrung aus dem Flachland, der meint in Sandalen Bergtouren machen zu können. Kommt drauf an, ob die es aus eigener Kraft wieder runter vom Berg schaffen oder die Bergwacht ausrücken muss. :)

  • Eine Ausrüstung für alles, anstatt das Gear-Closet weiter zu füllen.

    Dem war ich ursprünglich auch verschrieben, musste aber über die Zeit lernen, dass es da noch ganz anderen Perspektiven auf die Sache gibt. Letztlich ist alles an Ausrüstung Verbrauchsmaterial, wie es Christine schon vor langer Zeit konstatiert hat. Ob ich jetzt einen Schlafsack, Rucksack, you-name-it für alles habe oder pro Einsatzbereich etwas sehr spezielles, dann verzögert sich damit letztlich nur der Zeitpunkt, an dem es ersetzt werden muss. Alles hält eben nur so und so lange, nur so viele Nächte, nur so viele Kilometer. Ob ich diese Last der Abnutzung nun auf einem einzigen Gegenstand ausreite, oder sie über mehrere verteile ist letzten Endes ziemlich egal. Im Gegenteil, habe ich Ausrüstungsgegenstände, die jeweils besser angepasst sind an die jeweiligen Bedingungen, habe ich letztlich zumeist einen leichteren Rucksack und ein besseres Erlebnis ohne dass es mehr Kosten oder mehr Umweltbelastung unterm Strich erzeugt.

    Ach, und überhaupt sind die allermeisten Ausrüstungsgegenstände bei genauerer Betrachtung ziemlicher Mist und bestenfalls ein ziemlich fauler Kompromiss. Am besten sind wirklich nachwievor die Dinge, die ich gar nicht erst brauche, weil ich gelernt habe, ohne sie auszukommen. Womit wir beim Anfang der Debatte wären. Was ich nicht hab, kann mich auch nicht ärgern!

    Einmal editiert, zuletzt von PositivDenken (10. Oktober 2024 um 22:00)

  • Was ich nicht hab, kann mich auch nicht ärgern!

    Das unterschreibe ich sofort.

    Das was ich nicht mehr im pack habe, habe wo anders als mehr. Wie ich oben schon geschrieben habe. Weiter entbindet mich jeder ausrüstungsgegenstand den ich nicht dabei habe von der unmittelbaren verantwortung dafür - was nicht da ist kann nicht verloren/ kaputt gehen. Zugleich stärkt es meinen fokus aus genau das was ich dabei habe und die ressourcen die ich in mir trage. Ich muss verantwortlicher mit dem umgehen was im.pack ist und ich muss selbtbewusster, achtsamer und verantwortlicher mit meinen ressourcen umgehen (sie gleichen ja quasi den leichteren pack aus)

    UL ist für mich immer auch selbstvergewisserungsstrategie. Die den fokus auf das nötigste lenkt, die mich vor allem on trail strukturiert, halt gibt und mich orientiert. Und je weniger ich dabei hab um so mehr muss ich bei mir bleiben - ich muss und kann mich nicht in dinge flüchten. Stay focussed oder so

  • Es kann einen ärgern, dass man es nicht hat.

    Das überlege ich mir ja vorher ziemlich gut, ob ich was daheimlassen kann oder nicht. Ich musste jetzt ziemlich lange überlegen, ob ich den Fall jemals hatte, dass ich mich wirklich geärgert habe. Mir ist nichts eingefallen. Dagegen fällt mir fast auf jeder Tour was ein, das ich nicht gebraucht hätte.

    Don’t pack your fears! Oder du brauchst halt doch nen Hüftgurt. ;)


  • Eine Ausrüstung für alles, anstatt das Gear-Closet weiter zu füllen.

    Würde ich teilweise unterschreiben. UL heisst eben auch (für mich) die reduzierung auf das wesentliche.

    aber irgendwo stößt das eben auch an die grenzen. bin ich alleine oder mit freundin unterwegs? habe ich warme und trockene bedinungen oder sturm, regen und schnee? fahre ich rad oder wandere ich? Ich habe mich gestern zb lange mit einem freund über zelte unterhalten und warum mein UL bikepacking zelt (das ich derzeit noch suche :)) nicht in konkurenz steht zu einem zelt für eine reise mit meiner freundin in skandianvien. beim UL-Bikepacking Zelt will ich abends schnell aufbauen, morgens schnell abbauen und zwischendurch eigentlich nur schlafen. priorität sind gewicht und packmaß. bei der reise mit meiner freundin will ich im zelt kochen, essen und auch mal einen gemütlichen tag verbringen, wenn wir mal keine lust haben in sturm und regen aufzubrechen. Priorität sind dabei verlässlichkeit, raumangebot usw. Wenn ich für beides ein Zelt nehmen würde, würden die kompromisse schlicht zu groß und bei beidem würde der spaß leiden.

  • Ich hatte Vorbilder aus dem Brevet das Sport, heutzutage wären es dann wohl eher die Ultra Radrennen wie die Tour Divide oder Race across "Land /Kontinent und fahre gerne Rad und die großen Packtaschen haben mir nicht gefallen.

    Dazu kann man prima seinen Technik spleen ausleben, egal ob auf Rädern oder beim hiken.

    Und neue Fähigkeiten zu erlernen hilft auch beim abspecken der Ausrüstung.

    Durch das geringe Ausrüstungsgewicht machte es erst Sinn für mich mit dem trekking zu starten, vorher war es eher Camping als Wandern 🤭

    Ich mag es Strecke zu machen, dabei frei zu sein, nur ein Ziel vor Augen, mit wenigen Dingen Improvisation betreiben.

    Skills are cheap - Passion is priceless

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