Kungsleden 2023 Hemavan - Abisko

  • Im Juli 2023 war es endlich so weit - mein erster "langer" UL-Trip abseits von Mitteleuropa! Quasi fast echte Wildnis ;)

    Vier Wochen Urlaub am Stück hatte ich mir nehmen können, um auch genügend Zeit für An- und Abreise sowie Unplanbarkeiten auf dem Trail zu haben. Lange vorher studierte ich intensiv den Wanderführer von Michael Hennemann, schaute Youtube-Videos, suchte digitales Kartenmaterial und Tracks zusammen und feilte an meiner Packliste auf Lighterpack.

    Die Planung der Anreise gestaltete sich unerwartet schwierig. Eigentlich wollte ich aus ökologischen Gründen mit der Bahn anreisen, aber ich fand partout keine zumutbare Verbindung. Entweder alles schon ausgebucht oder noch nicht zu buchen. Am Ende stand ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch und habe dann eine Flugreise ab Berlin über Stockholm nach Hemavan gebucht, was völlig problemlos geklappt hat...?(

    Die Rückreise wollte ich dann spontan vor Ort per Smartphone buchen, wenn klar wurde, wann und ab wo ich dann zurück möchte.

    Hier gibt es übrigens auch meinen Versuch den ganzen Trip filmisch festzuhalten:

    Kungsleden Solo Thruhike 2023 - Hemavan bis Abisko Teil 1
    Reupload mit verbesserter Bildqualität.Trekking auf dem Kungsleden in Schwedisch Lappland von Hemavan bis Abisko im Juli 2023, ca. 410km. Link zu meiner Ausr...
    www.youtube.com

    Schließlich war es dann so weit, alles war gepackt und organisiert und es ging los!

    Tag 1

    Der grobe Plan für den Tag der Anreise sollte sein, dass ich nachmittags nach der Landung in Hemavan noch Einkaufen und die ersten ca. 12km auf dem Kungleden zum ersten Campspot laufen wollte. Allerdings überraschte mich nicht nur der BER mit sehr langen Laufwegen, sondern das wurde noch getoppt von Stockholm-Arlanda, der gefühlt eine einzige Baustelle war und ich dort ungelogen auch einige Kilometer Fußweg hatte. Entsprechend kam ich gar nicht so ausgeruht in Hemavan an, wie ich mir das so vorgestellt hatte... ||

    Der Flughafen Hemavan ist echt niedlich! Quasi nur ein Schwedenhäuschen mit einer breiten Teerstraße :) Das Gepäck wurde auf einem Anhänger an einem Quad zu uns vor die Flughafen-Hütte gezogen. Zum Glück war mein Gepäck vollständig und unbeschädigt, so dass ich zum Supermarkt starten konnte.

    Ich wollte eigentlich nur etwas Wasser und was zum Abendessen kaufen, aber es gab alles nur in recht großen Verpackungen. Etwas unzufrieden mit meiner Essenauswahl stellte ich außerdem fest, dass es dort keine Gaskartuschen gibt. Also auf zur letzten Chance auf Gas im Ort, der Fjällstation. Dort wurde ich zum Glück fündig, allerdings gab es nur noch eine 200g Gaskartusche und mehrere 450er. Schnell die 200er gesichert und auf ins Fjäll!

    Nach dem anstrengenden Reisetag war der nun folgende Anstieg viel anstrengender und langwieriger, als ich mir das im Sessel am PC so vorgestellt hatte :P. Schließlich kam ich dann doch irgendwann am geplanten Übernachtungsplatz an, stellte mein Zeltchen auf, aß noch etwas und viel dann erschöpft auf die Xlite.

    to be continued...

  • Tag 2

    Gut ausgeruht und gestärkt auf in den neuen Tag!

    Dann will ich mir jetzt also diesen Kungsleden mal richtig angucken, der ja im Internet z.T. schon als überlaufende Wanderautobahn verschrien ist. Das Wetter ist ähnlich wie gestern fantastisch sonnig und warm, blauer Himmel mit ein paar Wölkchen.

    Es geht rein in ein wunderschönes Tal Richtung Viterskalet-Hütte. Tatsächlich begegnen einem auch ein paar andere Wanderer, aber für mich selten genug, in dieser weiten Landschaft ist man schnell wieder für sich.

    In den höheren Lagen liegt noch Schnee, der langsam abschmilzt und in vielen kleinen Bächen in die Täler strömt. Mir dämmert so langsam, dass ich mit meinen 2 Litern Wasserkapazität vielleicht etwas übertrieben haben könnte. Aber ich konnte noch nicht einschätzen, ob die vielen Bäche die Ausnahme oder die Regel sein würden und so schleppte ich erstmal weiter meine 2 Liter Wasser ;)

    Puh, ist das warm... genau so ein Wetter hatte ich mir für die Tour gewünscht, aber ich werde so langsam gegrillt. Kein Schatten weit und breit. Und die Kilometer fließen auch nicht so dahin, der Weg ist gar nicht so einfach zu laufen und es kostet so seine Zeit. Irgendwann kommt aber doch die nächste Hütte in Sicht.

    Im Anflug auf die Syter-Hütte, dort möchte ich für heute Schluss machen. Die Landschaft ist echt fast berauschend schön.

    Bei der Hütte angekommen stellt sich aber heraus, dass ich dort keinen Zeltplatz mit Schatten bekommen kann. Ich merke schon den Anflug eines leichten Sonnenstiches trotz Basecap, langer Kleidung und viel trinken und so ziehe ich dann doch weiter in der Hoffnung auf einen schattigen Zeltplatz.

    Hinter der Syter-Hütte kommt langsam das Seen-Gebiet vom Tärnasjön in Sicht.

    Hier finde ich an einem Seeufer eine ebene und schattige Fläche zum Zelten. Der Boden ist aber sehr nass, zum Glück hat mein Innenzelt einen DCF-Boden. Ich werfe erstmal eine Ibu gegen die Kopfschmerzen ein, die mir die Dauer-Sonne beschert hat. Nach etwas Erholung mache ich mir noch eine Tüte RealTurmat heiß und genieße den Blick auf den See, bevor ich erschöpft auf die Isomatte falle und die Mücken aussperre.

  • Tag 3

    Der DCF-Boden hat dicht gehalten, alles trocken. Nach einem Schluck Wasser wird gepackt und los geht! Übrigens habe ich keinen Wasserfilter eingepackt, laut Reiseführer und Berichten im Netz soll das Wasser meistens trinkbar sein. Meistens. In der Region um den Tärnesjön gab es aber wohl bei einigen Wanderern gesundheitliche Probleme nach dem Trinken dieses Wassers. So habe ich noch die "Duo"-2-Komponenten-Tropfen dabei und nutze sie auch gewissenhaft.

    Auf den kommenden Abschnitt habe ich mich schon sehr gefreut, da es jetzt über viele Brücken geht. Das Wetter ist bislang auch wieder sehr nice. Leider habe ich heute kaum Fotos gemacht und meist nur gefilmt.

    Die großen Brücken sind echt beeindruckend. An einer Stelle wird gerade noch an einer Brücke gebaut, die vom Kungsleden ab geht. Dort liegt ein riesiger Träger aus Holz, auf dem ich erstmal Platz nehme und mir mein Frühstücksmüsli zubereite. Dann geht es weiter Richtung Tärnasjö-Hütte.

    Kurz vor der Hütte zieht sich der Himmel zu und es beginnt zu regnen. Als ich an der Hütte ankomme, ist diese leider geschlossen, daher mache ich mir es auf einer Holzbank unter einem kleinen Dachüberstand bequem. Keine Minute zu früh, jetzt gesellt sich noch ein Gewitter mit einem sehr kräftigen Regen dazu. Nach und nach treffen weitere schutzsuchende Wanderer ein, es wird kuschelig auf der Bank.

    Bald ist das Gewitter vorüber, die Sonne kommt raus und es wird schwül-warm. Passend zum nun anstehenden Aufstieg ins Fjäll Richtung Serve-Hütte. Im Aufstieg werde ich von Schwärmen dieser eckligen Stechfliegen angefallen und fluche vor mich hin. Zum Glück funktioniert meine lange Kleidung aus Nobite-Shirt und Hose.

    Über der Baumgrenze ist die Landschaft wieder grandios, aber der Blick muss auf den Weg geheftet bleiben, um kein Stolpern oder Umknicken zu provozieren. Irgendwann am späten Nachmittag gucke ich über die Schulter und bemerke ein weiteres Gewitter im Anmarsch. Ich gebe etwas mehr Gas, da der Weg weg aus der Richtung des Gewitters führt. Bald verlassen mich die Kräfte und ich laufe nur noch bis zu einem Flüsschen, in dessen Nähe ein paar gute Campspots sind.

    Also erstmal das Zeltaufbauen, die Klamotten rein und Wasser für das Tütenessen heiß machen. Bis das Wasser heiß wird setze ich mich auf ein Stück Bohle, das wohl vom Bau der nahen Brücke über geblieben ist. Auf einmal bin ich von einem Schwarm winziger Fliegen oder Mücken umhüllt, so dass ich auch noch Handschuhe und Kopfnetz anziehen muss. Auf Anti-Mücken-Sprays habe ich für diese Tour verzichtet, da man sich nur relativ selten waschen kann und dann das DEET & co nicht in die Gewässer gelangen sollen. Aber kurz nachdem das Wasser heiß ist fängt es sowieso zu regnen an und ich verkrümele mich mit meinem Essen ins Zelt und gehe nach dem Essen dann auch bald schlafen.

  • Tag 4

    Der Himmel ist bedeckt, es ist kühl und windig. Nach den schwül-heißen Tagen ist das eine echte Erleichterung und mein Körper signalisiert hohe Leistungsbereitschaft. Motiviert geht es nach dem Frühstück los, erstmal an der Serve-Hütte vorbei, zu der ich es gestern nicht mehr geschafft hatte. Nach ca. 4km bin ich auch schon dort, lasse die Hütte aber rechts liegen und gehe gleich weiter, es geht durch niedrig buschige Vegetation. Bald geht es rechts ab über einen Fluß, danach windet sich der Weg immer höher über die Baumgrenze und ins Fjell. Mein heutiges Ziel ist die Aigert-Stugan.

    Ich fühle mich weiter fit, dennoch bin ich auf den herausfordernden Wegen langsamer als für mich üblich und so habe ich schlecht im Gefühl, wie ich so vorankomme. Mittags möchte ich in einer kleinen Schutzhütte Vuometjakke Pause machen, um mal aus dem starken Wind heraus zu kommen. Nachdem ich mehrfach große Felsbrocken in der Ferne für die Hütte gehalten habe, stehe ich schließlich doch vor ihr und freue mich auf meinen Proviant.

    Nach der Pause geht es weiter durchs Fjäll, inzwischen hat Nieselregen eingesetzt. Nach einem weiten Bogen geht der Weg stetig weiter bergauf, es gilt noch eine Hochebene mit zwei Seen zu überqueren, bevor es dann wieder zur Aigert-Stugan runter geht. Aber das kühle Klima tut mir gut und die Höhenmeter machen mir nix aus. Es läuft. Oben angekommen nimmt die Stärke des Windes auf gefühlt Sturmstärke zu.

    Aber hier oben geht es nur langsam voran, das der Weg jetzt sehr steinig und felsig wird. Auf den Seen tanzen die sturmgepeitschten Wellen.

    Schließlich geht es wieder runter und der Wind nimmt ab, alles wird etwas entspannter.

    Man sieht die Aigert-Hütte schon von weitem, aber bis ich da bin, dauert es über eine Stunde. Egal. Die Landschaft ist mega, der Weg geht sanft bergab, die Sonne kommt raus und auf mich wartet das Abendessen.

    Bei der Hütte angekommen sichere ich mir erstmal einen schönen Zeltplatz. Dann wird der Platz ausgecheckt, wo ist das Klo? ;)

    Mein Essen bereite ich mir in der Hüttenküche zu, für mich das erste Mal, dass ich mich in so einer Hütte aufhalte. Ist eigentlich ganz nett und sympathisch. Dort komme ich mit dem Hüttenwart und einem anderen Hiker ins Gespräch, ein Spanier aus New York. Mit ihm entsteht in den nächsten Tagen meine erste Trailfreundschaft auf dem Kungsleden.

  • Tag 5

    Das schöne Wetter ist zurück, allerdings ist es nicht so schwül-heiß - sehr angenehm! Für heute ist nur eine kurze Etappe bis nach Ammarnäs geplant, ca. 8km. Dort möchte ich einkaufen und mir ein Bett im Hotel gönnen :)

    Zuerst geht es noch ca. 1,5km über das baumlose Fjäll, kurz vor dem Abstieg ins Tal hat man schon einen ersten Blick auf Ammarnäs.

    Dann geht es in den Schedischen Busch hinab, immer wieder kreuzt man schöne Fließgewässer.

    Unten angekommen führt der Trail bald auf eine Teerstraße und man rollt über eine Brücke in Ammarnäs ein. Es ist ein sehr merkwürdiges Gefühl plötzlich wieder auf solch einem glatten und harten Untergrund zu laufen...

    Zuerst checke ich die Lage aus, aber der Ort ist sehr klein und man sieht schon von weitem den Supermarkt.

    Vor dem Einkaufen möchte ich aber schauen, ob ich in dem Hotel beim Naturum noch ein Zimmerchen bekomme - ich habe Glück! Nach einiger Wartezeit an der Rezeption und der etwas verwunderten Reaktion der Rezeptionistin, dass ich nicht online im voraus gebucht habe, bekomme ich für ca. 75€ ein Zimmer mit WC und Dusche für die Nacht.

    Das Zimmer und insbesondere das Bad ist zwar schon etwas abgerockt, aber für mich ist es purer Luxus. Erstmal die Klamotten aus und ab in die Dusche! Dann die Klamotten durchgewaschen und auf dem Minibalkon zum Trocknen in die Sonne gehängt.

    Anschließend mache ich mich auf den Weg zum Resupply. Witziger Laden, hier gibt es alles Mögliche und Unmögliche, ich habe echt Mühe alles zusammen zu suchen und mich für was zu entscheiden. Ansonsten scheinen hier neben Wanderern hauptsächlich Angler und Jäger unterwegs zu sein. Nach dem Einkauf geht es mit der Beute zurück ins Hotelzimmer, wo die ersten Sachen meinem Appetit zum Opfer fallen und ich ansonsten die Beine hochlege.

    Am frühen Abend meldet sich mein Magen wieder und ich mache mich auf zum nahe gelegenen Guidecenter. Hier soll laut Reiseführer abends die Post abgehen und ein guter Imbiss sein. Und tatsächlich - die Bude ist voll mit Anglern und Jägern, aber an einem Tisch erkenne ich auch eine Reihe von Mit-Hikern, zu denen ich mich dazusetzen kann. Zwei Schwedinnen, eine Slovenin und der spanische New Yorker. Ich ordere mir einen Rentier-Burger und wir haben einen sehr schönen und geselligen Abend. Es wird aber nicht allzu spät, da alle morgen früh weiter wollen und bei dem vollen Bauch das Bett ruft.

  • Schön detaillierter Bericht mit tollen Bildern. Ein Mann mit vielen Talenten :thumbup:

    Ich bin den Kungsleden ebenfalls 2023 gegangen, 21.08. - 10.09., allerdings southbound. Fühle mich durch deinen Bericht gut abgeholt und erinnert. Den Rentierburger in Ammarnäs hatte ich auch. ^^

    Warum verlinkst du das ebenfalls tolle Video nicht im Startpost? Oder soll das erst ans Ende des Berichts? Dann gib mir kurz Bescheid, ich will hier nichts spoilern..

    Freue mich jedenfalls auf alle Fortsetzungen.

  • Schön detaillierter Bericht mit tollen Bildern. Ein Mann mit vielen Talenten :thumbup:

    Danke :)

    Ich bin den Kungsleden ebenfalls 2023 gegangen, 21.08. - 10.09., allerdings southbound. Fühle mich durch deinen Bericht gut abgeholt und erinnert. Den Rentierburger in Ammarnäs hatte ich auch. ^^

    Ah cool! Wie war bei dir so das Wetter? Und der Rentierburger war echt lecker, aber auch schweineteuer. 23 Euro wenn ich mich richtig erinnere...

    Warum verlinkst du das ebenfalls tolle Video nicht im Startpost? Oder soll das erst ans Ende des Berichts? Dann gib mir kurz Bescheid, ich will hier nichts spoilern..

    Ah, stimmt! Daran hatte ich noch gar nicht gedacht :) Füge gleich noch im Startpost den Link ein.

  • Ja, die Preise sind schon heftig. Wobei ein guter Burger hierzulande mittlerweile kaum weniger kostet.. :|

    Mein persönliches Essens-Highlight war das 3-Gänge-Dinner in der Fjällstation Saltoluokta, das habe ich mir mal gegönnt und es war jeden Euro wert :thumbup:

    Ich bin mit Premium-Wetter und drei-vier Tagen viel Sonne gestartet. Dann war ein halber Tag heftiger Regen, ab dem Abstieg vom Skierffe. Hier hab ich bis zum Boot hinter Aktse durchgezogen, weil ich noch über den See wollte, was auch geklappt hat. Aber bei dem stundenlangen Dauerregen bin ich erstmalig völlig abgesoffen... und mein Handy gleich mit mir. Das war große Klasse, weil es dann für den Rest des Trips weder Navigation, noch Uhrzeit oder Hörbuch gab. Wenn man also digital detox radikal erleben möchte, stecke man ein nicht wasserdichtes Handy in die Tasche der Regenjacke. :/

    Ein weiterer Wolkenbruch mit anhaltendem starkem Wind und Sturmböen, bei denen irgendwann meine Lippen taub wurden, zwang mich mit zwei weiteren Mitwanderinnen auf etwa 1000m nach der Aigert-Hütte völlig durchnässt in ein Emergencyshelter für die Nacht. Dies war psychisch die herausfordernste SItuation, auch weil eine von den beiden Mädels einen kleinen Nervenzusammenbruch hatte, vorher schon ständig stehenblieb, mehrfach von mir aufgefordert werden musste, sich ihre Regenhose anzuziehen und weiterzugehen, damit sie nicht auskühlt .. und in der Hütte flossen dann Tränen. Ich habe dann Feuer gemacht und das kleine Shelter wackelte die Nacht im Sturm.

    Abgesehen von diesen zwei Situationen gabe es weitestgehend Sonne-Wolken-Mix mit wenigen kurzen Schauern. Ich finde, ich hatte großes Glück mit dem Wetter.

  • Tag 6

    Den Ruhetag in Ammarnäs beende ich mit einem ausgiebigen Frühstück am Hotelbuffet.

    Bis Jäkkvik gibt es erstmal wieder keine Zivilisation, so genieße ich noch alles was geht. Aber Natur ist ja auch geil, dafür bin ich ja hier! So geht es kurz nach dem Frühstück auch los. Mein heutiges Ziel ist die Rävfalls-Stugan, eine unbewirtschaftete Hütte mit Schlafräumen, die man im voraus buchen kann. Ich möchte aber sowieso in meinem Zelt schlafen, daher muss ich mich nicht um irgendein Buchungs-Procedere kümmern.

    Ein Großteil der Häuser von Ammarnäs liegt recht weit verteilt im Grünen.

    Bald darauf knickt der Weg ab in die Botanik und es geht erstmal ein paar Hundert Höhenmeter bergauf ins Fjäll. Der Wetterbericht hat für den Nachmittag Gewitter vorher gesagt, so dass ich mir nicht zuviel Zeit lassen möchte, um später nicht zu ungünstiger Zeit auf den höchsten Stellen ohne Deckung zu sein.

    Oben angekommen geht es einige Kilometer auf einem langgezogenen Bergrücken entlang. Dort treffe ich auf ein Niederländisches Pärchen und wir laufen ein Stück zusammen und quatschen. Leider setzt langsam Regen ein und wir schlüpfen in die Regenklamotten. Ausgerechnet am höchsten Punkt des Bergrückens regnet es sehr stark, so dass wir keine Aussicht genießen können. Aber immerhin Gewittert es doch nicht, so dass keine Gefahr besteht.

    Schließlich verzieht sich der Regen und es bleibt nur ein Wolkenstreifen über dem parallel verlaufenden Tal.

    Schließlich biegt der Weg ab rechts runter ins Tal, wo dann am Fluss die Hütte liegt. Auf dem Weg runter gibt es wieder einen kräftigen Schauer, der so romantisch sein muss, dass sich das Niederländische Pärchen erstmal zum Kuscheln aufs Fjäll setzen muss.

    Ich will die beiden nicht stören und laufe weiter Richtung Sonnenschein.
    Unten im Tal angekommen scheint auch die Sonne wieder und ich treffe auf die bis dahin beeindruckendste Hängebrücke, die ganz neu gebaut wurde und über einen mächtigen Fluss zur Hütte führt.

    Von der Hütte habe ich gar kein Foto gemacht, aber etwas später trifft auch mein spanischer Wanderbuddy ein und wir breiten uns aus und trockenen die nassen Klamotten in der Sonne. Mit in der Hütte sind auch zwei ältere Schweden, die sich für ein paar Tage dort einquartiert haben, um von dort aus Tagestouren zu unternehmen. Von ihnen erfahren wir später noch viel Interessantes über die Region, Gebräuche, Sami und Historie.

    Erstmal suche ich mir aber ein Plätzchen für mein Zelt und bereite schonmal alles für die Nacht vor.

    Ansonsten wird noch viel gequatscht und gegessen, bis sich dann alle zur Nachtruhe zurückziehen.

  • Tag 7

    Nach einer ruhigen Nacht lockt der neue Tag wieder mit sonnigem klaren Wetter. Wir frühstücken noch gemeinsam in der Hütte, dann geht es weiter. Wieder steht nach wenigen Kilometern der Anstieg ins Fjäll an und ich beeile mich, damit es dann noch nicht so warm ist. Der Plan geht nicht so wirklich auf. Als ich den steilen Anstieg erreiche, ist es schon wieder sommerlich warm und der Schweiß fließt in Strömen.

    Oben angekommen kann ich in der frischen Brise wieder runterkühlen und der Blick schweift über die weite Landschaft.

    Immer wieder bin ich überrascht, wenn in einer vermeintlich übersichtlichen und flachen Ebene plötzlich Flüsse samt Brücken auftauchen.

    Zwischendurch findet man immer wieder kleine Kuriositäten, z.B. besondere Steine oder Pflanzen.

    Gegen Mittag setze ich mich einfach in die Büsche neben dem Weg und mache ein wenig Pause, esse etwas. Bisher sind mir heute noch gar keine Menschen begegnet, aber plötzlich werde ich von hinten überholt und von vorne nähern sich auch mehrere Wanderer.

    Bald mache ich mich auch wieder auf den Weg, vor mir liegt ein sanfter Abstieg in ein wunderschönes Tal mit vielen Seen und Flüssen.

    Ich kann mich kaum satt sehen und muss immer wieder stehen bleiben um zu staunen und zu fotografieren. Irgendwann bin ich dann doch unten und es geht links rum dem Tal entlang. Hier beginnt dann auch ein besonderes Schutzgebiet, in dem zum Schutz einer besonderen Gänseart das Campieren verboten ist. Also entweder jetzt den Tag beenden oder noch knapp 10 Kilometer laufen, bis das Zelten wieder erlaubt ist. Es gibt allerdings noch auf halber Strecke eine Schutzhütte bei Sjnultje, bei der man Zelten darf. Allerdings soll es dort super insektenverseucht sein, daher möchte ich dort nicht campen.

    Also kurz in den Körper hinein gehört: Wieviel geht noch? - Es geht noch! Alles klar, weiter.

    Ich trotte vor mich hin, der Weg wird wieder deutlich kräftezehrender mit vielen Steinen und Felsen sowie sumpfigen Senken. Bohlenstege Fehlanzeige. Ich setze mich für eine kurze Mentos-Pause auf einen Stein, da höre ich plötzlich Motorengeräusche. Es kommt allerdings kein Helikopter wie sonst, sondern plötzlich schießt ein sechsrädriger ATV aus einer Senke heraus und heizt in einem sehr sportlichen Tempo an mir vorbei. Ja ja, die Einheimischen... kein Zelten im Schutzgebiet, aber mit lärmenden Fahrzeugen über die felsigen Wege brettern ist okay...

    Endlich komme ich am Abzweig zur Sjnultje-Hütte vorbei. Der Weg hatte sich ganz schön gezogen und mein Energie-Level geht merklich gegen null, aber die letzten drei Kilometer aus dem Schutzgebiet raus will ich noch schaffen.

    Bald überkommt mich eine komische Schwäche und ich zweifele an meiner Entscheidung. Zum Glück kommt mir bald der richtige Gedanke, nämlich dass ich unterzuckert bin, Hungerast. Schnell pule ich noch ein Mars aus dem Rucksack, futtere es weg und danach geht es mir deutlich besser.

    Für die letzten zwei Kilometer habe ich bestimmt über eine Stunde gebraucht. Aber schließlich meint meine Karte, dass ich endlich aus dem Schutzgebiet raus bin. Die erstbeste Gelegenheit für einen Zeltplatz ergreife ich, auch wenn es direkt neben dem Weg ist. Ein Mangel an Stechviechern gibt es hier allerdings auch nicht.

    Ich schmeisse nochmal den Kocher für das Abendessen an, voll vermummt versuche ich noch etwas die Aussicht zu genießen.

    Sobald jedoch das Wasser heiß ist verkrümele ich mich ins Zelt, weg von den Mücken und Bremsen. Schnell gefuttert, dass falle ich k.o. auf die Isomatte. Mein bisher längster Tag auf dem Kungsleden, gut 30km meint mein GPS-Track.

  • Tag 8

    Heute will ich bis nach Adolfström laufen, ein Miniörtchen mit ein paar Unterkünften, Campingmöglichkeit und einem Tante-Emma-Laden-Café. Gegen 7.30 Uhr starte ich nach einem kurzen Frühstück. Spät abends sind noch so einige Wanderer an meinem Zelt vorbei gestapft, es wird ja nicht wirklich dunkel, aber ich habe mich davon nicht stören lassen und gut geschlafen.

    Es geht also weiter nach Norden, bald gilt es einen weiteren großen Fluß mittels einer verrosteten und schief hängenden Brücke zu queren. Sie hält zum Glück, UL sei Dank! ;) Irgendwann knickt der Weg Richtung Nord-Ost ab Richtung Bäverholmen, eine Minisiedlung mit 2-3 Häusern an einem Fluss, wo sich auch ein Restaurant befinden soll. Die Aussicht auf ein "richtiges" Essen spornt mit an, inzwischen hat auch wieder Regen eingesetzt. Das Wetter trägt auch dazu bei, dass ich kaum fotografiere oder filme, so gibt es leider von diesem Tag fast keine Fotos.

    Es geht nochmal an einer kleinen Schutzhütte vorbei über einen Fluss, am Fluss entlang, nochmal über einen Fluss und schließlich tauchen die ersten Hütten von Bäverholmen auf. Komplett durchnässt mache ich das "Värdshus" aus und freue mich, ein paar Wanderer auf der Veranda zu sehen. Beim näher kommen macht sich allerdings Enttäuschung breit, das Restaurant ist zu und die Wanderer haben sich nur kurz untergestellt, um dem Regen zu entkommen. Frustriert entledige ich mich auch erstmal meiner nassen Klamotten und esse ein paar Süßigkeiten. Dann kommt auch schon der Spanier G. an, er hat mich nach meinem langen Tag gestern mit einem frühen Start um 6 Uhr eingeholt. Ich, G. und ein schwedisches Geschwister-Paar halten eine Krisensitzung ab. Die Mehrheit ist durch den Regen schon ziemlich ausgekühlt und mag aber auch nicht wieder auf den Trail. Die Schwedin erzählt, dass es von hier auch ein Bootsshuttle nach Adolfström gibt, den sie kurzerhand anruft. G. und ich schließen uns an und nach ca. 45 Minuten frieren kommt ein Boot angesaust und fährt uns nach Adofström.

    Die etwa 6km lange Bootsfahrt ist bei dem nass-kalten Wetter nochmal eine echte Herausforderung, der zusätzliche Fahrtwind kühlt uns nochmal so richtig aus.

    In Adolfstörm irren wir erstmal etwas herum auf der Suche nach dem sagen umwobenen Café, in dem wir die Bootspaasage auch bezahlen müssen. Dort ist es immerhin schön warm und trocken und es gibt viele Leckereien zu kaufen. Wir wollen aber erstmal die Übernachtung klar machen, wollen eigentlich zelten, finden aber den auf der Karte eingezeichneten Campingplatz nicht. Die durchgefrorenen Knochen wollen auch nicht weiter laufen und so mieten wir uns kurzerhand ein kleines Ferienhäuschen, über das wir auf der Suche nach dem Zeltplatz stolpern. Zu zweit sind die Kosten erträglich, jeder bekommt ein Zimmer mit zwei Betten. :)

    Dann wird im Trockenen das nasse Gerümpel ausgebreitet und ausgiebig die heiße Dusche genutzt. Anschließend eilen wir durch den Regen zurück in den Café-Laden, wo wir uns was Leckeres und Heißes gönnen.

    Anschließen nehmen wir uns noch Zutaten für ein Abendessen mit und freuen uns in der Hütte bei heißem Tee und heißem Essen über das Prasseln des Regens auf dem Dach der Ferienhütte.

  • Tag 9

    Das primäre Ziel für heute ist der ICA Supermarkt in Jäkkvik. Die Vorräte vollmachen für die anschließende Strecke bis Kvikkjokk. Das Wetter scheint wechselhaft, aber nach dem Frühstück können wir immerhin ohne Regen starten.

    Aus Adolfström raus führt eine geschotterte Forststraße, wie sie aus deutschen Mittelgebirgen stammten könnte. Aber das bleibt nicht lange so, bald laufen wir wieder über die üblichen kleinen felsigen, wurzeligen und matschigen Pfade. Natürlich geht es auch bald wieder bergauf in Richtung Fjäll. Zwischendurch regnet es immer mal wieder, aber nichts wildes.

    Nach ein paar Kilometern steht die Durchquerung des Pieljekaise Nationalpark an. Dort soll es alle großen Säugetiere des hohen Norden geben: Bär, Wolf, Elch, Vielfraß usw. Landschaftlich ändert sich allerdings nicht wirklich was.

    Es wird langsam Mittag und der Hunger meldet sich. Irgendwo hier im Pieljekaise soll noch eine Schutzhütte sein, die sich für eine Mittagspause anbieten sollte. Allerdings hängt mir eine dunkle Wetterfront im Nacken und ich kämpfe mich mit steigender Nervosität voran. Die ersten richtig dicken Tropfen fallen, da taucht endlich die Hütte aus dem Busch auf.

    Kaum bin ich in der Hütten drin, geht draußen die Welt unter. Ein super heftiger Regen prasselt und ein heranziehendes Gewitter kündigt sich mit Blitz und Donner an. Glück gehabt! Und nicht nur das - in der Hütte ist schon ein Pärchen, das wohl schon eine ganze Weile den Ofen geheizt hat. Entsprechend ist es mollig warm in der Hütte und ich hänge erstmal meine feuchten Sachen zum Trocknen auf. Dann mache ich es mir an einem der Tische gemütlich und esse etwas.

    Ein paar Minuten später kommt G. in die Hütte, komplett durchnässt. Auch er freut sich, dass der Ofen für wohlige Wärme sorgt und hängt überall seine durchnässten Klamotten auf. Kurz darauf trudelt auch das niederländische Pärchen ein, das ich zuletzt vor der Rävfallsstugan gesehen hatte.

    Draußen geht weiter die Welt unter und so nutze ich auch die Zeit für ein kurzes Nickerchen auf einer der Bänke. Schließlich hört der Regen wieder auf und alles machen sich wieder startklar. Im schönsten Sonnenschein geht es wieder auf den Trail. Nach kurzer Zeit ist da allerdings kein Trail mehr, sondern nur noch ein Bach. Irgendwo muss der viele Regen hin und er nimmt den gleichen Weg wie wir. Bis Jäkkvik stampfen wir immer wieder auch für längere Abschnitte durch Wasser.

    Aber schließlich sind wir nach ca. 22km in Jäkkvik, nach dem Erlebten ist die Freude groß.

    Blick auf Jäkkviks Seeseite:

    Im Ort trennen sich erstmal unsere Wege. Ich möchte direkt zum ICA und dann noch ca. 4km zum Bootsanleger, G. möchte erstmal in der Kyrkans Fjällgård einchecken und dort übernachten. Ich spute mich, da am Himmel schon die nächste dunkle Wolkenfront aufzieht.

    Der große ICA ist ziemlich neu, davor ein riesen Parkplatz. Gegenüber dem Miniörtchen Jäkkvik wirkt der große Supermarkt irgendwie überdimensioniert. Ich schnappe mir einen Einkaufswagen und bummele bestimmt 30 Minuten rum, bis ich alles zusammen habe. Zwischendurch taucht auch G. wieder auf und kauft ein paar Snacks für abends. Inzwischen ist mir auch klar, für wen eigentlich dieser große ICA gebaut wurde: Die Norweger! Nah an der Grenze zu Norwegen wird der ICA für billiges Shopping genutzt.

    Mir ist es recht und ich packe vor dem Supermarkt auf einer Bank meine ganzen Vorräte in den Rucksack und futtere ein paar frische Sachen wie z.B. eine Banane. Dann mache ich mich wieder auf den Weg in der Hoffnung am Bootsanleger einen Zeltplatz zu finden. Morgen wartet nämlich die erste Ruderpassage, zu der ich mich mit G. verabredet habe.

    Die vermeintlich wenigen Kilometer ziehen sich dann schrecklich. Die Beine sind schon müde und der viele Regen hat viele Wegabschnitte überschwemmt und beinahe unpassierbar gemacht. Mit einem Hörbuch auf den Ohren gehts aber doch irgendwie und nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich endlich den Bootsanleger.

    Immerhin ist das Wetter gnädigt und die Sonne scheint wieder, zaubert eine schöne Abendstimmung. Einen Zeltplatz zu finden gestaltet sich bei dem Gelände aber sehr schwierig, schließlich quetsche ich mich auf einen kleinen halbwegs ebenen Fleck.

    Ich bereite mir noch mein Abendessen zu und genieße die Aussicht, bevor ich erschöpft auf die Isomatte falle...

  • Tag 10

    Ich lasse mir Zeit mit dem Frühstück, denn Wanderkollege G. wird wohl erst gegen 9.30 Uhr am Bootsanleger ankommen. So bleibe ich auch noch länger im warmen Daunenquilt liegen und kann noch ganz in Ruhe der Morgentiolette nachgehen.

    Das Wetter ist wieder gnädiger und die Sonne scheint.

    Gegen 9 Uhr packe ich langsam zusammen und warte am Bootsanleger auf G. Erste Herausforderung heute wird die ca. 400m lange Ruderstrecke sein, anschließend geht es weiter Richtung Vuonatjviken, einem Sami-Dörfchen. Kurz vor halb zehn höre ich stimmen, eine Dreiergruppe kommt angestürmt, schnappt sich eines der Boote und rudert los. Bleibt noch ein Boot für mich und G., bedeutet aber auch, dass wir dreimal rudern müssen, um wieder ein Boot an dieses Ufer zu bringen. Naja...

    Kurz nach 10 Uhr kommt dann auch endlich G. an und wir bereiten unsere Überfahrt vor. Leider ist ein Ruderlager kaputt und ich versuche es notdürftig mit etwas Draht und Schnur zu fixieren.

    Dann geht es los! Die erste Strecke übernimmt G., auf dem Rückweg bin ich an der Reihe.

    Alles klappt ganz gut, ein zweites Boot konnten wir ans andere Ufer schleppen, aber zurück am Ziel haben wir Mühe beim anlanden und zuerst lande ich mit einem Fuß im Wasser, dann auch G. sogar knietief. Mit meinen Trailrunnern kein großes Problem, aber G.`s Lederwanderstiefel wird wohl noch für längere Zeit klitschnass bleiben.

    Egal, los geht es! Die Ruderei hat viel Zeit in Anspruch genommen und es ist gefühlt schon Mittag. Erst geht es einige Zeit über schmale matschige Pfade durch Wald und an Seen vorbei.

    Dann geht es wieder hoch ins baumlose Fjäll. Oben möchte G. in der Sonne erstmal seinen Stiefel etwas trocknen und Pause machen. Ich gehe noch weiter in der Hoffnung auf einen etwas windgeschützteren Pausenplatz, weil hier oben pfeift es mächtig. Nach 1-2 Kilometern mache ich dann einfach Pause in einer kleinen Senke und esse etwas.

    Gerade als ich es mir dann noch etwas auf der Isomatte gemütlich gemacht hatte, schreckt mich der Blick über die Schulter wieder auf, da eine dunkle Wolkenfront heranzieht. Schnell packe ich zusammen und mache mich auf zum Abstieg vom Fjäll wieder runter an den nächsten Bootsanleger, da ist G. auch schon wieder in Sicht. Es geht relativ steil runter in den Wald und schließlich kommen wir an einem Seeufer in Riebnes an, wo vereinzelt ein paar Ferienhäuschen rumstehen.

    Überall verstreut hängen diverse Gruppen von Wanderern ab, die auf die Fähre rüber nach Vuonatjviken warten. Aus dem einen oder anderen Smalltalk können wir entnehmen, dass die Fähre um 18 Uhr fährt. Also gut 1,5 Stunden warten, denn eine Alternative gibt es für die ca. 8km Bootsfahrt nicht.

    Ein wenig mache ich mir Sorgen, ob wir alle (geschätzt 25 Leute) mit dem Motorboot rüber kommen oder ob manche auf morgen warten müssen. Nach viel Rumgesitze laufe ich noch etwas am Seeufer herum, um mir die Zeit zu vertreiben.

    Endlich taucht in der Ferne ein Boot auf und legt am Strand an. Auf den ersten Blick zu klein für die vielen Leute, aber es hat so halb unter Deck einen kleinen Raum, in den erstaunlich viele Menschen reinpassen. So kommen tatsächlich alle in einem Rutsch mit rüber.

    Nach einer rasanten Fahrt legen wir schließlich in Vuonatjviken an und machen uns auf den Weg ins Dorf zum "Büro" zum Bezahlen der Überfahrt. Dort kann man auch ein paar Snacks kaufen, eine Ferienhütte mieten oder auf einer Zeltwiese eine Übernachtung buchen.

    Mich hat das lange Warten müde und träge gemacht, so dass ich beschließe die Nacht hier auf der Zeltwiese zu verbingen. Ein paar der neuen Bekanntschaften beschließt das Ferienhaus zu mieten und so trifft sich dort eine bunte Truppe zum Quatschen und Kochen.

    Es wird ein sehr kurzweiliger und geselliger Abend, doch plötzlich ist Hiker midnight und mich zieht es ins Zelt in den warmen Quilt. Leider geht mein Wunsch nach einer baldigen Nachtruhe nicht auf, denn jetzt kommt erst so richtig Leben ins Sami-Dorf. Es wird laut Musik aufgedreht, gesungen und gesoffen. Irgendwann krame ich entnervt meine Oropax raus, damit kann ich einschlafen. Gegen 2 Uhr morgens muss ich nochmal auf Toilette und es wird immer noch gefeiert. Jemand anderes geht mit Angelausrüstung zu einem Boot und braust auf den See davon - sehr merkwürdig, diese sonnigen Nächte...

  • Tag 11

    Der Plan war eigentlich vor 6 Uhr aufzustehen und zusammen mit den anderen Hikern früh auf den Trail zu starten. Naja, es kommt ja immer anders als geplant... Durch mein Oropax hörte ich nämlich meinen Wecker nicht und schlafe etwa eine Stunde länger. Als ich dann den Kopf aus dem Zelt rausstrecke, sind die anderen schon weg. Also frühstücken, abbauen und hinterher.

    Es dauert etwas, bis ich den Ausgang aus Vuonatjviken und den Kungsleden wieder finde. Zunächst geht es durch Grün, Modder und Gestrüpp in Richtung des ersten Highlight des Tages - der Polarkreis. Langsam aber stetig geht es wieder höher und der Wald wird lichter. Und plötzlich ist es soweit. Ein unscheinbares Holzschild markiert diesen besonderen Punkt.

    Die einsame Feier fällt kurz und bescheiden aus und ich mache mich weiter auf den Weg. Nach dem kurzen Tag gestern will ich heute noch oderntlich Kilometer machen. Kurz hinter dem Polarkreis quert der Weg einen kleinen Fluss und ich fülle meinen kleinen Trinkwasservorrat auf, der inzwischen nur noch aus einer 0,5 l Flasche besteht. Vor mir liegt der Anstieg ins Fjäll und es beginnt wieder leichter Regen.

    Oben erwartet mich nach einigen Kilometern das zweite Highlight des Tages: Rentiere! Bisher hatte sich nicht eines der Tiere blicken lassen, nun erspähe ich die ersten Tiere in der Ferne. Es stellt sich als kleine Gruppe heraus, die in Richtung des Trails zieht. Wir kommen uns immer näher und ich nehme etwas Tempo raus, um etwas Abstand zu wahren.

    Fasziniert bleibe ich eine ganze Weile stehen und mache ganz viele Fotos. Dies sollte dann leider meine einzige Begegnung mit diesen Fjällbewohnern bleiben.

    Weiter geht es und schließlich knickt der Weg wieder rechts runter vom Fjäll in Richtung eines weiteren Seengebietes ab.

    Am Wegesrand eine alte, etwas andere Schutzhütte, in der auch ein paar Leute rasten. Ich will nicht stören und laufe dran vorbei.

    Landschaftlich jetzt wieder sehr abwechselungsreich mit Bächen, Seen, Felsen und Büschen.

    Dann geht es weiter runter zu den größeren Seen.

    So langsam ist auch mein Akku leer, etwa 27km stehen schon auf dem Tacho, aber ich muss mindestens noch 3km in der Nähe des Seeufers entlang zum nächsten Campspot. Der Weg macht es mir nicht einfach, recht zugewachsen durchs Gestrüpp und wieder viele matschige Stellen.

    Endlich finde ich direkt an einem Fluss, der abenteuerlich durch einen gewundenen Felskanal rauscht, einen Campspot. Froh baue ich mein Zelt auf und habe Mühe, meine Beine nochmal zum Wasserholen zu motivieren. Schließlich ist auch das geschafft, das Essen fertig, der Magen gefüllt und ich falle erschöpft auf die Xlite. Der Fluss singt das Gute-Nacht-Lied.

  • Tag 12

    Gut erholt esse ich mein Frühstück und baue das Zelt ab. Heute soll es bis in die Nähe des Bootsanlegers nach Kvikkjokk gehen, von dem dann morgen um 10 Uhr das Boot rüber fährt.

    Also geht es erstmal weiter durch den lappländischen Wald, vorbei an einem See, an dem auch ein weiterer Campspot gewesen wäre.

    Stellenweise ist der Weg durch kleine Büsche und Bäume zugewuchert, was das Vorankommen leicht erschwert.

    Nach einem Rentier-Gatter geht es noch eine Weile weiter durch den Wald, bis der Weg immer mehr Richtung Fjäll ansteigt. Parallel zu einem Fluss geht es bergauf.

    Puh, da kommt der Motor wieder gut auf Touren, aber es ist nur kurz etwas steiler und oben belohnt der Ausblick zurück über die weitläufige Seenlandschaft, die ich gestern durchquert habe.

    Hier treffe ich wieder auf das schwedische Geschwister-Paar aus Bäverholmen, aber wir schnacken nur kurz, da die beiden erstmal abseits vom Trail einen Kaffee mit Aussicht zubereiten wollen. Mir fehlt dafür das Wasser, für den Aufstieg habe ich mir nur einen kleinen Schluck mitgenommen. Also weiter die letzten Meter hoch.

    An der Bergflanke entlang geht es weiter über das Fjäll. Mein letzter Schluck Wasser ist getrunken, aber der große Durst noch da. Nur gibt es hier nicht wie sonst überall kleine Bäche. Durstig geht es weiter und ich schiele gierig zum Restschnee auf dem Berggipfel. Immerhin verziehen sich die dunklen Wolken und die Sonne kommt raus.

    Irgendwann höre ich von vorne ein Rauschen. Ich laufe schneller - Wasser! Endlich ein kleiner Fluss in Sicht, schnell die Flasche eingetaucht und getrunken. Was für eine Wohltat! Ich nutze den schönen Ort und das schöne Wetter erstmal für eine kleine Mittagspause.

    Ausgeruht und frisch gestärkt geht es weiter, es geht wieder bergab. Nach ein paar Kilometern stoße ich auf eine große Hängebrücke, die über einen großen Fluss namens Tsielejåkka führt. Dort gibt es auch eine gleichnamige Schutzhütte (Tsielejåkkastuga) und am anderen Ufer auch möglichkeiten zum Zelten. Ein paar Körner habe ich aber noch im Tank und möchte heute noch näher an den Bootsanleger kommen, um morgen nicht allzu früh aufstehen zu müssen.

    Hinter der Brücke geht es erstmal wieder höher ins Fjäll, um dann nach ein paar Kilometern wieder in lichten Wald einzutauchen.

    Bei mir stellt sich wieder die Erschöpfung ein und die letzen wenigen Kilometer ziehen sich eine gefühlte Ewigkeit. Irgendwann finde ich endlich den im Wanderführer versprochenen Campspot und ich suche eine gute Stelle für mein Zelt. Das ist gar nicht so einfach, die kleine Lichtung ist eng, steinig und durch die Nähe zu einem See ist der Boden sehr feucht.

    Schließlich habe ich das Zelt ganz gut plaziert, da kommt ein ebenfalls erschöpfter G. um die Ecke getaumelt und freut sich, dass auch er es für heute geschafft hat. So trifft man sich wieder!

    G. muss sich jetzt jedoch mit einem weniger guten Stellplatz zufrieden geben. Egal, es ist, wie es ist. Wir kochen dann unser Abendessen und schnacken noch eine Weile, genießen den Ausblick auf den See und verabreden und für morgen früh, um gemeinsam zum Boot nach Kvikkjokk zu gehen.

  • Tag 13

    Wanderkollege G. ist schon früh aktiv und so quäle ich mich auch aus der warmen Daunenwolke. Frühstücken, packen, Zelt abbauen und los geht es Richtung Bootsanleger. Da wir nicht einschätzen konnten, was für eine Wege-Qualität uns erwartet, sind wir mit viel zeitlichem Puffer gestartet, um sicher das 10 Uhr Boot zu kriegen.

    Durch Lappländischen Wald geht es immer weiter runter hinab zum tiefsten Punkt des Kungsleden. Am Wegesrand steht ein Schild zu den verschiedenen Boot-Transfer-Möglichkeiten und wir melden uns telefonisch schon mal an.

    Gegen kurz nach 9 Uhr sind wir dann auch schon an einer kleinen Schutzhütte, in der man auf das Boot warten kann. G. nutzt gleich das Angebot für die Pause und geht in die Hütte, ich mache erstmal einen kleinen Abstecher zum Bootssteg, der erst nach 100m sehr matschigem Pfad in Sicht kommt.

    Zurück an der Hütte ist noch win weiterer Wanderer aufgetaucht, mit verdächtig kleinem Rucksack im Trailrunning/Fastpacking-Style. Ein junger Schwede, Mitte/Ende 20 würde ich schätzen. Wir machen es uns in der Hütte gemütlich und schnacken über alles mögliche, bis es Zeit wird wieder zum Bootssteg zu gehen. Das Boot kommt auch sehr pünktlich und wir verlanden die Rucksäcke und rüsten uns mit Schwimmwesten aus.

    Zunächst geht es sehr langsam durch die Bucht, das Wasser in sehr flach, nicht mal Hüft-tief schätze ich. Dann geht es durch einen natürlichen grünen Kanal auf den größeren und tiefen Fluss mit Vollgas Richtung Kvikkjokk. Der sehr freundliche Kapitän mach noch einen kleinen Abstecher zu einer weiteren Flussmündung, aus der milchig-blaues Gletscherwasser strömt, wie er uns erklärt.

    In Kvikkjokk angekommen bezahlen wir die Überfahrt und machen uns auf den Weg zur Fjällstation. Ein Gebäudekomplex in typischen Schwedenrot neben einem reißenden Fluss. Doch für die Schönheit der Natur habe ich erstmal keinen Blick, sondern möchte dringend erstmal Duschen und was "Richtiges" essen. Die Rezeption ist schnell gefunden und ich bekomme den Schlüssel zu den Duschen. G. checkt für eine Nacht ein, er möchte mal wieder in einem Bett schlafen. Der junge Schwede möchte wie ich später weiter laufen, allerdings nicht auf dem Kungsleden sondern einem anderen Weg. Wir breiten uns erstmal im Gemeinschaftsraum an einem Tisch aus, hängen die Elektronik an die Ladegeräte und ich verschwinde in die Dusche. Was soll ich sagen - eine Wohltat!

    Anschließend wasche ich noch meine Wäsche und bin überrascht, dass sie quasi trocken aus der Maschine kommt. Anscheinend ist da ein Trockner mit eingebaut. Richtig gut! Schön sauber gehe ich dann auf Shoppingtour im Minishop der Fjällstation. Leider ist das Angebot recht enttäuschend. Es gibt zwar eine gute Auswahl an Tüten-Trekking-Trockenfutter und Snacks, aber ich finde nix zum Frühstücken. Kein Müsli, kein Porridge, kein Brot oder Aufstrich... am Ende nehme ich einen Stapel Flapjack-Haferflockenriegel.

    Dann ist es endlich Mittag und die Küche der Fjällstation macht auf. Wir bestellen und alle den gemischten Salat:

    Frisches echtes Essen, ein echter Genuss!

    Schließlich hocke ich mich noch in eine Ecke und nutze den Mobilfunkempfang, um meine Rückreise zu buchen. Inzwischen kann ich ganz gut abschätzen, wie lange ich noch für den weiteren Weg benötige. Von Abisko finde ich eine Nachtzugverbindung nach Stockholm, dann weiter mit dem Flieger nach Berlin.

    Danach sammle ich wieder meine Sachen zusammen und der Rucksack wird gepackt. Vor der Fjällstation hängt eine Waage und der junge Schwede präsentiert stolz sein Rucksackgewicht ohne Essen und Wasser von ca. 7kg. Die Herausforderung nehme ich an und hänge meinen Rucki dran - 5kg. Da ist das Staunen groß bei dem Schweden und er fragt, ob ich auch mit Zelt, Isomatte und co. unterwegs bin... :D

    Der Abschied fällt schwer, aber am Ende geht jeder seines Weges. Ich möchte noch ca. 15km bis zur Partestugan weiter laufen und mache mich auf. Zunächst geht es auf einem gut zu laufenden Weg an einem großen Parkplatz vorbei, weiter durch den Wald, über einen Fluss. Doch dann wird der Weg kontinuierlich schlechter, bis ich nur noch fluche. Vielleicht liegt es daran, dass ich doch schon etwas müde bin, aber es geht nur noch im Schneckentempo über die felsige, wurzelige, matschige Schneise im Wald, die hier den Kungsleden darstellt. Hier ein Bild von einem Abschnitt mit besserer Qualität ohne Wurzeln und Matschgruben:

    Manchmal gibt es auch kleine Blech-Bäume zu bestaunen ;)

    Ich schleppe mich so weiter vorwärts, bis ich an einem Seeufer von einem Vater mit seinem Sohn angesprochen werde. Die beiden haben auch das sehr langsame Vorankommen auf diesem Abschnitt unterschätzt und schaffen es nicht mehr bis zur Partestugan, wo sie zwei Betten reserviert haben. Ich verspreche dort Bescheid zu sagen, dass sie in der Hütte nicht mehr mit den beiden rechnen müssen und die Betten anderweitig vergeben können.

    Ich schleppe mich weiter und weiter, nochmal über einen beeindruckenden Fluss, dann weiter durchs Grün. Irgendwann kommt tatsächlich das Schild zur Partestugan, endlich! Leider fängt es auch an zu regnen, doch ich suche erst den Hüttenwart, der sich als nette junge Frau herausstellt. Ich gebe ihr Bescheid zu den beiden Wanderern, die heute nicht mehr kommen. Dann suche ich mir einen Platz für mein Zelt, schlüpfe gleich rein, esse etwas und lege mich erschöpft hin.

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