Eggeweg 2022 oder warum du ihn vielleicht doch gehen solltest

  • Der Egge Weg. Als Verlängerung des Hermannsweg verläuft er über ca 75km durch das Egge Gebirge. Beide zusammen bilden den Weg "Hermannshöhen". Der E1 folgt dem Eggeweg ebenfalls. Der Weg beginnt an den Externsteinen in Holzhausen und endet in Marsberg. In einer Zeitschrift des Egge Gebirgsvereins las ich, dass es der erste Weg war, der das Siegel "Wanderbares Deutschland" bekommen hat. Das muss lange her sein. Ich weiss nicht was die Kriterien dafür sind, aber heutzutage müsste er das Siegel "Wanderbare Postapokalypse" bekommen. Zumindest nach dem ersten Eindruck.

    Wir alle kennen das Spiel. Fichtenmonokultur soweit das Auge reicht. Dann kommt der Borkenkäfer und veranstaltet seine Orgien und lässt es sich gut gehen. Irgendwann kommt ein Sturm vorbei und knickt alles um. Logischerweise rasseln dann die Harvester vom Forstamt durch die Landschaft und machen alles platt.
    Ich denke auch, dass die meisten hier diese Anblicke auch kennen und mir waren sie ja auch nicht fremd, aber so krass wie auf den 75km habe ich es noch nicht erlebt und gespürt. Man geht halt auch die meiste Zeit auf dem Kamm und somit hat man einen weiten Blick auf die Verwüstung. Dank der anhaltenden Trockenheit ist alles braun und staubig. Die noch einzeln in der Landschaft rumstehenden Lärchen wirken traurig und verlassen. Die Bäume die um sie rum waren und ihnen Schatten gespendet haben sind nicht mehr da. Auf den Wegen sammeln sich tote Spitzmäuse und Maulwürfe.

    Auf der anderen Seite hat man den regionalen Wanderverein, der mit allen Kräften versucht die Gegend attraktiv zu halten. Hut ab. Super gepflegte und top ausgeschilderte Wege. Richtig gute Hütten und viele Informationstafeln zur aktuellen Lage und der Region.
    Die Gastronomie ist herzlich und kennt sich mit Wanderern*innen bestens aus. Genau wie die Anwohner*innen. In einem Ort mussten wir nach Wasser fragen und bevor wir die Tür erreichten kam schon eine Frau und meinte "Ich hab euch schon gehört. Gebt her die Flaschen."
    In Blankenrode steht die Eggetränke. Zwei Kühlschränke voll mit Getränken und Snacks, eine Ladestation und Sitzecke. Bezahlt werden kann auch per Paypal.

    Das ist schon alles beeindruckend. Im Guten wie im Schlechten. Und vielleicht ist das genau der Grund warum man den Weg gehen sollte, weil er schon fast extrem ist. Und die meisten hier werden den Weg in zwei Tagen gehen können. Deshalb kommen wir nun zur Logistik und dem Erlebten.

    Ich bin den Weg mit meinem alten Herren gegangen. Da ich ihn nicht zum Zelten überreden konnte haben wir die beiden Nächte in Gasthäusern verbracht. Die erste Nacht in Bad Driburg im "Braunen Hirsch". Top Küche, super gute Zimmer und sehr nett. Der Laden brummt, obwohl die Stadt an sich eher völlig runtergekommen ist. Die zweite Nacht haben wir in Hardehausen im Haus Varlemann verbracht. Die hatten eigentlich Ruhetag, aber haben uns trotzdem aufgenommen. Auch Essen war kein Problem. Kurz nach unserer Ankunft musste mein Vater leider wegen einem Notfall zu Hause abreisen. Als ich nach einem Taxi zum nächsten Bahnhof gefragt habe (kein Empfang oder funktionierendes Wlan) meinte der Wirt er würde ihn hinfahren. Ich entschloss mich zu bleiben und am nächsten Tag die restlichen 20km bis Marsberg zu Ende zu laufen. Als ich nach dem Frühstück zahlen wollte meinte der Wirt trocken "69 Euro". Äh ja, Übernachtung, Abendessen, Frühstück, zwei Cola, zwei große Pilsetten und Taxi zum Bahnhof. Das alles am Ruhetag. 20 Euro Trinkgeld auf meinen Nacken.
    Wie ist der Weg an sich? Er startet spektakulär an den Externsteinen und verläuft dann meist oben auf dem Kamm. Es gibt schon einige Km Singletrail, aber auch natürlich viel Schotterpiste. Die letzten 14km ist es auch gerne mal Asphalt. Da es ein historischer Weg ist bringt es das wohl mit sich. Auf der anderen Seite wird man auch nicht unnötig durch jede Ortschaft an jedem Gasthof vorbeigeschleust, wie es die Top Trails es ja gerne machen (müssen).
    Den Weg kann man auch locker mit Zelt oder Biwaksack gehen. Besonders die Asselner Hütte zwischen Hebram Wald und Willebadessen liegt perfekt ab vom Schuss. Auch keine Ballerbutze in der Nähe. Aber auch sonst habe ich viele gute Stellen gesichtet. Auffallend war auch wie wenig Müll rumliegt. Ich habe lediglich zwei Hundekackbeutel voll bekommen. Vielleicht liegst auch daran, dass nicht mehr viele Leute unterwegs sind oder die Rodungsmaschinen ihn in den Boden eingearbeitet haben.
    Verpflegung sollte man mitnehmen. Einkaufsmöglichkeiten gibt's meist nur weit ab vom Weg. Genug Wasser mitnehmen. Es gibt keine Quellen und keine Brunnen. Die Menschen in den Ortschaften sind aber sehr hilfsbereit. Wie oben schon erwähnt gibt's in Blankenrode die Eggetränke. Oberhalb von Hardehausen gibt es einen Truckerpuff. Wir haben davon abgesehen dort nach Wasser zu fragen.

    In diesem Sinne "Happy sad trails"

  • Jo, so habe ich ihn auch erlebt, im Winter vor ein paar Jahren und deutlich zerfahren von den Erntemaschinen. Postapokalyptisch irgendwie und trotzdem denke ich oft an die Tour. Etwas ab vom Weg war auch eine katholische Bildungsstätte mit schicker neuer Kapelle, bequemen Sofas und der Möglichkeit, Kaffee zu kaufen und Handy zu laden.

  • Ich bin in der Nähe von Blankenrode aufgewachsen. Es ist schon ziemlich krass, was der Borkenkäfer und damals der Sturm angerichtet haben. Früher gab es dort Wald, heute nur ein paar Bäume. In der nähe von Blankenrode kann man das Galmeiveilchen sehen, wem das wichtig ist. Als Kind fand ich das cool (-:

  • Schöner Bericht. Bin den Weg 2022 im Zuge meines E1-Hikes gegangen:

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    Weil ich in Bad Meinberg wohne, bin ich an der Haustür losgegangen und nicht direkt von den Externsteinen aus – von dort bis zum Silberbachtal (vor 10 Jahren ein uriges Schmuckstück) ist es ja auch sehr schön.

    Ich bin dann weiter bis nach Willingen gegangen und fand den Weg ganz passabel.

  • Verrückt. Ich bin die Herrmannshöhen Anfang November 2022 in einem Stück gelaufen und empfand den Eggeweg zum Abschluss als natürlichsten und rauesten Teil und somit als Highlight der Tour.

    An einige sehr kahle Abschnitte erinnere ich mich auch. Aber auch an weite Blicke, Felsen und eine herrliche Hochheide inkl. Schafe. Das tolle Wetter tat sein Übriges ..und im Vergleich zum stark frequentierten Herrmannsweg vorher war dort wohltuend wenig los.

    Von meiner Seite eine klare Empfehlung für den Eggeweg :)

  • Ich glaub ich probier den mal - zu einer Zeit, in der es dort blühen könnte. Danke für eure Eindrücke!

    "Nichts leichter als das", antwortete Frederick. "Komm mit!"

  • Ich glaub ich probier den mal - zu einer Zeit, in der es dort blühen könnte. Danke für eure Eindrücke!

    Der Eggeweg endet - SoBo - offiziell in Marsberg. Ich empfehle, ihn mindestens bis Obermarsberg fortzusetzen. Auch das anschließende Stück bis nach Willingen und darüberhinaus (via X16 Kaiser-Otto-Weg und SGV Hauptwanderweg 2 als Weiterführung auf dem E1) fand ich ganz nice (ist aber auch tw. zivilisationsnah, manchmal Schotterpisten/Forststraßen, wenig tiny shiny singletrail, aber in der Summe immer wieder ganz hübsch. Auch wenn der anschließende Weg im Sauerland hie rund da auf Rothaarweg und Rothaarsteig trifft, über den Kahlen Asten verlaufend manchmal mit diesen zusammen verläuft, schlägt das Wanderherz höher. Aber das ist ja wieder eine ganz andere Geschichte. ;)

    Happy trails!

  • Uh der irgendwas verlmerstot... Auf dem aussichtsturm auf auf meinem E1 section hike gepennt 😅

    Ich werd wach um 5ish oder so und dann steht da so ein typ, trinkt kaffee und guckt den sonnenaufgang sich an... Ich total verpennt, und er "ah guten morgen, ich leider schon allen kaffee aufgetrunken sonst hätte ich dir einen angeboten" und schaut wieder versonnen in die morgenröte. Schöne erinnerung.

    Breaze  dee_gee Thx für den reminder ❤️

  • Uh der irgendwas verlmerstot... Auf dem aussichtsturm auf auf meinem E1 section hike gepennt 😅

    :) Genau. Eggeweg/E1 führen an direkt an der lippischen und preußischen Velmerstot vorbei. Irgendwie haben Holzstufen vom Aussichtsturm auf der preußischen Velmerstot leider Feuer gefangen (ich denke, da wurde gezündelt oder sogar vandalisiert). Seitdem ist der Turm leider (offiziell) nicht mehr zu besteigen und abgesperrt. Leider, denn die Aussicht vom Turm war ja (zu jeder Jahreszeit) ein kleines Highlight. :(

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