UL- Einsteigerkurse an der Volkshochschule

  • Wanderfalter hat mich in einer Nachricht darum gebeten mal ein bisschen über das nachfolgende Thema zu berichten. Dem Wunsch komme ich natürlich gerne nach.

    Falls der Faden an anderer Stelle besser aufgehoben ist, Moderatoren bitte gerne verschieben.

    Im Jahr 2022/2023, in einer Zeit als für mich nicht ganz klar war, ob ich aus gesundheitlicher Sicht jemals wieder selbst weite Strecken wandern werde, habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, anderweitig trotzdem mit der Materie in Berührung bleiben zu wollen. Dazu wollte ich mein Wissen und meine Erfahrung aus mittlerweile über 13 Jahren an Weitwandern nutzen.

    Dieser Gedanke beinhaltete zwei Säulen: 

    1. Gründung einer eigenen kleinen Cottage Brand inkl. Produktion und Entwicklung von eigenen Nischenprodukten im Bereich UL und Weitwandern. Vorhaben Nr. 1 habe ich im Juni 2024 mit dem Onlinegang des Webshops https://www.tidygear.at endgültig gestartet.

    2. Wollte ich meine Erfahrungen nicht einfach versauern lassen. Ich bin ein Typ Mensch der anderen gerne und geduldig Dinge erklärt und Wissen vermittelt. Das zieht sich ein bisschen durch mein Leben. Ich behaupte einfach mal, dass an mir ein guter Lehrer verloren gegangen ist. Für mich lag also nahe, Menschen in meine große Leidenschaft einzuführen.

    Bzgl. Nr. 2 habe ich im Frühjahr 2024 erstmals Kurse an zwei Volkshochschulen im Bodenseeraum angeboten. Hier gibt es ein paar Infos dazu inkl. Link zur offiziellen Ausschreibung: https://www.wegalsziel.at/ultraleicht-weitwander-kurs-2025/

    Die VHS bietet den Vorteil, dass die Organisation, Werbung und das Drumherum Großteils gestellt wird. Ich wollte erstmals mit wenig Aufwand erste Erfahrung sammeln. Außerdem ist die VHS eine bekannte Plattform der Erwachsenenbildung mit vorhandener Reichweite, etc.

    Ich komme zwar aus einer dicht besiedelten Region (österreichisches Bodenseeufer), die allerdings trotzdem eher ländliche Strukturen und Denkweisen aufweist. Meine Grundannahme war jene, dass die Zielgruppe in städtischen Gebieten (insbesondere in Großstädten) größer wäre und ich in meiner Region auf eigene Faust vermutlich kaum Teilnehmer_innen lukrieren hätte können.

    Der Kurs obliegt den Vorgaben und Strukturen der VHS Direktion. D.h. z.B. wollte ich ursprünglich mal eine längere Workshopreihe mit mehr Praxis anbieten. Die VHS hat darin kein verkaufbares Modell gesehen und im Endeffekt wurde nur ein beschränktes Zeitfenster zur Verfügung gestellt. Im Endeffekt lief es auf ein 3 stündiges Abendformat hinaus. Mangels Zeit habe ich den Kurs also als kompakten Einsteigerkurs konzipiert. Der aufgrund der Gegebenheiten doch recht theorielastig ist.

    Die VHS am Hauptstandort in meinem Bezirk Bregenz hatte kein Interesse an dem Kurs. Allerdings hat eine kleine "Zweigstelle" im Bregenzerwald Interesse bekundet. Ganz glücklich war ich darüber nicht aber man nimmt eben was man kriegt.

    Man muss dazu sagen, dass das Honorar für VHS Vortragender minimal ist und mir der Zusatzaufwand mit längerer Anreise, kleinerem Einzugsgebiet, usw. mir dann nicht ganz so gut gefallen hat. Zum ohnehin großen Aufwand der Vorbereitung (> 100 Folien von 0 aufgestellt, Übersichtslisten, Kistenweise Ausrüstung zum "Befummeln", etc.) kam also noch die Anfahrt und die Ungewissheit des Erreichens der Mindestteilnehmeranzahl hinzu.

    Mein erstes Angebot im Frühjahr 2024 kam an beiden Volkshochschulen an denen ich Kurse angeboten habe, nicht zustande. Mangels ausreichender Anmeldungen. Bei einem Kurs war es knapp, jedenfalls der VHS zu wenig. Ich hatte damals aber auch die Fristen für die Anmeldungen übersehen (bzw. konnte ich die wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht wahrnehmen) und die Kurse konnten daher nicht richtig beworben werden (Druckschluß der Kursbücher, etc.).

    Ich gab mir daraufhin noch eine letzte Chance und meldete den Kurs erneut an der der VHS für Herbst 2024. Diesmal innerhalb der Anmeldefristen.

    Die meisten Teilnehmer scheinen sich recht spontan für Kurse anzumelden. Jedenfalls habe ich ca. 3 Wochen vor dem Kurs Meldung bekommen, dass er diesmal zustande kommt.

    Im Endeffekt gab es 14 Anmeldungen. Besprochen war eine etwaige Gruppengröße von max. 15 Personen.

    Ich war jedenfalls froh darüber nun erstmals einen Kurs dieser Art anbieten zu können.

    Von den 14 Anmeldungen sind im Endeffekt 10 Personen erschienen. Der Kurs fand aber auch gerade am Abend eines Wintereinbruchs statt und die Anreise in den Bregenzerwald bei tiefwinterlichen Fahrverhältnissen war mehr als spannend (ich selbst bin jedenfalls bei der An- und Abreise bei lediglich Tempo 30-40 mehrmals ins Rutschen gekommen). Ich gebe also dem Winter die Schuld für die reduzierte Teilnehmeranzahl.

    Die teilnehmenden Personen waren durchaus gemischt. Trotzdem war die Sache für mich spannend, denn die Materie ist doch recht spezifisch. Von den Teilnehmenden war im Grunde niemand dabei mit richtiger Trekkingerfahrung. Touren mit Zelt, Schlafsack und Isomatte lagen nicht in ihre Profil. Generell war der Altersschnitt relativ hoch, der Frauenanteil größer als der Anteil an Männern. Ich habe also versucht den Fokus auch die Bedürfnisse jener abzudecken, die eben von Unterkunft zu Unterkunft unterwegs sind. Aber generell war der Inhalt so konzipiert, dass er auch für andere "Disziplinen" anwendbar ist wie z.B. Bikepacking, normales Wandern, etc. Die Grundgedanken von UL lassen sich ja übertragen. Generell würde ich also zusammenfassen, die Vorerfahrung war recht bescheiden, das Interesse und die Neugierde aber jedenfalls vorhanden.

    Inhaltlich gab es u.a. eine kurze Einführung zur Definition von UL, was ist UL bzw. Leichtwandern, woher stammt die Idee, was verstehen wir darunter, Philosophien, usw. Der größte Block waren 12 grundlegende Methoden wie man die Last im Rucksack reduzieren kann. Also angefangen von Verzicht und Weglassen über Ausrüstung modifizieren, Multi Use Gedanke, Wahl leichter Ausrüstung, MYOG und eben der ganzen Angebote des Buffets. Außerdem ging es auch um allgemeine Dinge wie Planung von Proviant und Versorgung, Wasser, etc.

    Damit das ganze nicht nur frontal und Theorie bleibt, habe ich u.a. meine eigene Ausrüstung dabei gehabt. Z.B. meinen fertig gepackten Rucksack durchgegeben, Gewichte schätzen lassen. Wir haben gemeinsam den Inhalt meines exemplarischen Rucksacks ausgepackt und genauer unter die Lupe genommen. Zu den einzelnen Methoden gab es immer wieder Beispiele z.B. anhand von eigener Ausrüstung die man anschauen konnte oder selbst in die Finger nehmen konnte. Dazwischen drinnen gab es auch immer wieder neugierige Fragen zu den eigenen Touren und Erlebnissen.

    Abgeschlossen habe ich das ganze noch mit der Vorstellung von einigen kleinen Helferlein in puncto Listen (Excel, Papier/Bleistift, Waage, Internettabellen wie lighterpack usw.), allgemeine Hinweise zur Tourenplanung bzw. wie wir es auch da schaffen Gewicht einzusparen mit richtiger Planung und natürlich gab es einige Informationen zu anderen Quellen im Internet (natürlich auch in die beiden deutschen großen UL-Foren) und in Papierform. Einige wollten gleich konkrete Shops und Quellen um zu shoppen :D. Von einiger Ausrüstung wurden auch gleich Fotos geschossen usw.

    Als Fazit für mich kann ich festhalten, dass der Kurs nicht ganz die Zielgruppe angelockt hat, die ich mir erwartet habe. Eingangs ging ich dann einfach mal davon aus, dass es ein amüsanter Abend werden könnte und viele die Stirn runzeln werden. Im Endeffekt würde ich den Kurs aber als vollen Erfolg sehen. Das Feedback war gut, heute habe ich auch schon eine sehr nette E-Mail erhalten in der es überschwängliches Lob gab. Insbesondere wurde die Leidenschaft und Authentizität gelobt, was mich besonders gefreut hat. Ich gaube Leidenschaft ist eben auch ansteckend und dies ist in dem Kurs gelungen. Einige Teilnehmer haben definitiv neue Sichtweisen mitgenommen. Einige haben direkt leichtere Tourenvorschläge (z.B. Fishermen's Trail) mitgenommen und freuen sich schon auf 2025 um diese hoffentlich dann zu umzusetzen. Mit der Ausnahme von 2-3 Teilnehmern sehe ich auch zukünftig niemanden mit Tarp, Quilt und 3mm EVA losziehen aber ich würde behaupten der Rucksack wird beim nächsten Mal mit einer anderen Herangehensweise gepackt, bei einigen wird definitiv 1-2 kg auf der Hüttentour eingespart werden und einige Shops werden sich über neue Kunden freuen.

    Ob es für mich eine Weiterführung des Formats geben wird? Da bin ich mir noch nicht sicher. Die Rolle und die Materie macht mir riesig Spaß und liegt mir. Der Aufwand ist allerdings enorm und die finanzielle Kompensation sehr, sehr bescheiden. Im Grunde würde ich das ganze gerne um mehr Praxisnähe erweitern, das bedeutet aber automatisch deutlich mehr Aufwand. Da auch bei diesem "Theoriekurs" nicht wirklich die ursprüngliche Zielgruppe getroffen wurde, denke ich ist das Potential bei einem Praxiskurs noch kleiner. UL ist eben trotz einem deutlichen Wachstum in den letzten Jahren eine Nische (und das ist auch gut so wie ich finde). Interessant für mich wäre das Bündeln an Kompetenzen in diesem Bereich und ein potentielles Vereinen von Leidenschaft und Angebot. Aber diesen Gedanken habe ich auch in anderen UL-Bereichen wie z.B. auf Cottage-Ebene usw. Es wird viel gemacht aber es gibt leider sehr viel zergliedertes. Leider helfen da räumliche Distanzen auch nicht gerade beim Bündeln.

    Aber nun ist gut, sonst wird dieser Beitrag hier länger als mein Kurs selbst.

    Ich hoffe ich konnte ein paar Fragen von Wanderfalter beantworten. An sonsten gilt (für alle), falls jemand was wissen will, nur zu. Falls ihr euch fragt was soll bitte dieser Faden, dann einfach ignorieren :D.

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  • Vielen, vielen Dank für den Bericht. Ich hatte mein Erwachungserlebnis viel zu spät und hätte mich über einen Kurs, Artikel o.ä. sehr gefreut. Schade, dass deine Kurse nicht die gewünschte Zielgruppe angesprochen haben. Vielleicht lieber auf Messen/Outdoor-Veranstaltungen Vorträge halten? Andrew Skurka hat es sogar mal zu Talks at Google geschafft. Das ist dann natürlich noch mal kürzer als 3h, man könnte bei sowas aber Werbung für längere Kurse machen.
    Carsten Jost, der auch im alten Forum aktiv war, hat früher auch Kurse angeboten.
    Ich komme aus der Pfadfinderecke und überlege auch immer mal wieder, da mal einen UL-Workshop anzubieten.

  • Vielleicht lieber auf Messen/Outdoor-Veranstaltungen Vorträge halten? Andrew Skurka hat es sogar mal zu Talks at Google geschafft. Das ist dann natürlich noch mal kürzer als 3h, man könnte bei sowas aber Werbung für längere Kurse machen.
    Carsten Jost, der auch im alten Forum aktiv war, hat früher auch Kurse angeboten.
    Ich komme aus der Pfadfinderecke und überlege auch immer mal wieder, da mal einen UL-Workshop anzubieten.

    Die Priorität meinerseits ist dzt nicht so hoch, als das ich mich intensiv mit der Akquise möglicher "Aufträge" oder Veranstaltungen beschäftige. Deswegen wählte ich den Ansatz über die VHS. Kurzes Anschreiben mit der Idee und dann gibt es ein Ja oder Nein. Natürlich wären solche Events nicht uninteressant, wenn sie einem denn einfach so in den Schoß fallen :D.

    Andrew Skurkas Talk bei Google kenne ich natürlich bzw. seine Company die ja namhafteste Guides der Szene beschäftigt. Das ist aber natürlich ein anderes Kaliber vom Namen her :D. Carsten sagt mir natürlich auch was, meines Wissens nach der erste in DE der sowas in die Richtung gemacht hat (?).

    Ich behaupte aber auch einfach mal, dass der amerikanische Markt in puncto UL dem europäischen um viele, viele Jahre voraus ist und die Akzeptanz und vorallem aber auch die Notwendigkeit dort viel höher ist. Stichwort Outdoor Lifestyle. In Nordamerika geht ein viel höherer Anteil der Bevölkerung raus Outdoor (damit meine ich inkl. Übernachtungen). Dort hat es einen anderen Stellenwert. Bei uns wundert mich immer die Diskrepanz, dass überall Outdoorgear wie Zelte, usw. verkauft wird aber eigentlich diese kaum legal genutzt werden können, außer auf Campingplätzen und in einigen definierten Gegenden;(.

    In puncto anderer Kurse wie z.B. deiner Idee mit den Pfadfinderkursen: Ich würde es ja interessant finden wenn es mehr Angebot gibt und potentielle Referenten auch besser vernetzt wären und Kompetenzen und Möglichkeiten bündeln würden.

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