Zelte mit Membran: Locus Gear Djedi DCF-eVent

  • OT: es kommt v.a. auf die Belüftbarkeit an. Und, ja, dass man sie nutzt :)

    Bohnenbub grundsätzlich widersprechen mag ich Dir da nicht. Aber was probiert man nicht alles aus Gründen...

    Problem beim Crux wäre gewesen, dass man das optionale "Vestibül" (oder whatever else für die Funktion) brauchte, damits bei Regen nicht reinregnet, weil iwo musste bei dem (wie vermutlich bei allen Zelten?) auf sein.

  • Hey Leute, ich wette: Island. Oder Nord-Norwegen. Da ist das Zelt theoretisch schon ganz richtig.

    Ein Stück südlich von Akureyri hatte ich 2009 einen mehrjährigen, isländischen Temperaturrekord von > 30° C. ;) Mangelndes Temperatur- bzw. Dampfdruckgefälle ist grundsätzlich immer der Funktionskiller einer Membran.

    Egal, ob auf dem Aconcagua oder im Harz. :)

  • Samaya bzw. alle Zelte jener Bauart von Black Diamond über Lightwave, Crux & Co kommen konzeptionell aus dem Alpinismus für maximal leichte Advanced Camps, wo Niederschlag als Schnee fällt.

    Ein Bekannter hat das Samaya radical (das besteht ja aus dem gleichen DCF Membranstoff, oder?), aber auch wirklich explizit für diesen Zweck, das kann es richtig gut, aber es ist kein Universalzelt für viele unterschiedliche Bedingungen.

  • Ich habe die vermutlich letzte Nacht des Frühlings mit Minusgraden genutzt, um die Membranleistung meines kürzlich erworbenen Locus Gear Djedi DCF-eVent zu evaluieren. Es handelt sich dabei explizit um ein Winterzelt, weshalb die Membran bei kalten Witterungsbedingungen ihre bestmögliche Funktion offenbaren sollte.

    Der Testaufbau erfolgte in einem Gartengrundstück zwischen zwei mehrstöckigen Häuserzeilen, wodurch der Garten in Nord-Südrichtung verriegelt wird. In Ost-West-Richtung hingegen ist freier Luftdurchgang gewährleistet. Aufgrund der ganztägigen Verschattung durch die südseitige Häuserzeile sind im Bereich der Gartenfläche stets niedrigere Temperaturen als im Umfeld nachweisbar, wodurch der Boden länger als üblich gefroren bleibt.

    Ziel der Messungen war die quantitative Ermittlung, in wie weit sich die atmosphärischen Standardparameter wie Lufttemperatur und Dampfdruck innerhalb und außerhalb des Zeltes unterscheiden würden. Die Messwertaufzeichnung erfolgte mit einem zentral angebundenen Datenlogger im Intervall von 30 Sekunden und wurde um 18:00 Uhr gestartet. Ich selbst habe das Zelt um 22:00 Uhr betreten, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt eine Freisetzung von feuchter Atemluft zu erwarten war. Innerhalb des Schlafsacks wurde ein Vapour Barrier Liner (VBL) verwendet, weshalb nicht von weiteren Dampfemissionen der verbleibenden Körperoberflächen auszugehen ist.

    Zur Messung wurden vier kombinierte Temperatur-, Feuchte- und Drucksensoren sowie ein omnidirektional messendes Thermoanemometer (Messbereich: 0,050 bis 1,000 m/s) im und um das Zelt platziert. Die zugehörige Spannungsversorgung wurde über einen Akkuspeicher bereitgestellt.

    Abbildung 1: Gesamtansicht des Messaufbaus

    Außenmessung: Zwei der kombinierten Temperatur-/Feuchtesensoren wurden 40 cm über dem Boden im Abstand von je einem Meter von der Zeltkante entfernt positioniert. Die Aufstellung erfolgte in Hauptwindrichtung von West nach Ost, wobei sich ein Sensor im Luv, der andere Sensor im Lee des Zeltes befand. Zur Messung der vorherrschenden Windgeschwindigkeiten wurde der Windmesser im Abstand von 150 cm vor dem Zelt und damit außerhalb der potentiell beeinflussten Hauptwindrichtung aufgestellt.

    Abbildung 2 und 3: Sensoren für die Außenmessung: 2 x Luftemperatur-, Druck- und Feuchtesensor sowie omnidirektionales Thermoanemometer

    Innenmessung: Die Erfassung der Bedingungen innerhalb des Zeltes erfolgte ebenfalls mit zwei Sensoren, wobei ein Temperatur-/Feuchtesensor in einer Höhe von 30 cm über dem Zeltboden, der zweite unmittelbar in der Zeltkuppel befestigt wurde. Hierdurch sollte erörtert werden, in wie weit die warme und feuchte Atemluft zur Kuppel aufsteigen würde. Die ungestörte Anströmung aller Sensoren wurde durch Aufhängung an U-förmigen Ständerkonstruktionen bzw. mittels Dreinbeinstativ gewährleistet.

    Abbildung 4: Messaufbau im Inneren des Zelts, bestehend aus zwei Kombisensoren

    Die Zelttür wurde nur zum Betreten kurzzeitig geöffnet und unmittelbar darauf wieder verschlossen. Eine Lüftungsöffnung im Dachbereich blieb dauerhaft verschlossen, um eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit im Zelt zu erzwingen.

    Lasst uns die Messdaten sprechen, deshalb hier nur wenige Erklärungen vorab:

    • Die roten Linien visualisieren die Temperatur im Außenbereich (durchgezogene Linie), am Zeltboden (gepunktete Linie) und in der Kuppel (gestrichelte Linie)
    • Die blauen Linien visualisieren die relativen Luftfeuchten, Ortsschema wie oben
    • Die violetten Linien zeigen den Dampfdruck, der für eine ordnungsgemäße Membranfunktion zwischen Innen- und Außenluft unterschiedlich sein sollte.
    • Die orangene Linie zeigt nun das Dampfdruckgefälle in Form eines Quotienten von Innenluft gegen Außenluft. Bei Werten unter 1 könnte theoretisch Wasserdampf von außen nach innen diffundieren, bei Werten größer als 1 arbeitet die Membran wie vorgesehen. Es zeigt sich, dass die Membran ihre Leistung sogar bei einem Quotienten von nur 1,5 noch sehr gut halten kann.

    Abbildung 5: Visualisierung der Messergebnisse

    Einige Dinge sind im Diagramm auffällig:

    • Die Lufttemperatur im verschlossenen Zelt sinkt von 18:00 bis 22:00 Uhr deutlich stärker ab, als die Umgebungsluft. Vermutlich sorgte der kalte Erdboden für eine schnellere Abkühlung im Zelt, wobei die Luft aus dem verschlossenen Zelt nicht entweichen konnte.
    • Um 2:00 Uhr morgens war ich für wenige Minuten wach und habe das Zelt auf Feuchtigkeit kontrolliert. Die kurzzeitige Öffnung des warmen Schlafsacks ist im Diagramm erkennbar.
    • Um 5:00 Uhr musste ich kurz austreten, was ebenfalls an den Messwerten erkennbar ist. Beim Verlassen des Zeltes stieg die warme Luft aus dem Schlafsacks auf, was offensichtlich zu einer Abnahme der relativen Luftfeuchte führte. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch der Dampfdruck, was ein Indiz für den nun freigesetzten Wasserdampf aus dem VBL sein könnte. Nach erneutem Schlafenlegen glichen sich die Werte wieder an. Zusätzlich habe ich vor dem Aufstehen alle Zeltwände abgetastet. In den unteren Bereichen waren die Wände völlig trocken, nur im oberen Teil minimal feucht (aber nicht nass). Um 8:00 Uhr habe ich die Wände erneut abgetastet und identische Erfahrungen sammeln können, wobei auf dem Aluminiumgestänge und auf den undurchlässigen Guyout-Points einige Wassertropfen hingen. Das DCF-eVent-Material hingegen war augenscheinlich völlig frei von auskondensiertem Wasser.
    • Die Unterschiede zwischen den atmosphärischen Bedingungen am Zeltboden und in der Kuppel sind marginal. Gleichwohl erfährt die Zeltkuppel stärkere Temperaturausschläge beim Öffnen des Schlafsacks und der Zelttür.

    Alles in allem bin ich äußerst positiv von der Membranleistung überrascht. In Anbetracht der Tatsache, dass die Innenatmosphäre durch den verschlossenen Lüfter nahezu vollständig von der Umgebungsluft abgeriegelt war, ist das ein hervorragendes Ergebnis. Bei geöffnetem Lüfter wären die entstandenen Wassertropfen sicherlich vollständig vermeidbar gewesen.

    Die hohen (relativen) Luftfeuchten sollte keine Missverständnisse verursachen: Wenn im Außenbereich bereits 80 % Luftfeuchte vorherrschen, dann wird es für die Zeltmembran natürlich umso schwieriger, bei derart geringen Dampfdruckgefällen noch eine Diffusion zu ermöglichen. Folglich muss die Luftfeuchte auch innerhalb des Zelts weiter ansteigen, um einen ausreichend hohen Gradienten zu gewährleisten. Auffällig ist trotzdem, dass die Messung in 30 cm Höhe über dem Zeltboden nie den Sättigungsdampfdruck (= 100 % Luftfeuchte) erreichte. Dies war, wenn überhaupt, nur kurzzeitig an der Kuppelspitze der Fall. In meinem ehemaligen X-Mid Pro 1 wäre ich bei solchen Bedingungen längst gebadet worden, weil sich das Kondenswasser in der Bodenwanne sammelt. Auch empfand ich das Klima im Zelt die ganze Nacht über als sehr angenehm, was einen guten Schlaf begünstigte.

    Viel wichtiger als die relativen Luftfeuchtigkeiten sind ohnehin die jeweligen Dampfdrücke. Hier fällt sofort auf, dass die Differenz zwischen Innenluft und Außenluft lediglich etwa 1 hPa beträgt - womit die Funktion der Membran bewiesen wird.

    Abbildung 6: Tau bzw. Kondenswasser auf den nicht durchlässigen Flächen morgens um 8:00 Uhr

    Es wäre wohl deutlich einfacher, diese Untersuchungen in einer statisch betriebenen Kühlkammer unter gleichbleibenden Temperaturen durchzuführen. Für eine erste zahlenmäßige Einschätzung hat es aber dennoch gereicht. Auch sollte ergänzt werden, dass die großen Temperaturamplituden der vergangenen Tage zu höheren Wasserdampfmengen in der Außenluft führen, als dies an kalten Wintertagen der Fall wäre. Dementsprechend pendelt sich auch die nächtliche, relative Luftfeuchtigkeit auf höhere Werte ein, als üblich.

    Resümmierend lässt sich feststellen, dass das Djedi mit seinem knappen Kilo Gewicht von Zelt inkl. Gestänge und der tadellosen Verarbeitung (alles nur verschweißt, nichts genäht) trotz Single-Wall tatsächlich ein äußerst interessanter Kandidat für Wintertouren sein dürfte. Darüber hinaus führt die Simplizität des Aufbaus und die äußerst stabile Konstruktion zu positiven Überraschungen. Im Gegensatz zu herkömmlichem DCF soll das DCF-eVent keine Delaminierung erfahren, was eine lange Haltbarkeit verspricht. Ich bin gespannt...

    Abbildung 7: Schön war's! ;)

  • Moin!
    Das ist ja mal ein umfassender Feldversuch. Chapeau!

    Bei dem Zelt würden mich noch zwei eher pragmatische Fragen interessieren.
    Gibt es eine Lüftung auf Bodenhöhe, (außer dass man den Reißverschluss etwas öffnet)?

    In einem komplett geschlossenem Zelt hatte ich morgens durch einen erhöhten CO₂-Gehalt einmal heftige Kopfschmerzen.

    Wie hoch ist die Feuchtigkeitsaufnahme des Zeltmaterials? Also Trockengewicht versus Gewicht am Morgen.

    Bei DCF hatte ich nach der Messung ja eine kleine Überraschung. ;)

    VG. -wilbo-

  • TLTR

    Und? Hatteste Kondens im Zelt?

  • Vielen Dank für das nette Feedback! :)

    Gibt es eine Lüftung auf Bodenhöhe, (außer dass man den Reißverschluss etwas öffnet)?

    Nein, auf Bodenhöhe gibt es keine Lüftung. Allerdings besitzt das Zelt je nach Version eine Doppeltür aus Mesh und Solid, d. h. die Solid-Außentür kann geöffnet werden, und trotzdem bleibt der Innenraum durch die zusätzliche Mesh-Tür geschützt. In Abhängigkeit von der individuellen Positionierung der -förmigen Reißverschlüsse kann diese Öffnung dann entweder links unten, mittig oben oder rechts unten platziert werden.

    Durch die ergänzende Djedi VX Vestibule kann der Eingangsbereich, auch bei geöffneter Tür, sehr gut vor Wetter geschützt werden - diese Folie hatte ich für meinen Feldversuch aber nicht angebracht.

    In einem komplett geschlossenem Zelt hatte ich morgens durch einen erhöhten CO₂-Gehalt einmal heftige Kopfschmerzen.

    Derartige Befürchtungen hatte ich anfänglich tatsächlich auch, weshalb ich innerlich bereits ein Testament verfasst habe... ^^ Allerdings muss ich sagen: Wirklich null Probleme! Sicherlich ist das DCF-eVent auch etwas luftdurchlässig, nur grobe Wassertropfen kommen eben nicht hindurch.

    Wie hoch ist die Feuchtigkeitsaufnahme des Zeltmaterials? Also Trockengewicht versus Gewicht am Morgen.

    Das habe ich leider nicht gewogen. :(

    TLTR

    Stimmt, das fehlte offenbar. :saint:

    Und? Hatteste Kondens im Zelt?

    Trotz geschlossener Lüfter an den Wänden gar nicht. Nur auf den undurchlässigen Guyout-Points und auf den Alu-Zeltstangen ein paar Tropfen.

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