Bei Zelten und Tarps verhindert der Catenary Cut (Cat Cut, Kettenlinie) weitestgehend die Faltenbildung an den Kanten und Flächen der Zelte und Tarps.
Die genaue Herstellung ist nicht einfach. Auch die Berechnung eines Cat Cuts ist nicht trivial. Deshalb greifen viele MYOG-Freunde auf diverse Hilfsmittel zurück.
Da werden verschiedene Stangen aus Metall oder Holz für einen einfachen Cat Cut "verbogen". Auch Bleischnüre für Gardinen werden gern für einen "vernünftigen" Cat Cut an der Wand befestigt. MYOG-Freunde sind da äußerst erfinderisch. Die so erzeugten Cat Cuts sind alles Näherungen, die trotzdem ihren Zweck erfüllen.
Aktuell befasse ich mich mit der Herstellung eines Tarps aus DCF (Camo). Auch da kam die Frage nach einem Cat Cut hoch. Lange überlegte ich mir, wie ich mit einfachen Hilfsmitteln einen Cat Cut erzeugen könnte. Auf eine zufriedenstellende Lösung mit vorhandenen Hausmitteln bin ich nicht gekommen.
Also suchte ich im Internet danach. Auch dort fand ich keine brauchbare Lösung. Aber durch Zufall ist mir eine Excel-Tabelle "vor die Füße gefallen", die den Cat Cut nach einer Formel berechnet.
Als Mathematiker war das genau die Lösung, die ich gesucht hatte.
Einen beliebigen Cat Cut einfach berechnen und nicht behelfsmäßig konstruieren.
Das Problem bei der Original-Excel-Tabelle ist, dass alle Maßangaben in Zoll sind.
Also modifizierte ich die Original-Excel-Tabelle so, dass jetzt auch Zentimeter-Angaben möglich sind.
Für die Berechnung eines Cat Cuts fand ich im Internet zwei Berechnungsmethoden:
(1) exakte Formel y(x) = a * cosh (x / a)
(2) Hilfsformel y(x) = b * (1 - (2 * x/L)^2)
Erklärungen zu (1):
cosh ist die Hyperbelfunktion, die als cosh(x) = (e^x + e^-x)/2 definiert ist und
a ist eine Konstante, die die "Tiefe" des Cat Cuts "beeinflusst"
Erklärungen zu (2):
L ist die Länge der gesamten Seite, die den Cat Cut erhält und
b ist die maximale Tiefe (also die maximale Ablenkung) der Kurve in der Mitte
Die modifizierte Tabelle in Bild 1 enthält 3 rot umrahmte Eingabefelder (1,2 und 3).
Für die Berechnung der Ablenkung mit der (1) exakten Formel werden die Länge der Seite (Eingabefeld (1)) und ein Faktor (Eingabefeld (2)) benötigt. Der Faktor ist ein Wert, der über ein kompliziertes numerisches Verfahren (Lösung eines Gleichungssystem mit einem numerischen Verfahren) bestimmt werden kann. Im Rahmen dieses Beitrages würde das zu weit führen. Deshalb muss mit diesem Faktor "experimentiert" bzw. "probiert" werden, bis die gewünschte maximale Ablenkung erreicht wird. Das Ergebnis der Berechnung mit der (1) exakten Formel, die gewünschte maximale Ablenkung, steht direkt unter den beiden Eingabefeldern 1 und 2.
Zum Glück gibt es eine (2) Hilfsformel, die den Cat Cut "näherungsweise" berechnen kann. Die Hilfsformel hat den Vorteil, dass dort genau die beiden Werte eingegeben werden können, die für einen Cat Cut wichtig sind. Das ist die Länge der Seite (Eingabefeld 1) und die maximale Ablenkung (Eingabefeld 3).
Alle anderen Werte werden berechnet. Die jeweilige Länge der Seite wird immer in 30 Segmente unterteilt. Die Segmente werden dabei aus der Länge der Seite berechnet. Im Beispiel sind die Segmente auf der Grundlinie der Seite genau 4 cm (=120 cm/30) lang. Die Werte der Ablenkung können nun senkrecht zur Grundlinie der Seite eingezeichnet werden. Anschließend erfolgt die Verbindung der Punkte mit einem Lineal oder einem Kurvenlineal, wer das besitzen sollte. Wird das mit einem Lineal gemacht, entsteht ein Polygonzug, der ziemlich genau den gewünschten Cat Cut nachbildet.
Wie in der Tabelle im Bild 1 gut zu erkennen ist, sind die Werte der Ablenkung für den Cat Cut bei einer Seitenlänge von 120 cm und einer maximalen Ablenkung von 1,2 cm (ein ziemlich kleiner Cat Cut) für beide Berechnungsmethoden identisch. Aber nicht umsonst gibt es diese (1) exakte Formel. Ich kann daher nicht beurteilen, ab welcher Länge der Seite und bei welcher maximalen Ablenkung die Werte des Cat Cuts für beide Berechnungsmethoden nicht mehr übereinstimmen.
Für meine Cat Cuts am Tarp aus DCF (Camo) von 120 cm, 119 cm, 85 cm und einer maximalen Ablenkung von 1,2 cm waren die Werte für die beiden Berechnungsmethoden jedenfalls vollkommen identisch.
Die Kurve unterhalb der Tabelle dient der Darstellung des berechneten Cat Cuts und basiert auf den Werten der (1) exakten Formel. Am Anfang habe ich mich etwas verwirren lassen, weil sich durch das Experimentieren mit dem Eingabefeld 2, dem Faktor, nur geringfügige Änderungen der Kurve zeigten. Bei der Beurteilung der Kurve muss man auch immer die linke Skala der Ablenkung im Auge behalten, die sich mitändert und die Ablenkung an den entsprechenden Punkten zeigt.
Auch die Tabelle im Bild 1 (siehe Dateianhang) enthält einen Wermutstropfen. Die Datei ist eine Numbers-Datei für einen Apple-Rechner, was das Äquivalent zu einer Excel-Datei für Windows ist. Ob die Numbers-Datei von Windows oder anderen Betriebssystemen ohne Probleme und ohne den Verlust der Formatierung (Formeln!) eingelesen werden kann, habe ich nicht überprüft. Jedenfalls konnte die Apple-Tabellenverarbeitung Numbers die Original-Excel-Tabelle ohne Probleme übernehmen und darstellen. Vielleicht geht das mit Excel auch in Windows in der umgekehrten Richtung.
Als Dateianhang stelle ich die Numbers-Datei catcut_01.numbers und die Original-Excel-Datei CatCut_01_Original.xlsx in einer ZIP-Datei zur Verfügung: