Wärmende Camp-Schuhe in drei Akten

  • Hallo zusammen,

    nachdem ich in den letzten zwei Jahren kontinuierlich daran gearbeitet habe, mein Rucksackgewicht zu reduzieren und alle unnötigen Artikel nach und nach auszusortieren, lässt mich ein Luxusartikel nicht so richtig los: Camp-Schuhe. Objektiv sind die nicht wirklich nötig, subjektiv fühlt es sich nach einer langen Tagesetappe immer richtig erlösend an, den Füßen mal für eine Weile eine neue Behausung zu gönnen.

    Mein erstes Modell an Campschuhen waren diese Schwimmschuhe von der Stange. Diese bringen in Schuhgröße 46 circa 67 g auf die Waage. Sie sind ziemlich bequem und haben eine recht robuste Sohle aus Neopren. Leider saugt sich das Seitenmaterial aber sehr schnell voll und trocknet nur sehr langsam. Wenn man also durch feuchtes Gras oder gar auf dem Campingplatz in die Dusche gegangen ist, sind die Campschuhe erstmal eine Weile nass und kalte Füße sind vorprogrammiert.

    Vor knapp 1,5 Jahren ist dann aus 3 mm dickem Evazote folgender 1. Versuch von MYOG-Pantoffeln entstanden:

    Das Tragegefühl von Evazote finde ich sehr angenehm. Das Material ist wasserdicht, saugt sich nicht voll und wärmt angenehm. Da Evazote auf nassen Fliesenböden o.ä. extrem rutschig ist, hatte ich die Sohlen großzügig mit Naturkautschuk eingepinselt:

    Das große Problem dieser ersten Version war, dass der hintere Teil der Sohle nicht steif genug war. Beim Heben der Füße hing das Evazote an der Ferse oft nach unten, knickte ab und wurde zur Stolperfalle.


    Vor der diesjährigen Tour in die französischen Alpen machte ich mich also im Frühjahr an ein Re-Design. Da ich mit dem Basismaterial grundsätzlich zufrieden war, sollte die neue Version wieder auf Evazote-Basis entstehen. Um die Stabilität am Fuß zu verbessern, sollte sich die 2. Version statt an Pantoffeln eher an Bootsschuhen orientieren:

    Das Pantoffel-Design wurde also um ein umlaufendes Band erweitert und zusätzlich noch mit einem Gummi-Zug und einem Schnürsenkelschnellverschluss erweitert. Mit dem Naturkautschuk war ich diesmal zugunsten des Gewichts etwas zurückhaltender und kam auf ein Endgewicht von 38 g. Auf Tour hat sich das neue Modell prinzipiell wirklich bewährt. Die Füße blieben trocken und warm, die Schuhe wurden nicht nass und hielten - selbst beim Rennen - bombenfest am Fuß.

    Ein Problem gab es aber dennoch: Das recht weiche Evazote-Material nutzte sich sehr schnell ab. Die 11 Tage Tour haben sie zwar überlebt, durch die vielen Schotterwege auf den Campingplätzen waren die Sohlen aber schon signifikant dünner geworden. Sie nochmal mitzunehmen hätte ich mich nicht getraut.


    Es wurde also Zeit für Version 3, die ich heute fertiggestellt habe. Das Design ist im Wesentlichen eine 1:1-Kopie der V2. Das Evazote an der Sohle wurde aber diesmal flächig mit grobem Cordura aus einem alten Werbegeschenk-Rucksack beklebt und doppelt vernäht. Als Klebstoff habe ich klebfix von Extremtextil genutzt. Obwohl dieser explizit für Evazote geeignet sein soll, bin ich mit der Haftwirkung allerdings nur so semi zufrieden. Hätte ich die beiden Sohlen nicht zusätzlich vernäht, glaube ich nicht, dass das lange halten würde.

    Aufgrund der zusätzlichen Cordura-Schicht sind sie jetzt mit 51 g leider wieder ein gutes Stück schwerer geworden. Ausprobiert habe ich sie noch nicht, ich hoffe aber, die Lebensdauer damit ein gutes Stück verlängern zu können.

    Für den Moment bin ich mich Version 3 erstmal zufriedener als mit V2. Ich habe aber so ein Gefühl, dass das Finden der optimalen Camp-Schuhe zu meiner UL-Lebensaufgabe werden könnte. Es würde mich also nicht überraschen, wenn hier im Laufe der Zeit noch das ein oder andere Nachfolgemodell entstehen sollte. Wenn jemand weitere Materialtipps oder sonstige Ideen hat, so freue ich mich auf Vorschläge.

    PS: Da die Schuhe wirklich sehr warm, weich und kuschlig sind, kann man sie auch super nachts im Quilt über die normalen Wandersocken anziehen. Separate dicke Socken kann ich mir also sparen. :)

    Viele Grüße,
    Robin

    2 Mal editiert, zuletzt von r0bin (6. Oktober 2024 um 19:53)

  • Obwohl dieser explizit für Evazote geeignet sein soll, bin ich mit der Haftwirkung allerdings nur so semi zufrieden.

    Tolle Campschuhe! Ein allgemeiner Tipp zur Verarbeitung von Evazote: Kraftkleber, z.B. von Pattex, hält perfekt. Versucht man die Klebeverbindung später wieder zu lösen, reißt häufig das Evazote selbst, vor der Klebeverbindung. Wäre also auch ein Weg, deinen Prozess hier zu verkürzen und die Handnaht außen ggf. komplett auszulassen (auch wenn sie optisch Einiges zum Ergebnis beiträgt).

  • Schöne Teile!
    So dedicated bin ich nie bei meinem MYOG Gestümper.
    Welches EVA ist's denn? Würde anhand der Bilder - und des Verwendungszwecks auf EVA50 tippen?
    Ich habe schon seit Jahren Einfache Latschen aus Plastazote LD45 in Betrieb.
    Lediglich quick & dirty Sohlenform geschnitten und ein Knopflochgummi drum, der sie wie bei Badelatschen am Fuß hält. Nicht mal festgemacht an der Sohle. Könnte man sicherlich noch professionalisieren, aber ich renne damit auch nicht.
    Gewicht sind 13,6g, kann man schon mal einpacken.

    Schau Dir das Material mal an, das ist auch geschlossenzellig, aber noch robuster. :thumbup:

    https://www.zotefoams.com/wp-content/uploads/2016/03/LD45FR-December-2017.pdf

    "Not all those who wander are lost"

  • Ich wollte gerade ein neues Thema aufmachen, aber vielleicht kann ich mich auch hier dran hängen und wir lassen das zu einem allgemeinen MYOG Campschuh-Thread werden wenn das fein mit dir ist r0bin ? Ansonsten verschiebe ich den Post gern nochmal!

    Ich hab mir auch ein Paar Camp- bzw. Hütten- bzw. Badeschuhe gebaut, die ich auch mal für einen kleinen Abendspaziergang o.Ä. verwenden kann. Dafür waren mir die Konstrukutionen aus Schaumstoff nicht langlebig und stabil genug. Ich hab mir eine 4mm Vibram Sohlenplatte bei Extremtextil gekauft, diese zugeschnitten und mit Löchern und Schlitzen versehen. Ich habe mich im Zehenbereich für Gurtband, anstelle von weiteren Schnüren entschieden, dass ich sie für ganz kurze Strecken auch ohne Schnüring als Slippers anziehen kann. Damit komme ich auf 50g das Stück, womit ich bei der Obergrenze was das angestrebte Gewicht angeht lande, aber auch bei einem sehr guten Tragekomfort. Ich habe breite Füße, Schuhgröße 44/45.

  • Klar, könnte man auch machen. Mir war allerdings wichtig die Zehen frei zu haben, gerade mit Socken wollte ich da keine Schüre zwischen die Zehen fummeln und das Tragegefühl ist mir mit dem "Slippers Prinzip" auch angenehmer.
    Zumal sie dann doch noch ein bisschen leichter sind als die klassische Huaraches :)

  • Na ja - eben nicht mehr - die oben verlinkten wiegen 10g mehr - können aber dafür auch als vollwertige Laufsandalen genutzt werden, falls es mal nötig oder angebracht sein sollte. Das würde ich Deiner Konstruktion bedingt durch die Schnürung eben noch nicht so richtig zutrauen. Und das ist ja auch nur ein Beispiel, die 10g kriegt man da bestimmt auch noch abgerungen, je nachdem, was zum Schnüren verwendet wird.

    Und die Art der Schnürung ist ja nur eine von vielen und keine Grundvoraussetzung - und wenn's nicht die zwischen den Zehen werden soll, die für den Campschuh wegen Socken ja wirklich nicht die Geeignetste ist, dann eben eine andere, daran soll's nicht scheitern.
    Die Möglichkeiten sind quasi unbegrenzt, je nach eigenen Präferenzen, e.g. https://xeroshoes.com/tying/
    Es gibt meine ich auch Schnürungen, die mit- und ohne zwischen den Zehen funktionieren, falls mit Zehen on trail wiederum angenehmer ist.

    Schönes Projekt, nicht falsch verstehen.
    Will lediglich sagen - viel Gewicht für reine Campschuhe und eigentlich in einer Liga mit Laufsandalen - warum dann nicht gleich welche draus machen und die Option dabei haben? Ohne das könnte ich das Gewicht für mich nicht rechtfertigen, da würde ich dann eher wieder leichter werden, da gibt es etliche Ideen, die auch durchaus haltbar sind. Aber HYOH :thumbup:

    "Not all those who wander are lost"

  • Da wäre dann meine Version sinnvoll - 4mm Vibram Supernewflex, Silikongummiband mit der Maschine angenäht. Geht prima über Socken und ist tauglich für den Abendspaziergang, auch ins Restaurant - sie sind beim Bikepacking dabei. Gewicht bei Gr. 41 ist 96g.

  • Von der Trageform her ja - aber auch dem Silikongummiband würde ich jetzt noch keinen volltauglichen Einsatz als Laufsandale unterstellen - und in den Bereich befinden wir uns ja gewichtsmäßig, vor allem durch die Sohlenplatte.

    Auch meine huaraches mit vibram supernewflex liegen - trotz xero huaraches Hardware bei ziemlich genau 50g/Stück.


    Ohne die Hardware - und auch wie hier gewünscht mit einer no toe Schnürung - landet man da dann noch drunter, hat aber vollen, das Gewicht dann ggf. schon eher rechtfertigenden Multiuse als vollwertige Laufsandalen.

    "Not all those who wander are lost"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!