Ehe ich meinem Ruf als ewiger Reiseberichtunvollender wieder gerecht werde, fange ich mal ganz schnell mit der letzten Tour an, ehe die Erinnerung bröckelt und die kleinen Herausforderungen des Alltags dazu führen, dass ein Bericht unterbleibt.
Prolog:
Ich mache gerne mindestens eine längere Tour im Jahr - zuletzt oft im Sommer, wo sich schlicht das passend große Zeitfenster fand, so theoretisch auch dieses Jahr.
Nur irgendwie konnte ich mich erst nicht so recht zur Planung aufraffen, dann kam doch noch Arbeit dazwischen und stutzte das Zentfenster zurecht - und dann trat ich mir auch noch im Urlaub zuvor einen Seeigel ein, der lange dafür sorgte, dass ich nicht sicher war, ob ich überhaupt noch großartig los ziehen würde.
So zog sich der zähe Kaugummi der Entscheidungsschwäche, Planungsträgheit und Ungewissheit bis wenige Tage vor dem noch immer offen stehenden Zeitfenster von immerhin einer Woche.
Reisepreise in der letzten Ferienwoche machten so manche Trail-Bucketlist Idee zunichte - und so blieb ich bei Rumänien, womit ich von Anfang an etwas geliebäugelt hatte, da noch immer ein weißer Fleck auf meiner ansonsten so langsam ganz gut bewanderten Landkarte in Osteuropa und Balkan. Aber es fiel nicht einfach, so einen längeren Trail auf der Bucketlist, den ich gerne komplett laufen würde, einfach so um einen einzelnen, kürzeren Abschnitt zu berauben und diesen schon einmal zu gehen.
Aber ehe ich gar nichts mehr zu Stande bringe - Mittwoch gebucht, Sonntag sollte es los gehen, dazwischen noch ein Berg an Arbeit, und ich war mir weder schlüssig, welche Strecke, noch sonst irgendwas. Minutiöse Vorbereitung vor einer Tour gehört ohnehin nicht unbedingt zu meinen Qualitäten, aber derart schlecht vorbereitet war ich selten.
Ursprünglich hatte ich mir mit den Empfehlungen eines Locals eine Strecke um und bei 400km zusammengestückelt.
Wer Interesse hat, hier entlang:
in der Mischung aus Zeit, Wetterbericht und grob überschlagener Anreise-Erreichbarkeit entschied ich mich für die gut 115km Fagaras-Traverse - natürlich auch, weil einfach DER Gebirgszug Rumäniens inkl. höchstem Gipfel (Moldoveanu, 2544m). https://www.wikiloc.com/hiking-trails/…agaras-14444333
Speaking of Wetter - es war absolutes Sauwetter prognostiziert. Regenmengen um 30mm - und verdammt niedrig einstellig Wandern und Regen ist ja motivational überhaupt nicht meins, aber ich nahm das mal als Schicksalswink, um mich da vielleicht ein- für alle Mal von zu befreien. Ändern lies sich eh nichts mehr, in Anbetracht der erwarteten Schlammschlacht oberhalb der Baumgrenze bekam allerdings die Packliste nach einigem Anwägen noch einen echten Schlag - ein Z-E-L-T-!. Hängematte macht schlicht keinen Sinn, die Halbpyramide aus dem Hängemattentarp am Boden ließ die eh schon gedämpfte Freude auf das miese Wetter nicht besser werden - und andere brauchbare Bodenbehausungen habe ich schlicht keine mehr. Also wanderten 1300g weight penalty für späte Planung in Form des Tensegrity 2P in den Rucksack, das Shelter für stationäres Camping mit der Family - und katapultierten die Packliste auf 4,5kg plus
https://lighterpack.com/r/e2m4bp
Der Cicerone Guide, den ich noch überhastet digital gekauft hatte, entpuppte sich (wieder einmal) als Murks.
Auf der Übersichtskarte sah es so aus, als würde er genau die relevanten Gebirgszüge abdecken. Tat er auch, allerdings mit irgendwelchen mikrigen Tages- und Overnighter Runden in den Gegenden. Völlig unbrauchbar für die jeweiligen dortigen Langstrecken.
Aber immerhin für den Tipp zum Einstieg zum Fagaras Hauptrücken war ich dankbar. Von Campulung per Taxi zur Cabana Voina (https://en.mapy.cz/s/gemedahabe) und von dort dann gen Norden zur Curmatura Bratilei. Sehr einsamer und schöner Aufstieg. Der Einstiegsteil ganz im Osten des Fagaras von Zarnesti aus soll ziemlich überfüllt sein, weil einfach erreichbar und sogar vor Taschendieben an den dortigen Lagerplätzen wird gewarnt.
Die Anreise erfolgte mit Flugscham nach Bukarest - bei noch drückender Hitze am Abend und nach einer Nacht und etwas spazieren in der mir noch unbekannten Altstadt dann am nächsten morgen kurzfristig auf der Anreise organisiertem blablacar weiter nach Campulung. Überraschend war die breite Nutzung von Kreditkarten im ÖPNV, die man einfach anstelle eines Tickets am Drehkreuz und selbst im Bus an den entsprechenden NFC Sensor hält.