Grundsätzlich leben wir hier im Westen Europas immer noch auf Kosten von anderen Menschen, anderswo auf der Welt. Menschen in Vietnam, welche Rucksäcke für Mammut nähen, können sich kaum einen solchen leisten. Kaffeebauern, die den Kaffee z.B. für Nespresso anbauen, haben kaum eine Nespresso Maschine in ihrer Küche.
Dieses System geht aber noch weiter. Wer sich einen AirTag Halter von Hermes für 300 Euro zulegt, denkt wohl, der sei in Paris von einer stolzen Französischen Lederspezialistin angefertigt worden. Realität sieht ziemlich anders aus, auch wenn es Hermes wohl schafft, die "Made in France" Anforderungen zu erfüllen. Italien beispielsweise exportiert seit Jahren mehr Tomatenprodukte, als das realistischerweise Tomaten auf deren Feldern wachsen.
Von Fair-trade Zertifizierungen halte ich gar nichts, diese zementieren den Status Quo und geben den Arbeiter:innen höchstens einen kleinen Zusatz. So als würde man hier 20 Euro im Monat mehr Lohn erhalten. Für die Hersteller ist der aber Gold wert. Arc'teryx etwa, stellt die Fotos von ihren Produktionsstätten direkt auf die Webseite. Jede Wette, diese Arbeiter:innen haben zu Hause den Schrank gestossen voll mit ihren Kreationen.
Ich kaufe mir lieber einen Cottage Rucksack aus England als einen Arc'teryx Rucksack aus den Philippinen. Für mein sauer verdientes Geld erhalte ich aus England funktionell wesentlich mehr, ein besseres Gewissen gibts obendrauf.
Leider gibt es noch nicht alles, was ich brauche, aus wirklich nachhaltiger Produktion. Viele werben nun mit "Made in Europe". Hierzu muss man einfach wissen: Auch Rumänien und Bulgarien sind Mitgliedsländer der EU, das Lohnniveau dort ist aber derart mies, dass sich Frauen von dort in Westeuropa prostituieren müssen, Menschenhandel inklusive.
Wer sich ein T-Shirt für 5 Euro kauft, sollte einfach wissen: Ein viertel der Lieferketten im Baumwollbereich basiert auf Sklaverei. Fast Fashion ist ein Verbrechen an der Umwelt. Niemand schleppt sein altes Auto einfach in den Wald und schiebt es dort diskret hinter die nächste Tanne. Oder nimmt seinen Hausmüll mit auf Tour und schmeisst ihn einfach in den ersten Strassengraben - warum nicht grad aus dem Fenster auf die Strasse?
Kleidung macht logischerweise nur einen Teil der Handelsströme aus. Die Rohstoffe in unseren Smartphone werden nicht von Schwedischen Jägern auf der Elchjagd als Beifang im Wald aufgelesen.
Alle diese Dinge sind seit Jahrzehnten bekannt.
Trotzdem haue ich mir nun einen Starbucks-Kaffee aus der Glasflasche rein. Mit sehr viel Liebe im sonnigen Dänemark bei der Firma Arla sorgfältigst hergestellt, ich stelle mir hübsche Däninn:en vor, die mit rhythmischen Bewegungen die Milch rühren, fast so toll wie unsere Nationalheiligen, die Maître Chocolatiers. Dann von einem kundigen Lastwagenfahrer umsichtig durch ganz Deutschland in die Schweiz gefahren und von meinem bevorzugten Supermarkt in meiner Nähe angeboten. Wer kann da schon nein sagen?