Ich habe die vermutlich letzte Nacht des Frühlings mit Minusgraden genutzt, um die Membranleistung meines kürzlich erworbenen Locus Gear Djedi DCF-eVent zu evaluieren. Es handelt sich dabei explizit um ein Winterzelt, weshalb die Membran bei kalten Witterungsbedingungen ihre bestmögliche Funktion offenbaren sollte.
Der Testaufbau erfolgte in einem Gartengrundstück zwischen zwei mehrstöckigen Häuserzeilen, wodurch der Garten in Nord-Südrichtung verriegelt wird. In Ost-West-Richtung hingegen ist freier Luftdurchgang gewährleistet. Aufgrund der ganztägigen Verschattung durch die südseitige Häuserzeile sind im Bereich der Gartenfläche stets niedrigere Temperaturen als im Umfeld nachweisbar, wodurch der Boden länger als üblich gefroren bleibt.
Ziel der Messungen war die quantitative Ermittlung, in wie weit sich die atmosphärischen Standardparameter wie Lufttemperatur und Dampfdruck innerhalb und außerhalb des Zeltes unterscheiden würden. Die Messwertaufzeichnung erfolgte mit einem zentral angebundenen Datenlogger im Intervall von 30 Sekunden und wurde um 18:00 Uhr gestartet. Ich selbst habe das Zelt um 22:00 Uhr betreten, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt eine Freisetzung von feuchter Atemluft zu erwarten war. Innerhalb des Schlafsacks wurde ein Vapour Barrier Liner (VBL) verwendet, weshalb nicht von weiteren Dampfemissionen der verbleibenden Körperoberflächen auszugehen ist.
Zur Messung wurden vier kombinierte Temperatur-, Feuchte- und Drucksensoren sowie ein omnidirektional messendes Thermoanemometer (Messbereich: 0,050 bis 1,000 m/s) im und um das Zelt platziert. Die zugehörige Spannungsversorgung wurde über einen Akkuspeicher bereitgestellt.

Abbildung 1: Gesamtansicht des Messaufbaus
Außenmessung: Zwei der kombinierten Temperatur-/Feuchtesensoren wurden 40 cm über dem Boden im Abstand von je einem Meter von der Zeltkante entfernt positioniert. Die Aufstellung erfolgte in Hauptwindrichtung von West nach Ost, wobei sich ein Sensor im Luv, der andere Sensor im Lee des Zeltes befand. Zur Messung der vorherrschenden Windgeschwindigkeiten wurde der Windmesser im Abstand von 150 cm vor dem Zelt und damit außerhalb der potentiell beeinflussten Hauptwindrichtung aufgestellt.


Abbildung 2 und 3: Sensoren für die Außenmessung: 2 x Luftemperatur-, Druck- und Feuchtesensor sowie omnidirektionales Thermoanemometer
Innenmessung: Die Erfassung der Bedingungen innerhalb des Zeltes erfolgte ebenfalls mit zwei Sensoren, wobei ein Temperatur-/Feuchtesensor in einer Höhe von 30 cm über dem Zeltboden, der zweite unmittelbar in der Zeltkuppel befestigt wurde. Hierdurch sollte erörtert werden, in wie weit die warme und feuchte Atemluft zur Kuppel aufsteigen würde. Die ungestörte Anströmung aller Sensoren wurde durch Aufhängung an U-förmigen Ständerkonstruktionen bzw. mittels Dreinbeinstativ gewährleistet.

Abbildung 4: Messaufbau im Inneren des Zelts, bestehend aus zwei Kombisensoren
Die Zelttür wurde nur zum Betreten kurzzeitig geöffnet und unmittelbar darauf wieder verschlossen. Eine Lüftungsöffnung im Dachbereich blieb dauerhaft verschlossen, um eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit im Zelt zu erzwingen.
Lasst uns die Messdaten sprechen, deshalb hier nur wenige Erklärungen vorab:
- Die roten Linien visualisieren die Temperatur im Außenbereich (durchgezogene Linie), am Zeltboden (gepunktete Linie) und in der Kuppel (gestrichelte Linie)
- Die blauen Linien visualisieren die relativen Luftfeuchten, Ortsschema wie oben
- Die violetten Linien zeigen den Dampfdruck, der für eine ordnungsgemäße Membranfunktion zwischen Innen- und Außenluft unterschiedlich sein sollte.
- Die orangene Linie zeigt nun das Dampfdruckgefälle in Form eines Quotienten von Innenluft gegen Außenluft. Bei Werten unter 1 könnte theoretisch Wasserdampf von außen nach innen diffundieren, bei Werten größer als 1 arbeitet die Membran wie vorgesehen. Es zeigt sich, dass die Membran ihre Leistung sogar bei einem Quotienten von nur 1,5 noch sehr gut halten kann.

Abbildung 5: Visualisierung der Messergebnisse
Einige Dinge sind im Diagramm auffällig:
- Die Lufttemperatur im verschlossenen Zelt sinkt von 18:00 bis 22:00 Uhr deutlich stärker ab, als die Umgebungsluft. Vermutlich sorgte der kalte Erdboden für eine schnellere Abkühlung im Zelt, wobei die Luft aus dem verschlossenen Zelt nicht entweichen konnte.
- Um 2:00 Uhr morgens war ich für wenige Minuten wach und habe das Zelt auf Feuchtigkeit kontrolliert. Die kurzzeitige Öffnung des warmen Schlafsacks ist im Diagramm erkennbar.
- Um 5:00 Uhr musste ich kurz austreten, was ebenfalls an den Messwerten erkennbar ist. Beim Verlassen des Zeltes stieg die warme Luft aus dem Schlafsacks auf, was offensichtlich zu einer Abnahme der relativen Luftfeuchte führte. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch der Dampfdruck, was ein Indiz für den nun freigesetzten Wasserdampf aus dem VBL sein könnte. Nach erneutem Schlafenlegen glichen sich die Werte wieder an. Zusätzlich habe ich vor dem Aufstehen alle Zeltwände abgetastet. In den unteren Bereichen waren die Wände völlig trocken, nur im oberen Teil minimal feucht (aber nicht nass). Um 8:00 Uhr habe ich die Wände erneut abgetastet und identische Erfahrungen sammeln können, wobei auf dem Aluminiumgestänge und auf den undurchlässigen Guyout-Points einige Wassertropfen hingen. Das DCF-eVent-Material hingegen war augenscheinlich völlig frei von auskondensiertem Wasser.
- Die Unterschiede zwischen den atmosphärischen Bedingungen am Zeltboden und in der Kuppel sind marginal. Gleichwohl erfährt die Zeltkuppel stärkere Temperaturausschläge beim Öffnen des Schlafsacks und der Zelttür.
Alles in allem bin ich äußerst positiv von der Membranleistung überrascht. In Anbetracht der Tatsache, dass die Innenatmosphäre durch den verschlossenen Lüfter nahezu vollständig von der Umgebungsluft abgeriegelt war, ist das ein hervorragendes Ergebnis. Bei geöffnetem Lüfter wären die entstandenen Wassertropfen sicherlich vollständig vermeidbar gewesen.
Die hohen (relativen) Luftfeuchten sollte keine Missverständnisse verursachen: Wenn im Außenbereich bereits 80 % Luftfeuchte vorherrschen, dann wird es für die Zeltmembran natürlich umso schwieriger, bei derart geringen Dampfdruckgefällen noch eine Diffusion zu ermöglichen. Folglich muss die Luftfeuchte auch innerhalb des Zelts weiter ansteigen, um einen ausreichend hohen Gradienten zu gewährleisten. Auffällig ist trotzdem, dass die Messung in 30 cm Höhe über dem Zeltboden nie den Sättigungsdampfdruck (= 100 % Luftfeuchte) erreichte. Dies war, wenn überhaupt, nur kurzzeitig an der Kuppelspitze der Fall. In meinem ehemaligen X-Mid Pro 1 wäre ich bei solchen Bedingungen längst gebadet worden, weil sich das Kondenswasser in der Bodenwanne sammelt. Auch empfand ich das Klima im Zelt die ganze Nacht über als sehr angenehm, was einen guten Schlaf begünstigte.
Viel wichtiger als die relativen Luftfeuchtigkeiten sind ohnehin die jeweligen Dampfdrücke. Hier fällt sofort auf, dass die Differenz zwischen Innenluft und Außenluft lediglich etwa 1 hPa beträgt - womit die Funktion der Membran bewiesen wird.

Abbildung 6: Tau bzw. Kondenswasser auf den nicht durchlässigen Flächen morgens um 8:00 Uhr
Es wäre wohl deutlich einfacher, diese Untersuchungen in einer statisch betriebenen Kühlkammer unter gleichbleibenden Temperaturen durchzuführen. Für eine erste zahlenmäßige Einschätzung hat es aber dennoch gereicht. Auch sollte ergänzt werden, dass die großen Temperaturamplituden der vergangenen Tage zu höheren Wasserdampfmengen in der Außenluft führen, als dies an kalten Wintertagen der Fall wäre. Dementsprechend pendelt sich auch die nächtliche, relative Luftfeuchtigkeit auf höhere Werte ein, als üblich.
Resümmierend lässt sich feststellen, dass das Djedi mit seinem knappen Kilo Gewicht von Zelt inkl. Gestänge und der tadellosen Verarbeitung (alles nur verschweißt, nichts genäht) trotz Single-Wall tatsächlich ein äußerst interessanter Kandidat für Wintertouren sein dürfte. Darüber hinaus führt die Simplizität des Aufbaus und die äußerst stabile Konstruktion zu positiven Überraschungen. Im Gegensatz zu herkömmlichem DCF soll das DCF-eVent keine Delaminierung erfahren, was eine lange Haltbarkeit verspricht. Ich bin gespannt...

Abbildung 7: Schön war's! 