Langzeiterfahrungen mit selbstgenähten Daunenschlafsäcken und Quilts

  • Ich möchte hier in aktualisierter Fassung meine Schlafsack- und Quiltprojekte vorstellen, von denen ich im Lauf der Jahre zehn verschiedene Modelle hergestellt habe. Über das erste Exemplar kann ich hier nicht mehr viel sagen, denn den habe ich schon vor 37 Jahren weiterverkauft. Nur so viel: Der Schlafsack bestand aus blauem Baumwoll-Inlettstoff, enthielt ein knappes Kilo Daune (1984 in Elsterwerda direkt auf der Gänsefarm erworben), hatte einen 2,40 m langen YKK-Reißverschluss, den mir eine Freundin aus dem Westen besorgt hatte und wog in Trapez-Kammerkonstruktion etwas über 2 Kilo. 1986 habe ich dem Land, in dem man Daunenschlafsäcke nur selber nähen konnte, den Rücken gekehrt und dann über 20 Jahre einen Salewa-Daunenschlafsack genutzt, der mir erst auf einer Sarekdurchquerung 2008 auseinanderzufallen begann - soviel zur Haltbarkeit von Daunenschlafsäcken. Bereits 2007 hatte ich mir für eine Kilimanjaro-Besteigung einen Mountain Equipment Classic 750 gekauft, der heute noch gefertigt wird. UL waren diese Modelle beide nicht. Was mich aber am meisten gestört hat, waren bestimmte Ausstattungsmerkmale, die so ziemlich alle Daunenschlafsäcke aufweisen, die es bis heute zu kaufen gibt. Das sind 1. der Reißverschluss und 2. der Wärmekragen - für mich völlig nutzlose Ausstattungsdetails, die den Komfort und die Wärmeleistung vermindern und gewichtstechnisch kontraproduktiv sind.

    Aus diesen Erfahrungen entstand der Entschluss, einen Schlafsack zu entwerfen, der diesen Ballast nicht hat und dafür besser isoliert. Etwas Kopfzerbrechen bereitete mir zunächst der Gedanke an den Differentialschnitt, den moderne Daunenschlafsäcke haben. Ich habe einfach darauf verzichtet - und glaube, damit gut gefahren zu sein (dazu später mehr). 2015 habe ich mir schließlich von Extex je 3 m 27g-Material für außen und 22 g-Material für innen besorgt, die es beide heute noch gibt - und natürlich 300 g polnische Gänsedaune.

    Die Konstruktion ist folgende: Der Stoff wird in eckiger Mumienform zugeschnitten und dann werden die Baffles auf den Außenstoff aufgenäht. Anschließend wird die Röhre zugenäht und die Baffle-Ringe werden an den Schmalseiten geschlossen.

    Das identisch geschnittene Innenteil wird (auf links gedreht) mit einer Moskitonetz-Baffle mit dem Außenteil am Fußende vernäht. Ein Stück bleibt offen, denn durch diesen Spalt muss die Daune eingefüllt werden.

    Dann wartet man, bis die Familie im Bett ist, bugsiert die Nähmaschine ins Bad - und dann beginnt der anspruchsvolle Teil der Arbeit. Kammer für Kammer werden die Baffles mit dem Innenstoff vernäht

    und jedesmal, kurz bevor eine Kammer geschlossen ist, werden die abgewogenen Daunen von Hand eingefüllt.

    Der Schlafsack wächst also vom Fußende zum Kopfende und erst mit der letzten Naht wird er oben geschlossen. So sieht das gute Stück am Ende aus.

    Leider sind etliche der 15 Kammern ungleich groß, weil ich bei der Fertigung die angezeichneten Kreidestriche ausgewischt habe, aber das macht nichts. Entstanden ist ein Schlafsack, der keine Kältebrücke aufweist, keine Kapuze hat und auch keinen Wärmekragen besitzt, sodass man nachts nicht aufwacht, weil man mal wieder auf dessen Tankaverschluss zu liegen kam.

    Nach ähnlichem Schema habe ich mir im Frühjahr 2017 noch einen Quilt genäht, der aus Argon 67 besteht und 200g Daune enthält.

    Der Loft fällt auch bei dem 200 g - Modell nicht schlecht aus.

    Mir war aber klar, dass ich für Winterübernachtungen noch einen weiteren Schlafsack brauche, den ich mit 750 g Daune füllen wollte. Die Daune dafür habe ich mir aus China bestellt (was ich heute nicht mehr tun würde).

    Die Hülle dieses Modells vom Herbst 2017 bestand außen aus Argon 90 und innen wieder aus Argon 67 und wurde auf gleiche Weise mit Baffles versehen.

    Diesmal habe ich auch eine Kapuze integriert und kann, wenn es sein muss, bis zur Nasenspitze drin verschwinden. Das Atemloch kann übrigens noch weiter verkleinert werden, bis auf etwa 3 cm Durchmesser.

    Die Wärmeleistung ist fulminant - bis -15 Grad bleibt man darin kuschelwarm und hat wie gesagt keine einzige Kältebrücke. Der Schlafsack wiegt knapp über 900 Gramm und ich fragte mich heute, wieso er im Vergleich zu den anderen so leicht ist. Bis mir einfiel: Ich habe hier extrem dünnes Moskitonetz für die Baffles verarbeitet, und das macht im Vergleich zum 25g-Extexnetz eben was aus.

    Im Sommer 2021 habe ich noch zwei weitere Quilts für Freunde genäht, die es ganz leicht haben wollten. Deshalb habe ich das dünnste Material benutzt, das man als Ripstop-Nylon kaufen kann.

    Drin sind wieder 200 g China-Daune, aber das Gesamtgewicht ist noch einmal deutlich geringer.

    Und auch das Packmaß kann sich sehen lassen.

    Dass sich auch das ganz dünne Material bewährt, hat sich in fünf Jahren bestätigt. Aber auch die Extex- und Dutch-Stoffe haben in knapp zehn Jahren sowohl ihre Daunendichtigkeit als auch ihre allgemeine Festigkeit bewahrt. Tipp: wenn einmal kleine Federkiele durchspießen, sollte man die nicht rauszupfen, sondern wieder ins Innere des Schlafsacks reinziehen. Bei der Daune bin ich von dem China-Produkt angenehm überrascht. Die Daunenherzen sind zwar kleiner als bei der polnischen Extexdaune, aber der Loft ist mindestens genauso gut, weil es kaum Federkiele darin gibt, von denen man in der Extex-Cumulus-Daune doch einige findet. Inzwischen bin ich allerdings der Ansicht, dass ich zukünftig auf Daune aus China verzichten möchte, weil über deren Gewinnung nichts in Erfahrung zu bringen war.

    Und was den Differentialschnitt angeht, bin ich mir sicher, dass der zwar theoretisch wünschenswert sein mag, in der Praxis isolationstechnisch aber kaum ins Gewicht fällt. Sehr wahrscheinlich hat man ohne Differenzialschnitt einen Robustheitsvorteil, denn wenn man sich mal drin räkelt, belastet man immer Innen- und Außenmaterial, sodass nur geringe Gefahr besteht, dass man den Schlafsack zerreißt. Das Rein- und Rausschlüpfen empfinde ich viel angenehmer als beim Reißverschlusseinstieg. Den habe ich bei meinen gekauften Modellen kaum genutzt - und bin so ja auch erst auf die Idee gekommen, ihn ganz wegzulassen.

    Was den Einsatz angeht, benutze ich die Schlafsäcke in der kühleren oder kalten Jahreszeit und den Quilt im Sommer.

    Zum Schluss noch ein Bild mit der von mir präferierten Nutzung.

    Was haltet ihr von dieser Lösung?

    Zur Dokumentation der neueren Quiltversionen, bei denen ich sowohl Längs- als auch Querkammern verwendet habe, werde ich später noch was sagen.

  • Danke für diesen erhellenden Einblick! Ganz ohne Reißverschluss ist auf den ersten Blick eine komische Vorstellung, aber beim Inlett funktioniert es ja auch. Nur die Anpassung an nach oben abweichende Temperaturen stelle ich mir schwierig vor, wie machst du das? Über weniger Klamotten im Schlafsack?

  • Vielen Dank für die Zeitreise und deine Erfahrungen!

    Quiltversionen, bei denen ich sowohl Längs- als auch Querkammern verwendet habe, werde ich später noch was sagen.

    Das würde mich besonders interessieren. Vor allem, wie ganz genau die Verbindung zwischen Quer- und Längskammern sowie Ober- und Unterstoff dabei funktioniert. Gibt es dabei in den Ecken manchmal kleine Löcher, die für Daunenmigration keine Rolle spielen oder kriegt man das wirklich sauber vernäht? Und wie ist die Schrittfolge dabei?

    Ich bin gespannt!

  • Danke für diesen erhellenden Einblick! Ganz ohne Reißverschluss ist auf den ersten Blick eine komische Vorstellung, aber beim Inlett funktioniert es ja auch. Nur die Anpassung an nach oben abweichende Temperaturen stelle ich mir schwierig vor, wie machst du das? Über weniger Klamotten im Schlafsack?

    Du hast natürlich Recht, dass es mit einem solchen Schlafsack schwieriger ist, einen größeren Termperaturbereich abzudecken. Mit einem Modell für Sommer und Winter kommt man damit natürlich nicht aus. Ich nutze zwei Schlafsäcke mit 300 und 750 g Daune. Der dünnere reicht bis knapp über den Gefrierpunkt, der dicke hat mich bis -15° warm gehalten. Im Sommer nutze ich Quilts mit 150 oder 200 g Daunenfüllung.

    Das würde mich besonders interessieren. Vor allem, wie ganz genau die Verbindung zwischen Quer- und Längskammern sowie Ober- und Unterstoff dabei funktioniert.

    Bei der Herstellung der Hülle ist der Bereich, in dem Quer- und Längskammern zusammentreffen nicht so einfach, weil man beim Annähen der Längskammer nicht leicht in die Ecke kommt. Die Verbindung zwischen Ober- und Unterstoff wird über H-Kammern bewerkstelligt, bei denen 5 cm breite Streifen aus Moskitonetz oben und unten angenäht werden. Von der partial-baffle-Methode, bei der keine Kammern erzeugt werden, halte ich - wie auch alle professionellen Hersteller von Schlafsäcken - gar nichts.

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