Tag 10
Ich lasse mir Zeit mit dem Frühstück, denn Wanderkollege G. wird wohl erst gegen 9.30 Uhr am Bootsanleger ankommen. So bleibe ich auch noch länger im warmen Daunenquilt liegen und kann noch ganz in Ruhe der Morgentiolette nachgehen.
Das Wetter ist wieder gnädiger und die Sonne scheint.
Gegen 9 Uhr packe ich langsam zusammen und warte am Bootsanleger auf G. Erste Herausforderung heute wird die ca. 400m lange Ruderstrecke sein, anschließend geht es weiter Richtung Vuonatjviken, einem Sami-Dörfchen. Kurz vor halb zehn höre ich stimmen, eine Dreiergruppe kommt angestürmt, schnappt sich eines der Boote und rudert los. Bleibt noch ein Boot für mich und G., bedeutet aber auch, dass wir dreimal rudern müssen, um wieder ein Boot an dieses Ufer zu bringen. Naja...
Kurz nach 10 Uhr kommt dann auch endlich G. an und wir bereiten unsere Überfahrt vor. Leider ist ein Ruderlager kaputt und ich versuche es notdürftig mit etwas Draht und Schnur zu fixieren.
Dann geht es los! Die erste Strecke übernimmt G., auf dem Rückweg bin ich an der Reihe.
Alles klappt ganz gut, ein zweites Boot konnten wir ans andere Ufer schleppen, aber zurück am Ziel haben wir Mühe beim anlanden und zuerst lande ich mit einem Fuß im Wasser, dann auch G. sogar knietief. Mit meinen Trailrunnern kein großes Problem, aber G.`s Lederwanderstiefel wird wohl noch für längere Zeit klitschnass bleiben.
Egal, los geht es! Die Ruderei hat viel Zeit in Anspruch genommen und es ist gefühlt schon Mittag. Erst geht es einige Zeit über schmale matschige Pfade durch Wald und an Seen vorbei.
Dann geht es wieder hoch ins baumlose Fjäll. Oben möchte G. in der Sonne erstmal seinen Stiefel etwas trocknen und Pause machen. Ich gehe noch weiter in der Hoffnung auf einen etwas windgeschützteren Pausenplatz, weil hier oben pfeift es mächtig. Nach 1-2 Kilometern mache ich dann einfach Pause in einer kleinen Senke und esse etwas.
Gerade als ich es mir dann noch etwas auf der Isomatte gemütlich gemacht hatte, schreckt mich der Blick über die Schulter wieder auf, da eine dunkle Wolkenfront heranzieht. Schnell packe ich zusammen und mache mich auf zum Abstieg vom Fjäll wieder runter an den nächsten Bootsanleger, da ist G. auch schon wieder in Sicht. Es geht relativ steil runter in den Wald und schließlich kommen wir an einem Seeufer in Riebnes an, wo vereinzelt ein paar Ferienhäuschen rumstehen.
Überall verstreut hängen diverse Gruppen von Wanderern ab, die auf die Fähre rüber nach Vuonatjviken warten. Aus dem einen oder anderen Smalltalk können wir entnehmen, dass die Fähre um 18 Uhr fährt. Also gut 1,5 Stunden warten, denn eine Alternative gibt es für die ca. 8km Bootsfahrt nicht.
Ein wenig mache ich mir Sorgen, ob wir alle (geschätzt 25 Leute) mit dem Motorboot rüber kommen oder ob manche auf morgen warten müssen. Nach viel Rumgesitze laufe ich noch etwas am Seeufer herum, um mir die Zeit zu vertreiben.
Endlich taucht in der Ferne ein Boot auf und legt am Strand an. Auf den ersten Blick zu klein für die vielen Leute, aber es hat so halb unter Deck einen kleinen Raum, in den erstaunlich viele Menschen reinpassen. So kommen tatsächlich alle in einem Rutsch mit rüber.
Nach einer rasanten Fahrt legen wir schließlich in Vuonatjviken an und machen uns auf den Weg ins Dorf zum "Büro" zum Bezahlen der Überfahrt. Dort kann man auch ein paar Snacks kaufen, eine Ferienhütte mieten oder auf einer Zeltwiese eine Übernachtung buchen.
Mich hat das lange Warten müde und träge gemacht, so dass ich beschließe die Nacht hier auf der Zeltwiese zu verbingen. Ein paar der neuen Bekanntschaften beschließt das Ferienhaus zu mieten und so trifft sich dort eine bunte Truppe zum Quatschen und Kochen.
Es wird ein sehr kurzweiliger und geselliger Abend, doch plötzlich ist Hiker midnight und mich zieht es ins Zelt in den warmen Quilt. Leider geht mein Wunsch nach einer baldigen Nachtruhe nicht auf, denn jetzt kommt erst so richtig Leben ins Sami-Dorf. Es wird laut Musik aufgedreht, gesungen und gesoffen. Irgendwann krame ich entnervt meine Oropax raus, damit kann ich einschlafen. Gegen 2 Uhr morgens muss ich nochmal auf Toilette und es wird immer noch gefeiert. Jemand anderes geht mit Angelausrüstung zu einem Boot und braust auf den See davon - sehr merkwürdig, diese sonnigen Nächte...