Ich finde das eine gute Idee für einen Thread. Deshalb will ich auch meine "Leiden" mit euch teilen.
Im "blauen Forum" habe ich vor einiger Zeit einen Einblick in mein Schicksal gegeben, außerdem habe ich auf meinem Blog ein bisschen was darüber zusammengeschrieben. Wen es interessiert, hier ist meine "Krankengeschichte" zu finden: https://www.wegalsziel.at/category/leukaemie/
Rein optisch würde ich vermutlich auch eher als "junger und dynamischer Vollsportler" durchgehen (vielleicht bin ich das sogar trotz meiner Leiden, das ist eben auch individuelle Ansichtssache).
Aber nun zu meinen Problemchen:
- Seit Jugendalter leide ich an einer Skoliose und anderen Rückenproblemen die sich im jüngeren Alter auch immer wieder schmerzhaft bemerkbar gemacht haben. Regelmäßige Schmerzen waren das Ergebnis. Als ich dann mit Mitte Zwanzig (ich bin Jahrgang 1985) begonnen habe etwas Sport zu machen hat sich das zum Glück gelegt. Ohne Sport und entsprechender Muskulatur hätte ich aber auch heute noch ständig Probleme. Gegipfelt ist das ganze Anfang 30 in einem starken Bandscheibenvorfall in der HWS. 6 Monate Schmerzen bis es endlich besser wurde.
- Ende 2022 habe ich dann offiziell auch einen Grad der Behinderung "verliehen" bekommen. Im November 2022 hatte ich die Diagnose Akute Myeloische Leukämie. Unbehandelt eine Todesgarantie innerhalb kürzester Zeit. 6 Monate intensivste Chemotherapie haben den Krebs zurückgedrängt und seit Mai 2023 gelte ich als in Remission. Die starke Chemotherapie hat allerdings mein Knochenmark geschädigt und bis heute hat sich meine Blutproduktion leider noch nicht normalisiert. Die Ärzte gehen dzt. davon aus, dass dies leider auch dauerhaft bleiben kann. D.h. ich bin seither immungeschwächt.
Seit der Chemotherapie habe ich mich körperlich wieder sehr gut erholt. Aufgrund der Immunschwäche leide ich aber deutlich öfters an Infekten und anderem Quatsch (z.B. Gürtelrose, Hautprobleme wie schneller Ausschläge, Sonnenunverträglichkeiten, Atemwegsinfekte, etc.). Vor meiner Diagnose war ich im Grunde max. 1 mal pro Jahr kränklich, nun viel öfters. Das führt dazu, dass ich mich eingeschränkt fühle wenn es um Touren geht. Insbesondere habe ich weiterhin Sorge vor längeren und intensiven Touren. Durch körperliche Belastung leidet ja auch das Immunsystem zusätzlich, hinzukommen verringerte Hygienemöglichkeiten, erhöhte Exposition gegenüber "fremden" Personen, etc.
Vor meiner Erkrankung habe ich sehr intensiv Ausdauersport gemacht (~3000km Traillaufen/Jahr und im Schnitt nochmals ~2000km Wandern/Weitwandern/Jahr + anderes). Natürlich habe ich immer noch einen hohen Anspruch an mich und versuche weiterhin zu trainieren. Da ich aber in recht kurzen Intervallen immer wieder krank bin, leidet natürlich auch mein Training immer darunter. Ich fühle mich also in einem dauerhaften Auf und Ab gefangen. Aufbau - krank - Abbau - gesund - Aufbau - krank - usw. Das ist etwas mühsam weil es irgendwie einem Kampf gegen Windmühlen gleicht. Außerdem leide ich schon unter der Annahme, dass lange Touren u.U. nicht mehr wirklich machbar sein werden. Klar kann ich z.B. auf einen CDT starten, aber die möglichen Konsequenzen schrecken mich schon sehr ab. Seit meiner Diagnose bin ich generell viel ängstlicher wenn es um körperliches geht (und ich war davor schon eher der vorsichtige Typ).
Im Grunde ist es trotzdem jammern auf hohem Niveau. Aber "Leid" und "Verlust" ist eben subjektiv und jeder hat einen eigenen Maßstab. Und falls sich jemand fragt wieso ich mir das "antue" und den vermeintlichen Kampf gegen Windmühlen weiter kämpfe... Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass mein Körper eines Tages auch wieder so funktioniert wie davor.
Während meiner Krankenhauszeit habe ich mich oft damit beschäftigt wie es wohl wäre wenn ich nach erfolgreicher Chemo niemals mehr Sport wie wandern oder laufen praktizieren können würde. Schon alleine bei dem Gedanken daran bin ich in Depressionen verfallen. Ich habe mich versucht damit anzufreunden auf "Zwang" neue Hobbies auszuüben. Aber singen, tanzen, malen, etc. auf Zwang auszuüben? Ich konnte es mir nicht vorstellen und dachte ich werde vielleicht ein trost- und freudloses Leben ohne Leidenschaften weiterführen müssen. Nach meiner Entlassung haben sich dann aber schnell (und ganz von alleine) neue Projekte und Wege ergeben. Z.B. haben wir eine Spendenaktion gestartet, ich habe meinen kleinen Ausrüstungswebshop Tidy Gear gestartet und auch sonst versucht meine Wanderleidenschaft anders ausüben zu können (z.B. Ultraleicht Volkshochschulkurse geben, usw.).
Was ich damit sagen will? Egal wie schlecht es das Schicksal mit einem meint. Wege und Möglichkeiten für neue Leidenschaften finden sich, wenn man sie annehmen will.
Mir war und ist es wichtig auch ein Vorbild zu sein für Personen die in ähnliche Schicksale rein stürzen. Klar ich bin ein Mensch und ich würde lügen wenn ich sage ich wäre immer positiv, alles wäre easy und alles wird gut. Es gibt für nichts eine Garantie aber man muss es zumindest versuchen. Weil wenn man nicht mal versucht hat, ist man schon gescheitert. Es gilt die eigenen Schicksale anzunehmen und einfach bestmöglich damit umzugehen. Beschweren bringt nichts, Dinge sind oft nicht umkehrbar und dann machen wir doch das Beste aus der Situation. So lange es eben möglich ist.