Vor drei Jahren habe ich mir einen Trocki genäht, der mir seither auf Paddeltouren im Frühjahr und Herbst und im Sommer auf Segeltouren ein unverzichtbarer Begleiter ist.
Zunächst gebe ich hier in aktualisierter Fassung wieder, wie der Trocki gefertigt wird. Als Referenzmodell habe ich mir einen Trockenanzug ausgesucht, der über einen Reißverschluss vom Hosenstall bis zum Halsabschluss verfügt. Warum? Ich wollte einen Anzug, der sich leicht anlegen und für alle Eventualitäten unkompliziert öffnen lässt. Der letzte Punkt war zwar von meinem alten Modell abgedeckt, das über einen Reißverschluss von Fußknöchel zu Fußknöchel verfügte. Aber die Über-Kopf-Prozedur beim An- und Ausziehen war doch immer extrem lästig. Der Anfibio Zip Suit verfügt darüber hinaus über einen nur 6 mm breiten und damit viel leichteren und flexibleren Reißverschluss, als es der übliche 10 mm-Tizip-Reißverschluss ist, den auch ich beim alten Modell verbaut hatte. Das erste Problem war die Beschaffung dieses Reißverschlusses, den es als Sonderbestellung nur bei Shelbyoutdoor gibt. Das dauerte vom 9. September bis zum 28. Dezember - no comment. Nach meiner Sonderbestellung hat Shelby diesen Reißverschluss ins reguläre Programmaufgenommen, sodass man ihn jetzt nur noch anzuklicken braucht.
Inzwischen hatte ich mir ein drei-Lagen-Laminat bestellt, das sich von den Werten her fantastisch anhört: Wassersäule 20.000mm, Atmungsaktivität 39.000 g/m/24h. Das Material des Anfibio-Modells hat eine Wassersäule von 15.000mmm und eine Atmungsaktivität von 25.000 g/m²/24h. Das Material gibt es immer noch - es kostet heute nur 25,90 € statt 19,90 €.
Die Schnitterstellung konnte ich auf kleine Anpassungen an den Bündchen reduzieren, denn ich hatte mir von meinem ersten Trocki die Schnitte aufgehoben. Das ist ein Verfahren, das ich wärmstens empfehlen kann: Hebt euch von allen Sachen, die ihr näht, die Schnittmuster auf! Als ich den ersten Trocki genäht habe, habe ich zwar nicht im Traum damit gerechnet, dass ich die jemals wieder brauchen würde, aber umso dankbarer bin ich jetzt dafür gewesen.
Das Oberteil besteht aus einem modifizierten Schnitt einer Abisko-Jacke von Shelby, den ich mir schon mal zu einer Etaproof-Jacke verarbeitet habe. Für Vorder- und Rückenteil sieht der Schnitt allerdings sechs Einzelteile vor. Wenn man die aus einem Stück zuschneidet, verbraucht man leider sehr viel Stoff - hat aber den Vorteil, dass der Anzug nur über wenige Nähte verfügt, durch die Wasser eindringen kann.
Für das Unterteil habe ich meinen normalen Hosenschnitt verwendet, den ich gleichfalls aus je einem Teil zugeschnitten habe und um einen Keil verbreitern musste, damit Jackenbund und und Hosenbund den gleichen Umfang haben.
Ein sehr spezielles Teil sind die Füßlinge, die ich aus Komfortgründen unbedingt wieder aus dem gleichen Stoff wie der Anzug haben wollte. Das ist übrigens ein Punkt, den ich heute anders machen würde als vor drei Jahren. Die Füße sind der beanspruchteste Teil des Trockis und sollten deshalb aus einem robusteren Material gefertigt sein. Da man sie einfach abschneiden und neu ansetzen kann, ist diese Verbesserung - die bald ansteht - ohne weiteres möglich.
Sie bestehen jeweils aus einem einzigen Stück Stoff, das auch nur mit einer einzigen Naht geschlossen wird. Man beginnt bei der blauen Klammer am großen Zeh, näht dann zur äußeren Ferse (pinke Klammer), setzt hier die Nadel auf den anderen Oberstoff um, näht, ohne die Naht zu unterbrechen bis zur inneren Ferse (rote Klammer) und dann nach nochmaligem Umsetzen hoch zur Wade (rote Klammer). Aus diesen Füßlingen ließen sich übrigens auch sehr einfach Daunen-Booties herstellen.
So sehen die Füßlinge fertig aus. Für die Konstruktion der 1,5 mm-Neopren-Manschetten, musste ich eine Kegelstumpfberechnung anstellen,
für die ich mehrere Anläufe brauchte, bis die Schnittmuster vorlagen. An der Stelle bedanke ich mich bei @Omorotschka, der mich mit Fotos seines Trockis versorgt und mir damit bei der Konstruktion geholfen hat!
So sieht dann die Handmanschette aus (allerdings in einer ersten Version, die ich nicht verwendet habe, weil sie zu locker saß). Nach dreijährigem Gebrauch stelle ich fest, dass auch die zweite Manschette zu locker sitzt, die deshalb demnächst gegen eine engere ausgetauscht werden wird.
Vom Zusammennähen selbst habe ich nur wenige Bilder, weil ich an der Nähmaschine in einen Flow geraten bin, den ich nicht unterbrechen wollte.
Hier ist eine der kniffligsten Nähte, nämlich die zwischen Handmanschette und Oberstoff. Mein Tipp: Glattneopren nach unten, Stichplatte mit Spucke anfeuchten, damit das Material rutscht, Obertransport ausschalten, dann klappt es!
Um die Füßlinge anzunähen, braucht man einen langen Freiarm, weil das ganze Bein drübergestülpt werden muss.
Und schon ist das Ganze fertig! Mit dem Zurückschneiden der Nahtzugaben spart man noch mal paar Gramm.
So sieht der eingesetzte Zipper im Detail aus.
Zum Abdichten der Nähte habe ich diesmal auf Nahtband verzichtet, weil ich sehr schlechte Erinnerungen an das nervige Gebügel bei meinem ersten Trocki habe. Statt dessen habe ich den Reißverschluss und die Manschetten mit Aquasure abgedichtet. Dabei muss man natürlich höllisch aufpassen, denn ein falscher Tropfen macht den Zipper unbrauchbar...
Die anderen Nähte habe ich mit einer PU-Lösung auf Wasserbasis behandelt, was zwar langwierig, aber nicht so nervig ist wie das Bügeln.
Zum Schluss wird der Zipper gefettet, der in trockenem Zustand geliefert wird.
Das Gewicht des Anzugs hat mich umgehauen!
Und klein aufrollen lässt er sich auch. Ganz billig ist er allerdings nicht geworden: die Materialkosten betragen heute ca. 200 € (davon allein 70 für den Zipper). Die Fertigung (ohne Schnitterstellung) dauerte knapp drei Tage.
Der Badewannentest, den ich vorgestern absolviert habe, verlief eigentlich zu meiner Zufriedenheit. Der Trocki bewirkt, dass man wie ein Michelin-Männchen auf der Oberfläche treibt. An einigen neuralgischen Stellen, d.h. den Nahtkreuzungspunkten, sickert nach einer Minute schon was durch, aber nachdem ich an diesen Stellen die restliche Aquasure-Tube aufgetragen habe, dürfte der Anzug inzwischen noch mal etwas dichter sein.
Das war der erste, herstellungspraktische Teil, Informationen zur Nutzung folgen demnächst.