Nachbau Exodus Sandale

  • Verehrtes Kollegium,

    diesen wunderbaren Abend möchte ich nutzen, um einmal über meine Erfahrungen mit dem Nachbau der Exodus sandals zu berichten. Inspiriert durch Diskussionen im Netz stieß ich vor einiger Zeit auf die Exodus sandals und fand das Konzept überzeugend und einfach genug, um einen Nachbau zu wagen. So habe ich mir bei Extremtextil ein paar 12mm Leiterschnallen, 10mm Polyamidgurtband und Vibram Supernewflex 6mm Sohlenplatte bestellt. Als Formschablone haben dann ein Paar Flipflops hergehalten, die Sohlendurchbrüche für das Gurtband habe ich mittels Bohrmaschine und Cuttermesser hergestellt. Das richtige Einfädeln vom Gurtband in Leiterschnallen und Sohle war dann etwas tricky und hat ein paar Versuche gedauert ;-)

    Doch dann waren sie schon fertig, Gewicht 62g pro Schlappe in Größe 42:

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    Seit der Fertigstellung habe ich sie viele Wochen im Alltag getragen, zuletzt auch auf der Urlaubs-Schwedentour.

    Die Dämpfung der 6mm-Sohle ist angenehm. Das Sohlenmaterial ist sehr weich und flexibel, so dass sich ein tolles Barfuß-Gefühl einstellt. Ich war überrascht, wie angenehm ich das finde. Inzwischen mag ich kaum noch andere Schuhe tragen. Nur bei grobem Schotter, bzw. einzelnen Kieselsteinen, kleinen Tannenzapfen o.ä. drückt es sich schmerzhaft durch. Offroad habe ich daher nun mehr den Blick auf den Boden gerichtet als vorher. Der Grip der Supernewflex-Sohle ist top. In Schweden konnte ich prima über feuchte Wurzeln und bemooste Steine klettern, da saßen meine Frau mit Meindl und mein Sohn mit Keen schon auf dem Hintern. Die Schnürung hält den Fuß auch gut auf der Sohle. Nur matschige Stellen konnte ich noch nicht testen. Auf Schotterwegen u.ä. sammelt man gelegentlich kleine Steinchen auf, die dann störend drücken. Da die Sandale aber kein klassisches Fußbett hat, fallen die kleinen Steinchen auch recht leicht wieder raus, so dass ich nur recht selten mit der Hand nachhelfen musste.

    In nasser Umgebung, z.B. bei Regen oder nach einer Furt, zeigen sich ein paar Nachteile. Zum einen nimmt die Haftreibung zwischen Fuß und Sohle ab, so dass man mehr "in der Schnürung hängt". Zum anderen dehnt sich das Polyamidband deutlich, so dass die Sandalen zu locker sitzen.

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    Wenn die Umgebung wieder trocken ist, sind die Füße auch extrem schnell wieder trocken (auch mit Socken). Viel schneller als in Trailrunnern.

    Aktuell baue ich an einem Nachfolge-Modell mit etwas steiferer Sohle und Dyneema/Kevlar-Gurtband, um die aufgeführten Schwachstellen noch auszumerzen.

  • Sandale V2.0:

    Aktuell bastele ich am Nachfolger, der eine festere Sohle bekommen soll. Ich möchte ohne Schmerzen auch mal auf einen Schotterstein treten können. Als Sohlenmaterial kommt diesmal das steifere Vibram Claw zum Einsatz. Da dieses nur 4,5mm dick ist (incl. Profil), habe ich noch zusätzlich eine zweite 1,8mm Sohlenplatte ohne Profil aufgeklebt (mit KÖVULFIX):

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    Die raue Oberfläche der 1,8mm Sohlenplatte zeigt nach oben, für guten Grip des Fußes auf der Sohle. Dann habe ich wieder mit meinen Flipflops die Umrisse aufgezeichnet:

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    Und dann mit einem scharfen Cuttermesser ausgeschnitten:

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    Dann wurden die Durchbrüche für die Riemen angezeichnet, jeweils Anfang und Ende des Durchbruchs ein Loch gebohrt und dann mit dem Cutter ausgeschnitten:

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    Schließlich habe ich noch die Profilnoppen neben den Durchbrüchen weggeschnitten, um das Gurtband später möglichst gut im Profil "einzubetten" und vor Abrieb zu schützen.

    Die Waage offenbarte dann aber den großen Nachteil meiner Materialwahl: Eine Sohle wiegt etwa 150g bei Größe 42, gut doppelt so viel wie bei der Supernewflex-Sohle. Ich bin gespannt, ob die zusätzliche Robustheit das Gewicht für mich wieder aufwiegt. Immerhin werden die Sandalen dann immernoch nur die Hälfte meiner Trailrunner wiegen...

    Auf der Suche nach geeignetem Gurtband, das robust ist und keine Nässedehnung aufweist, wurde mir das 10mm Rollladenband aus Dyneema und Kevlar empfohlen. Dieses habe ich mir dann auch bestellt und nun eingefädelt:

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    Beim Polyamidband konnte ich mit Hilfe eines Feuerzeuges eine Art Pilzkopf anschmelzen, der das Durchrutschen verhindert. Dies geht nun nicht mehr, insbesondere die Kevlar-Faser schmilzt überhaupt nicht, sondern verkohlt nur. Hier musste ich mir also etwas anderes einfallen lassen. Schließlich habe ich mir aus Krampen einen kleinen offenen O-Ring gebogen und geschnitten, den ich dann wie eine Crimpung um das Gurtband gequetscht habe. Ich hoffe, das hält...:?

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    Das überstehende Band habe ich dann etwa 2mm über dem Quetschring abgeschnitten und die Dyneemafasern angeschmolzen und an den Ring festgedrückt.

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    Fertig sind die neuen Latschen! 155g pro Stück sind es geworden.

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    Erster Praxistest:

    Heute bin ich dann mal ein paar Stunden mit den Sandalen rumgelaufen, u.a. auch ein paar Kilometer Schotterwege.

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    Die gute Nachricht zuerst: Durch die festere Sohle werden einzelne Schottersteine, Kiesel o.ä. entschärft. Trotzdem merkt man die Untergrundbeschaffenheit noch ziemlich deutlich. Der Grip scheint auch top zu sein. Das Band fühlt sich angenehm glatt und geschmeidig an.

    Nun die Kehrseite der Medallie: Es läuft sich recht hart und ungedämpft, mehr wie mit Brettern unter den Füßen. Die Sohle schmiegt sich nicht so schön an den Fuß an, so dass man mehr "Schlappt" und mehr auf der Sohle rumrutscht. Das könnte langfristig Blasen provozieren.

    Unter dem Strich überwiegen für mich die Nachteile. Die etwas bessere Abdämpfung unangenehmer Untergründe ist mir der Verlust an Geschmeidigkeit und Dämpfung und insbesondere auch das deutlich höhere Gewicht nicht wert. Meine Wunschvorstellung wäre also eine 6mm Supernewflex-Sohle mit grobem Profil, in das die Gurte besser eingebettet werden können. *träum*

  • Danke für die Vorstellung!

    Ich habe Sandalen (einfach mit Anti-Rutsch-Gummi an der Nähmaschine genäht, 98g bei Gr. 41) aus der 4mm Supernewflex und dann noch zwei Paar mit der Claw (Huaraches mit Gummischnüren und Trekkingsandalen, für die ich kurzerhand die alten Tevas auseinandergeschnitten und deren Schnürung mit der Claw-Sohle vernäht habe), weil ich der Supernewflex nie viel Grip zugetraut habe. Interessant, dass sie es doch zu haben scheint. Mit der Tevaschnürung habe ich auch schon kleinere Wanderungen mit Rucksack (ca. 10kg) gemacht, das hat sehr gut funktioniert. Da ich damals ansonsten hauptsächlich richtig barfuß unterwegs war, hat mich die fehlende Dämpfung und die Schotter"durchstiche" (weniger als bei der Supernewflex 4mm) nie gestört. Gib der Claw pur ruhig eine Chance - vielleicht kannst du die aufgeklebte Sohle wieder ablösen?

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