Nachdem der Soonwaldsteig schon ewig auf der To-Do-Liste steht, hatte ich vergangene Woche Zeit und Lust den Soonwaldsteig zu laufen, der ja quasi bei mir ums Eck liegt. Abends fix den Rucksack gepackt, morgens nach dem Frühstück auf dem Weg zur Bahn noch kurz beim Bäcker vorbei und das kleinste, kompakteste Brot gekauft, dass es gab.
Ab in einen völlig überheizten RE und los geht's!
Gut eine Stunde später stehe ich gegen 10 Uhr bereits in Kirn am Bahnhof. Als ich den Zug verlasse ist es grau und der erste Gedanke: Mist, es ist sau kalt und ich hab zu wenig Kleidung dabei! Schnell die Windjacke drüber und das Buff um den Hals und zum Startpunkt auf dem Marktplatz.
Auch wenn es frisch ist, war der Kälteschock nur durch langes herumsitzen im viel zu warmen Zug, sobald ich mich bewege ist es warm genug. Nach den ersten Metern durch Kirn geht es direkt ein bisschen bergauf und man wärmt sich gut auf, die Hoffnung auf Aussichten schwindet dagegen im Nebel dahin.
Trotz dem grauen Wetter sind die Herbstfarben wunderschön (die Handykamera schafft es nicht so ganz das abzubilden). Bei Hahnenbach quere ich die Straße und bleibe ein Stück auf dem Asphalt, da der Weg parallel durch den Matsch führt. Kurz danach kann ich an einem "offenen Wasserhahn" am Haus Neumühle meine Flasche füllen, bevor es steil bergauf in Richtung Schmidtburg geht.
Durch zwei alte Tunnel läuft man in einer großen Schlaufe um die imposante Burg, bevor man an einem Bergwerk-Besucherzentrum und einer rekonstruierten Keltensiedlung vorbei läuft. Zu meiner Überraschung hat das Besucherzentrum sogar geöffnet und ich habe genau 3€ in Münzen dabei, die ich effizienter mit mir herumtragen könnte, so dass ich das Geld gegen die einzigen Sonnenstrahlen des Tages tausche. Frittierte Kartoffelstäbchen sind zumindest nah genug dran.
Weiter schlängelt sich der Weg durch den Wald am Fluss entlang, auf Hügel hoch und über Wiesen in einer großen Schlaufe zum eigentlichen Hunsrück-Kamm. Gegen 15 Uhr stehe ich dann im Nebel an der Teufelshütte. Die Hütte ist ziemlich schick, es gibt Licht und sogar die Möglichkeit sein Handy an einem USB-Port zu laden! Die Chance nutze ich natürlich und plane den weiteren Tag ein wenig. Ich möchte noch zur Burg Koppenstein laufen, die allerdings nur 9km weiter liegt. Ich bin ganz grundsätzlich zur Zeit nicht sonderlich fit und trainiert, möchte es also auch nicht übertreiben, laufe ich aber so weiter bin ich um 17 Uhr dort und wüsste nichts mit mir anzufangen als im kalten Nebel zu sitzen und zu warten, bis ich irgendwann einschlafen könnte. Also mache ich es mit in der Teufelshütte gemütlich und verbringe eine gute Stunde dort, lade das Handy komplett auf, mach mir einen heißen Tee und lege die Beine hoch.
Als ich die Hütte gegen 16 Uhr verlasse wirkt es bereits als dämmert es schon. Alles ist im düsteren Grau versunken. Aussichten gibt es entsprechend von diesem Teil keine, aber die Stimmung ist dennoch schön. Ich denke an irgendeine Mischung aus der Landlust Herbstausgabe und einem Horrorfilm
Gegen 18 Uhr komme ich dann bei einsetzender Dunkelheit auf Burg Koppenstein an. Auf den letzten Kilometern rechnet mein Kopf durch, dass ich ja auch einfach noch ein bisschen im Dunkeln laufen könnte, bis 20 Uhr etwa dann wäre die Hälfte des Steigs geschafft und ich könnte am nächsten Abend schon wieder nach Hause fahren. Auch wenn es tagsüber sehr schön ist, merke ich, dass ich die frühe Dunkelheit nicht sonderlich mag, wenn ich alleine unterwegs bin. Der Gedanke ohne Beschäftigung zu warten bis ich schlafen kann macht keine Freude. In einer Gruppe würde man sich gemütlich zusammensetzen und quatschen und vielleicht was schönes kochen - da geht die Zeit schnell bis man ins Bett kann.
Als ich in die Burgruine einlaufe, und mir die Gedanken noch durch den Kopf rollen, steht Plötzlich jemand mit Kamera vor mir, der sich ein wenig erschreckt als ich ankomme. Ein Wanderer aus Berlin, der eigentlich noch 5km zum nächsten Trekkingcamp wollte, das aber nicht mehr geschafft hatte. So hatte ich doch etwas Gesellschaft und wir blieben in der Schutzhütte der Burg. Er hatte die Nacht davor auf der Schmidtburg verbracht und meinte, dass er nicht mehr als 15km/ Tag schafft, obwohl der Rucksack inzwischen keine 20kg mehr wiegt. Ich weiß nicht, ob er noch anderes Essen dabei hatte aber es gab abends und morgens nur Trekking-Mahlzeit aus dem Outdoorladen und Instantkaffee, wofür ein großer Jetboil ausgepackt wurde. Mein Dosenkocher produzierte ebenfalls heißes Wasser: abends für Tee und morgens für frischen Kaffee (Cowboykaffee ist immer noch um Welten besser als Instant!). dermuthige traf ihn wahrscheinlich am nächsten Tag ebenfalls noch.
Die Nacht war finster und lang, in der dunklen Hütte merkte man die morgendliche Dämmerung kaum, so dass ich tatsächlich bis 9 Uhr schlief, eher ungewöhnlich, aber passt mir gut in den Kram. Nach besagtem Kaffee verabschiede ich mich von dem anderen Trekker und ziehe erneut erst gegen 10 Uhr los in den Nebel, während etwas später tatsächlich die Wolkendecke etwas aufreißt und nach einiger Zeit kleine Fetzen blauer Himmel zu sehen sind!
Das Wetter an diesem Tag ist ziemlich perfekt: goldener Herbst! Die Sonne scheint ab Mittags und das Herbstlaub leuchtet. Die Kilometer flossen dahin und ich kam gut gelaunt voran. Ein paar Abschnitte sind über Waldautobahn, was mich aber gerade wenig stört
In der MIttagspause kann ich sogar den Schlafsack kurz in die Sonne legen und auf einer schönen Bank essen. Gefühlt scheint die Sonne aber jetzt schon unter zu gehen.
Während der Pause gehe ich meine Optionen für die Nacht durch und merke, dass es gar nicht so einfach wird. Laufe ich zu wenig bin ich an der Autobahn bei Rheinböllen, danach ist alles voller Windräder, unter denen ich nicht unbedingt nächtigen möchte und kurz darauf beginnt die Steckenschläferklamm (Naturschutzgebiet) und der Binger Stadtwald. Kurzerhand buche ich Online also einen offiziellen Trekkingcamp Platz an der Lauschhütte für 10€.
Der Rest des Tages bleibt wenig spektakulär, aber hübsch. Nur das Kreuzen der Autobahn ist unangenehm, jedoch kommt man direkt an der Raststätte vorbei, aber der man sein Wasser füllen kann und bei Bedarf noch Snacks oder Getränke kaufen kann. Hinter der Kläranlage durchs Gestrüpp parallel zur Autobahn, bevor man endlich durch einen Tunnel kann und auf der anderen Seite des Tals wieder aufsteigt. Hier merke ich, dass ich mein Stofftaschentuch verloren habe und ärgere mich darüber. Vermutlich ist es an der Raststätte rausgefallen, an der ich Wasser aufgefüllt habe und nur schnell wieder weg wollte.
Also geht es in der scheinbar ewig untergehenden Sonne weiter in Richtung Lauschhütte, durch dir Windräder und schönen Wald.
An der Lauschhütte selbst wird mir klar, dass auch hier keine anderen Wanderer anwesend sind. Ich stelle mein Tarp unter einen Baum auf der zugewiesenen Wiese und gehe erstmal in den zugehörigen Gasthof. Die Bedienungen sind nett und lassen mich sitzen bis sie schließen müssen, auch mein Handy wird mir freundlicherweise noch einmal aufgeladen. Als der Gasthof gegen 21h schließt liege ich erst kurz im Zelt, bevor ich auf Toilette gehe: Im hinteren Teil des Gasthofes ist die Toilette für Übernachtungsgäste durchgängig geöffnet. Hier ist es nicht nur warm, sondern es gibt WLAN, einen Stuhl und eine Kleine Tee/ Kaffee Station mit einem Wasserkocher Schnell ist mit klar, wie ich den Rest des Abends verbringe, bis ich müde genug werde um schlafen zu gehen.
Die Nacht ist frisch, aber ich schlafe relativ gut. Nur ein Selbstbedienungsautomat mit offenbar überdimensionierter LED-Beleuchtung strahlt die neblige Nacht sehr hell. Morgens geht's einfach nochmal rein an die kleine Tee/ Kaffeestation und ich mache mir meinen Kaffee mit dem Wasserkocher. Leider ist heute der Magen irgendwie flau, so dass die letzten 20km nach Bingen nicht mehr viele Fotos entstehen, aber sei's drum.
Den Aussichtsturm zu erklimmen habe ich mir auch gespart
Mit Nebel, der von den Bäumen tropft ging es dann nach Bingen, wo der Weg bis aufs Bahngleis ausgeschildert ist und dort abrupt endet. Leider keine hübsche Säule oder Plakette oder sowas. Immerhin hat die kleine Wartehalle geöffnet, so dass ich nicht in der Kälte auf den Zug warten muss um nach Hause zu fahren.
Blick auf Bingen
Fazit:
Ein Fazit? Naja irgendwas lernt man ja aus jeder Tour. Auch wenn mir die Tour großen Spaß gemacht hat, würde ich es bevorzugen Touren mit so viel Dunkelheit in Zukunft in Gesellschaft zu laufen. Alternativ müsste ich mir zusätzlich was warmes einpacken und mich den Abend beschäftigen (was wiegt ein Gameboy eigentlich ). Oder wieder derart fit werden, dass ich ohne viele Pausen bis 22h laufen kann. Der nachfolgende Muskelkater zeigte mir deutlich, dass ich von dem Level wieder weit weg bin. Knapp 2 Jahre Schreibtischjob haben nicht geholfen und die letzten zwei Monate reisen waren auch eher mit ner Menge sitzen verbunden.
Ausrüstung:
Natürlich ist der einzig relevante Punkt, wie hoffentlich allen hier klar ist, das Baseweight, das als alleiniger Faktor über den Erfolg einer Tour bestimmt. Das BW lag 220g oberhalt der US-Amerikanisches Definition von SUL (5lbs/ 2268g), somit war die gesamte Tour ohnehin hinfällig und verliert sich hiermit in Bedeutungslosigkeit. Hätte ich mir die Metrische Grenze von aufgerundeten 2,5kg aussuchen können, wäre das anders gelaufen, aber das wäre ja geschummelt! (Achtung Sarkasmus).
- Die Kombi aus Shorts und Windhose war erstaunlich gut, hätte ich aber gewusst, dass ich das durchgängig trage, hätte ich einfach eine lange Wanderhose angezogen.
- Ein dünnes Fleece wäre ebenfalls noch gut gewesen, aber Merino-Longsleeve mit Windjacke macht schon gut was her.
- Die Luftmatte ohne Füllung war tatsächlich der einzige Schwachpunkt, aber mit dem Wissen, dass ich relativ sicher in Sheltern schlafen wollte, war es dennoch ok. Ich habe nachts nicht gefroren, aber trotzdem gespürt, dass es von unten kühl wurde. Meine TaR Ridgerest wäre mit ähnlichem Gewicht vielleicht die schlauere Wahl gewesen, aber das Packmaß nervt mich immer so.
- Über den Trekkingstock war ich sehr froh, der Steig ist teils unwegsam und bei den An- und Abstiegen hilft es doch immer wieder. Zusätzlich lassen sich damit Matschlöcher testen, ob man drauf laufen kann oder bis zum Knöchel einsinkt. Sehr praktisch.
- Wer wissen möchte was in dem kleinen Lila Rucksack war: Klick
EDIT: Ich hatte zum Start in Kirn ziemlich genau 1,9kg Essen im Rucksack, zzgl einem Apfel, der es aber aus der Ortschaft nicht rausgeschaft hat. Mit einer vollen Flasche Wasser (900er Evernew) also 2,8kg, macht ein Rucksackgewicht von 5,3kg beim Start. Sehr erträglich.
Der Soonwaldsteig ist echt eine hübsche Tour und ich werde sicherlich wiedermal dort unterwegs sein wollen. Vielleicht im Sommer Mit nur 85km Länge und guter ÖPNV-Anbindung ist das eigentlich echt eine Optimale Wochenendroute für mich.