Weiter geht's in's Prenj.
Nachdem wir in Ravna Wasser aufgefüllt hatten, kam das unvermeidliche, wenn man sich im Tal befindet und der Aufzug kaputt ist
Über 1600hm verteilt auf stramme 7km - immer auf dem Bergrücken hinauf - man gönnt sich ja sonst nichts.
Einerseits verfluchten wir den eine ganze Weile lang ziemlich zugewucherten Trail voller morgendlicher Spinnennetze - andererseits - ohne den Schatten der Bäume hätte das ganze bei mehr und mehr praller Sonne noch mal deutlich weniger Spaß gemacht als ohnehin schon.
Dementsprechend reichte es zwischen dem vormittäglichen Geschufte ohne weitere Vorkommnisse oder auch nur Ausblicke auch gerade mal für ein einziges Foto.
An der verschlossenen Hütte (Schlüssel Versteck wird wohl bei Anruf - und wir auch immer man eine Gebühr entrichtet - verraten) machten wir Pause und füllten nur so halb überzeugt unser Wasser am Regenwassersammeltank auf, über den dir meisten Hütten im Wasserarmen Karst der Region verfügen. Meistens ließ es sich jedoch vermeiden, auf diese für uns eher Fallback Lösung zurückzugreifen - und vertragen haben wir das Wasser auch durchweg.
Irgendwann stand plötzlich eine einsame Wanderin vor uns, die aus der anderen Richtung kam - und auch als deutsche - und bis zur Grenze nach Montenegro als einzige VD Wanderin entpuppte.
Ein bisschen Austausch über das zu Erwartende in beiden Richtungen - und dann ging es auch schon weiter zum spannenden Teil des Aufstiegs - in die Hochebene des Prenj.
Wirklich spektakuläre, weite Landschaft in der Nachmittagssonne - und wieder einmal völlig einsam. Zudem wieder ganz anders als noch im Blidinje.
Das erste Minengebiet - sowohl mit Schild, als auch in OSM verzeichnet. Wir fanden allerdings kein zweites Schild, was den Anfang des Feldes am anderen Ende ankündigte, aber wir kamen ja zum Glück aus der 'richtigen' Richtung
Gen Abend wurden die Campstellen wieder rarer - die ersten Quellen, die endlich wieder verzeichnet waren, waren allesamt trocken - also weiter zur nächsten Hütte mit Quelle.
Kurz vor der Hütte war ein alternatives Wegstück mit Nachdruck verblockt - das war dann schon eindrücklicher als das Schildchen, das eher danach klang, aus könne man Minen dort eben nicht ganz zu 100% ausschließen.
Auch die Quelle unterhalb der nächsten Hütte tröpfelte nur noch minimal, es blieb abermals nur der Regentank der Hütte - diesmal wenigstens isoliert und im Boden versenkt und nicht in der prallen Sonne wie mittags.
Die Hütte war von ein paar älteren Herren aus der Gegend belegt, die von hier aus wohl ein paar Gipfeltouren machten.
Kommunikation mit translate, Händen und Füßen mühselig - und so richtig einladend, uns zu sich herein zu bitten waren sie nicht, also machten wir draußen Quartier.
Schmunzelnd musste ich an die Schilderungen der Wanderin von mittags zurück denken, wir hilfsbereit doch alle wären - selbst Essen gab sie uns noch mit, weil sie viel zu viel von anderen auf dieser Hütte hier mitgegeben bekommen hatte. Ob es sich wohl um die selben Herren handelte?
Es war lange nicht so frisch wie die Nacht zuvor, obwohl die Nacht klar war, aber die Hütte lag etwas erhöht und die Feuchtigkeit sammelte sich wohl unten bei der Quelle. Aufbauen, kochen Sterne gucken - und dann ab in die Hängematte.
Die Nacht blieb deutlich wärmer, was eindeutig der leicht erhöhten Lage zuzurechnen war, wie wir alsbald erfahren, als ein noch sichtlich vom einer kalten, feuchten Nacht gezeichneter, etwas älter nicht ganz so wanderaffiner, etwas gemütlicher Partner und kurz danach die wanderbegeisterte, drahtige, weibliche Gegenstück zu uns aufsteigen, deren Nacht des Morgens daher verfrüht endete.
Wir frühstücken und packen im Multitasking Modus und können so - mit Wasser aus dem Regentank für mehr oder minder den ganzen Tag bepackt noch im Schatten der Gipfel den ersten Anstieg machen.
Ich weiß gar nicht mehr, woran es lag, aber so richtig auf 100% war der Akku bei uns beiden nicht. Wir entscheiden uns gegen die extra Runde über das steile Gipfel Dreigestirn Otis (2097), Zelena Glava (2115) und Botini (2115) als uns am Pass die Sonne mit bereits ordentlich Kraft begrüßt. Der lange Abstieg bis zum boracko See, über 35km und 2000m runter, zum Großteil Baum- und schattenlos und ohne zuverlässige Quellen auf einem weiten Teil der Strecke wird noch fordernd genug.
Der Gipfelschlenker - auch vom Lager aus beeindruckend genug
Wir entscheiden uns abweichend von der VD Etappe für eine andere, direkterr Route über den Glavica, den uns auch das Paar vom morgen empfohlen hatte.
Gut zwei Drittel lang genießen wir weiter die Landschaft des Prenj, bis er das letzte Stück etwas schotterig, serpentinig gen Zivilisation geht.
Als der boracko See am Nachmittag aus der Höhe zum Greifen nah scheint, wähnen wir uns schon alsbald im kühlen Nass, etwas entspannen, Energie tanken - und den halben, dort verzeichneten Laden leer kaufen. Zumindest, was Eis und kühle Getränke angeht.
Aber wie so oft täuscht der Anblick über die noch beträchtliche Höhe hinweg, der Weg schlägt noch etliche Bolten um den halben See herum - und zuguterletzt ist der letzte Abstieg zum See wie im gpx Track verzeichnet in der Böschung zunächst nicht einmal findbar.
Vermutlich nehmen viele, die der VD folgen schon im Südwesten den Abstieg zum See und sparen sich die Runde im Uhrzeigersinn bis zum Nordosten.
Da die Alternative, einer viel (und schnell) befahrenen Art Bundesstraße zu folgen ebenso unbehaglich erscheint, suchen wir noch eine Weile weiter - und finden schließlich einen alten Pfad, der traumhaft mit allem zugewuchert ist, was dornt und brennt
Es zieht sich, es nervt, es peinigt - die tiefstehende Nachmittagssonne brät uns einseitig - aber irgendwann sind wir deutlich zerschundener als erwartet endlich unten.
Von Norden, an noch erstaunlich wenig sanierten Häusern, dafür erfreulich viel Obstbäumen vorbei, kommen wir an den nördlichen der zwei Campingplätze am Ostufer.
Wir genehmigen uns am Eingang und Mini Kiosk, der kaum noch in Betrieb scheint (aber sich als der einzige auf OSM verzeichnete Laden entpuppt, auf den wir zum resupply gebaut hatten) beim netten Platzwart direkt ein Eis. Eher zufällig dadurch zahlen wir nicht direkt für einen Platz, sondern schlendern mit dem Eis erst einmal über den Platz, im zu schauen, ob sich ein Fleckchen - und vielleicht sogar ein Hangplätzchen findet. Der Platzwart meinte zwar, es ist jede Menge Platz, schließlich sind gerade alle nach dem Wochenende abgereist, aber irgendwie obsiegt wohl mein 'checking, just in case' Drang.
Beim ersten Dauer-Camper, der direkt vor seinem Caravan ein recht großes, offenes Feuer brennen hat, schauen wir uns noch kurz gegenseitig an. Andere Länder... Dauercamper haben bestimmt Narrenfreiheit...
Aber kaum ein paar Schritte weiter, geht es munter so weiter. Feuer hier, irgendwelche riesenhobos da, improvisierte Grills dort. Der eigene Nachwuchs sitzt im Kinderwagen im vollen Dunst des eigenen Ofenrohrs, campiert wird dicht an dicht - nicht bis an, nein, bis auf den Stand. Nicht nur beim Feuer herrscht ein reger Wettstreit, auch Musik schallt aus jedem einzelnen Autoradio. Blendet man den Umstand aus, dass sie Gefährte motorisiert sind (was schwer ist, schließlich laufen genügend Motoren) - und der überall herumliegende, sofern nicht verbrannte Müll eindeutig von unserer heutigen Zivilisation kündet, muss sich so ein Wikingerlager angefühlt haben.
Völlig klar - wir ziehen weiter zum anderen Campingplatz - fester als jetzt kann man Daumen kaum drücken, dass der eine bessere Option ist. Links der See - rechts steigt das Tal steil an - und weiter kommen wir heute beim besten Willen nicht mehr großartig.
Als wir dort ankommen, können wir unseren Augen kaum trauen. Weitläufig, kaum Leute, direkt am Strand ein paar Tische und eine Bar, aus den Lautsprechern säuselt entspanntes easy listening .
Kneif mich! Die Fata Morgana der Campingplätze ist echt!
Wir rätseln noch eine Weile, was in aller Welt einen absichtlich auf den anderen Campingplatz treiben könnte, die nette Betreiberin rollt auch nur die Augen, wie wir berichten, von dort zu kommen.
Ein Sprung in den hübschen See (die Rauschschwaden vom ersten Platz sind auch aus der Ferne über den See noch sichtbar), kühle drinks - eine echte Dusche - Sachen öffentlich durchspülen, WLAN - paradiesisch. Dann geht's auf in Richtung Restaurant und weiterem Laden, der in bester Tante Emma Manier alles (oder eher wenig, aber ausreichend) bereit hält, was wir für die nächsten Tage benötigen.
Oh - und die Sichtung eines echten Yugo! https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zastava_Yugo
Das Essen im Cafe und Restaurant (ja, es wird auch am späten Abend noch reichlich Kaffee im Cafe verzehrt) ist unerwartet gut, tib läuft mit der Speisekarte amok, wir sind seelig.
Wieder am Campingplatz angekommen fällt uns auf, dass die LED Scheinwerfer, die unsere Ecke beleuchten noch immer an sind, weit und breit aber niemand der Betreiber mehr.
Die eine Stimme im Kopf sagt, die werden bestimmt irgendwann automatisch aus gehen. Die andere improvisiert aus den Nylonsocken-Schultergurttaschen schon mal eine Schlafbrille - und so dämmern wir bald in einen herrlich festen Schlaf.