17. Tag - 26.08.2020 oder der Tag der tausend Flüche
Von Piamprato nach Ronco via Colle delle Borra
16.9 Kilometer, 1199 Höhenmeter, 6 Stunden 30 Minuten
Eher spät erwachte ich erst kurz nach 7 Uhr. Zuerst mal ganz gemütlich und langsam aus dem Quilt geschält und den Tag mit einem heissen Kaffee begonnen. Es war noch etwas frisch, aber keineswegs kalt. Kein Wunder auf 1500 m.ü.M.
Morgenstund hat Kaffee im Mund und nichts anderes...
Kurz nach 8 Uhr mache ich mich erneut auf den Weg nach Pimprato. Das Dörfchen schlief und ich füllte meine Wasserflaschen am Brunnen, nahe des Posto Tappa auf.
Die ersten Meter auf dem Weg waren ideal zum Einlaufen. Leider auf der, zwar nur wenig befahrenen Strasse bis zur ersten Alp.
Mittlerweile vermochte auch die Sonne über den Bergkamm und so verschwanden bereits meine Regenjacke (häufig in der Funktion der Windjacke) und die Windhose im Rucksack. Bewusst habe ich in den Saum der beiden Beine einen Gummi eingezogen um die Hosen auch einfach über die Knie ziehen zu können. Wenns aber wirklich warm wurde, also praktisch täglich, musste die Windhose ganz weg und ich lief ich den kurzen Laufhosen, aus welchen ich die Innenhose rausgetrennt hatte. Würd ich übrigens wieder so machen.
Aber zurück zum Weg, welcher sich langsam aber stetig in die Höhe schraubte. Schon bald kamen mir zwei Älpler mit einem Hund und Mula/ Muli (Maultier oder Maulesel) entgegen. Dieser war gut bepackt und musste die ganze Arbeit leisten. Dies trotz der modernen Materialseilbahn über unseren Köpfen. Solche Lastentiere sehe ich zu Hause extrem selten.
Piamprato. Im rechten, oberen Bildbereich habe ich übernachtet
Der Wald gab einige Male den Blick zurück nach Piamprato frei. Die nächsten Stunden sollte ich übrigens keine anderen Menschen sehen. Alle anderen GTAler die ich traf, übersprangen diese Etappe ohnehin mit dem Bus was auch der Rother empfiehlt.
Um 10:30 Uhr, knappe 75 Minuten unter dem Colle delle Borra wars Zeit fürs Frühstück. Oder ist das nun bereits Mittagessen? Egal, ich essen wann ich hungrig bin und jetzt hatte ich Lust auf mein tägliches Müsli. Anfänglich hatte ich dafür noch Milchpulver. Nachdem dieses aber zu Neige ging und Nachschub nicht aufzutreiben war, ass ich dieses halt einfach mit Wasser. Geht auch. Sehr selten gönnte ich mir mal ein Joghurt. Das Gewichtsargument zieht nun wohl nicht, habe ich doch gestern mein leeres Pestoglas entsorgt
Frühstück
Kurz vor 12 erreichte ich den Pass, welchen einen herrlichen Blick auf die teilweise schneeverhangenen Gipfel freigab. Ich war glücklich einen weiteren Pass erreicht zu haben. Auch war ich etwas stolz die Etappe geschafft zu haben, trotzdem der Rother davon abriet. Nur wusste ich jetzt noch nicht, was heute noch auf mich zukommt. Eieiei!
Colle delle Borra
Abstieg vom Colle delle Borra
Leider bemerkte ich erst später zu Hause, dass hier oben noch das Santuario San Besso zu besichtigen gewesen wäre. Ärgert mich nun etwas, aber leider war dies vor Ort und im Rother auch nirgends angeschrieben und von oben ist lediglich ein Bildstock oder ähnlich zu sehen. Schade aber ist halt so.
Nachdem ich den Pass so schnell erreichte, zog sich nun der Abstieg ins Valle di di Campiglia ganz schön in die Länge. Das verlassene Grand Hotel, dessen Namen ich leider vergass, ist schon aus der Ferne zu sehen.
Ab Campiglia Soana wurde der Weg dann deutlich mühsamer. Zu Beginn noch einigermassen signalisiert wurde es immer mühsamer und teilweise musste ich mich durchs Unterholz kämpfen, da ich den Weg entweder verloren habe, oder dieser schlicht nicht mehr existierte. Das erste Mal auf dieser Tour war ich echt genervt und fluchte wie ein Rohrspatz. Am liebsten hätte ich den Rother in den Wald geschmissen. Mich nervte der nicht signalisierte Weg und das in meinem Wanderführer die Empfehlung stand die Route einfach mit dem Bus zu umfahren. Habe ich einen Wanderführer oder das Kursbuch für den ÖV gekauft?
Irgendwann stiess ich wieder auf einen Weg und Markierungen und erreichte endlich die Franzione Chiesale. Auf der Strasse hätte ich nicht den Bruchteil der Zeit benötigt.
Den Brunnen am Ortsrand (häufig noch mit alten Waschbrettern) nutze ich um gleich einen Liter Wasser auf Ex nach hinten zu kippen. Durch den GTA Wegweiser hellte sich meine Stimmung wieder etwas auf.
Also weiter gehts durchs Dorf. Doch auch dieser Weg endete abrupt an der Umzäunung einer grossen Baustelle. Die Renter welche in der Nähe das schöne Wetter genossen waren leider keine wirklich Hilfe für die Wegfindung. So kehrte ich um und suchte einen anderen Weg, der wiederum an der Baustelle endete. So lief ich kurzerhand auf der Zufahrtsstrasse zur Hauptstrasse und stiess auf eine Notiz am nächsten Wegweiser.
Info sogar auf Deutsch. Wow!
Durch die ewige Wegsuche zuvor war ich müde und entnervt und hockte mich erst mal hin und machte direkt an der Strasse eine Pause. Soll ichs via dem Weg versuchen, oder wirklich die Strasse nehmen? Für heute hatte ich genug experimentiert und wählte wie geheissen die Strasse nach Ronco.
Die wenig befahrene Strasse führte mich durch die schönen Gassen von Valprato Soana. Am Ortsausgang wählte ich erneut den Wanderweg um nach Ronco zu gelangen. Der zog sich nochmals ganz schön in die Länge und spuckte mich nach Ronco wieder aus, wo ich durch den schönen Park zurück ins Dorf gelang. Ich war echt müde und streifte etwas durchs Dorf. Das örtliche B&B ist übrigens dauerhaft geschlossen. Es gibt (Stand August 2020) also keine Unterkunft in Ronco. Dafür existiert neu ein Bankomat welchen ich aber im Moment nicht brauchte, da ich noch etwas an EURO hatte und ohnehin so oft wie möglich meine Kreditkarte einsetzte.
Ich beschloss den Ärger der heutigen Wegfindung mit einem Bier und leckeren Essen runter zu spülen und deckte mich im kleinen Supermarkt (die Auswahl war echt dünn, aber das nötigste vorhanden) mit einigen Leckereien fürs Abendessen und die kommenden Tage ein.
Dann setzte ich mich im nahen Park auf eine Bank und konnte, dank dem nahen WLAN mal wieder mit meiner Partnerin telefonieren/ schreiben. Schlechtes Signal ist immer noch besser als kein WIFI Der Ärger des heutigen Tages verflog so schnell wie er gekommen war.
Im Anschluss gings zurück zum Park am Ortsrand. Die schöne Wiese und die vielen Bänke waren wie geschaffen zum dort übernachten.
Nachtlager am Ortsrand von Ronco
Zuerst aber noch das obligate Bad und Kleiderwäsche im nahen Fluss. Das offenbar ganz zur Belustigung einiger weniger Tagesausflügler.
Da der Fluss eine starke Strömung und die Felsen teilweise rutschig waren, musste ich vorallem auf meine Kleider und mich aufpassen. Nicht ganz ohne, aber das Bedürfnis nach etwas Frische überwog nach dem heutigen Tag doch deutlich.
Jetzt noch die Wäsche aufhängen, Tarp aufstellen und noch etwas die Stille geniessen. Je länger je mehr verzog sich der Ärger vom heutigen Tag und wich der übergrossen Freude.