Trainerin hier, mit Schwerpunkt Mobility.
Ein beweglicher Körper ist leistungsfähiger und weniger anfällig für Verletzungen, daher ist es immer eine gute Idee, die Beweglichkeit zu verbessern. Auch nach einem körperlich anstrengenden Tag kann es das Wohlbefinden steigern, sich einmal durchzubewegen.
Leider kann man aber auch viel falsch machen, weswegen ich gerne einmal ein paar Basics erläutern möchte.
Einen Trainingsreiz setzen, bedeutet, dem Muskel Mikroverletzungen zuzufügen. Der Muskel denkt sich dann "oha, mein Mensch macht jetzt krasse Sachen, ich sollte besser vorbereitet sein für das nächste Mal". Der Muskel wird also nicht nur rapariert, sondern verstärkt.
Die Mikroverletzungen machen sich häufig durch Muskelkater bemerkbar. Diese entstehen nicht nur beim Krafttraining, sondern können auch beim Ausdauer- und Beweglichkeitstraining auftreten.
Wenn man jetzt eine anstrengende Tour hinter sich hat und mit Muskelkater rechnet, ist es kontra produktiv, auf diese Mikroverletzung noch einen weiteren Trainingsreiz (also eine weitere Mikroverletzung) durch Dehnen drauf zu setzen. Im besten Fall verzögert sich die Regeneration, in schlimmsten Fall riskiert man eine längerfristige Verletzung.
Wie vermeide ich eine Mikroverletzung beim Dehnen?
Als absolutes Muss sollte gelten: niemals kalt dehnen! Nach einer Anstrengung und vor dem Dehnen am besten noch ne Lage Klamotten anziehen.
Und die Übungen mit Bedacht ausführen. Nicht versuchen, auf einem Trail die Beweglichkeit zu verbessern (das sollte idealerweise vorher passiert sein), sondern wirklich nur sanft durchbewegen.
Es gibt verschiedene Arten des Beweglichkeitstrainings:
Zum einen unterscheidet man zwischen aktiven und passiven Übungen.
Passive Übungen sind diejenigen, die die meisten Menschen kennen: Man nutzt einen Widerstand oder die Schwerkraft, um den Muskel zu dehnen. Wenn ich meine Oberschenkelrückseite dehnen möchte, könnte ich zum Beispiel in eine Vorbeugen gehen oder mein Bein auf einen Tisch legen und mich mit dem Oberkörper annähern. Oder auf den Rücken liegend mein Bein zu mir ran ziehen.
Aktiv Übungen hingegen bedeuten, ich dehne einen Muskel, indem in den Gegenspieler, also den Muskel auf der gegenüberliegenden Seite anspanne. Um bei Beispiel mit der Oberschenkelrückseite zu bleiben: ich hebe mein Bein stehenderweise nach vorne, in dem ich meinen Hüftbeuger und meine Oberschenkelvorderseite anspanne. Die Dehnung fällt deutlich geringer aus als beim passiven Dehnen, was das Verletzungesrisiko sinkt und ich trainiere gleichzeitig noch den Gegenspieler,was mich auch davor bewährt, kalt zu werden.
Und dann unterscheidet man noch zwischen statischen und dynamischen Übungen:
Bei statischen Übungen wird eine Pose einfach nur gehalten, bei dynamischen Übungen habe ich einen Bewegungsablauf.
Wenn ich jetzt eine passive Dehnung dynamisch ausführe - also mein Bein zum Beispiel mit Schwung nach oben schmeiße oder bei der Übung mit dem Bein auf dem Tisch meinen Oberkörper impulsartig nach vorne wippen, dann ist das wirklich eine schlechte Idee. Auch das im Sportunterricht häufig als Aufwärmübung praktizierte "Anfersen" kann zu richtig bösen Verletzungen führen. Bitte nicht machen!
Die beste Art des Beweglichkeitstrainings ist meiner Meinung nach
1. Anstrengend, weil immer der Gegenspieler arbeitet
2. Schweißtreibend, weil ich immer in Bewegung bin - ein langsamer Flow ist anzustreben
3. Mindestens ne halbe Stunde lang
Yoga ist ein guter Anfang!
Übrigens: Faszientraining verkürzt nachweislich die Regenerationszeit. Für den maximalen Effekt kombiniere ich das Faszientraining mit aktiv-dynamischen Übungen.
Das war jetzt ein eher kompakter Abriss. Noch nicht eingegangen bin ich jetzt auf verschiedene weitergehende Techniken wie PNF und Nerveflossing sowie die zentrale Bedeutung der Hüfte... Wen das interessiert, gerne fragen.