Mein erstes Jahr im Lighter-Trekking-Universum geht zu Ende. Da dachte ich mir, ich veröffentliche nochmal meine Reiseberichte aus dem Nachbarforum an dieser Stelle. Viel Spaß beim Lesen und kommt gut ins neue Jahr ihr Lieben!
Im Anschluss an meine Transalp Ende Juli 2024 ging es nochmal auf Wandertour entlang der Via Alpina Violett.
Ich hatte zwei Wochen, getrennt durch eine Hochzeit von Freunden nahe Kufstein. Der Plan: Erst in fünf Tagen mit dem Fahrrad von München an den Gardasee. Bikeshuttle nach Innsbruck, Zug nach Kufstein, Hochzeit, Fahrrad in Kufstein parken. Kram in Rucksack umpacken, den meine Freundin mitbrachte. Dann vier Tage zu Fuß von Oberaudorf nach Kochel am See. Fahrrad einsammeln und zurück nach Hamburg. Soweit die Logistik.
Die Via Alpina Violett
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Tag 1: Oberaudorf – Hinter Brünnsteinhaus – 12,7 km, 954 m hoch
Aufgrund der Hochzeit am Vortag startete ich spät am Tag und hatte so nur eine kurze Etappe geplant. Die ersten Almen und Begegnungen mit Kühen ließen nicht lange auf sich warten. Alles war plötzlich viel intensiver als beim Radeln, nochmal entschleunigter. Die erste Nacht am Wegesrand ließ mein Herz in vielerlei Hinsicht höher schlagen. Das Zelt in so einer malerischen Kulisse und einfach diese Ruhe. In der Nacht schlug dann irgendwas gegen mein Zelt und versetzte mich in Schockstarre. Ein Reh, das über meine Zeltleine gestolpert war? An Schlafen war jedenfalls nicht mehr zu denken.
Tag 2: Hinter Brünnsteinhaus – Spitzingsee – 28 km, 1464 m
Der Tag startete im Nebelgewand und so war der erste erklommene Gipfel des Tages (der höchste der Tour, Großer Traithen, 1852 m) nicht gerade die Belohnung, die ich mir gewünscht hatte. Der versehentliche Tritt in ein Schlammloch vermieste meine Laune kurzeitig. Ich wanderte entlang der Rotwand und genoss das zunehmend aufklarende Alpenpanorama. Meine Schulter, die am Vortag etwas gemuckt hatte, war heute entspannter. Alles in allem wurden der Mo und ich stündlich bessere Freunde. Die Single Trails, von denen ich mir auf auf dem Westweg teilweise mehr gewünscht hätte, waren auf der Via Alpina reichlich vorhanden. Nun war leider da, wo ich mein Zelt aufschlagen wollte, nichts der gleichen möglich, sodass ich weiterwanderte. Und dann kam der Moment, an dem ich auf mein Bauchgefühl hätte hören sollen. Statt bei einer Hütte einzukehren oder zu fragen, ob ich davor mein Zelt aufschlagen darf, entschied ich mich für den zweistündigen Abstieg ins Tal. Ich war allerdings längst durch. Ich fand einfach kein Plätzchen für das Zelt und war zunehmend gestresst. Hotels hatten auch alle kein Platz mehr. Am Ende wurde es eine Wiese der Skipiste mit 30cm hohen Gräsern bei annähernder Dunkelheit und zwei Blasen, die mich noch die nächsten Tage begleiten würden. Wenn ich auf mein Bauchgefühl gehört hätte, wäre das nicht passiert.
Tag 3: Spitzingsee – Tegernsee – 21,1 km, 1162 m
Immerhin schlief ich gut und lange bis die Sonne das Zelt zum Schmelztiegel werden ließ. Der Tag starte mit einem saftigen Anstieg entlang der Piste. Das Highlight des Tages war definitiv der Blick auf den Tegernsee. Bezahlt wurde mit einigen schwierigen Passagen, wo ich tatsächlich kurz klettern musste. In Kreuth angekommen entschied ich den Bus zum Tegernsee zu nehmen. 15 Minuten für einen garantierten Zeltplatz waren es mir wert. Eine Abkühlung im See mit anschließendem Feuerwerk machten den Tag zum Liebling der Tour.
Tag 4: Tegernsee – Lenggries – 26,2 km, 1350 m
Dieser letzte Tag war irgendwie nichts. Ich war durch, die Füße schwer. Ich hatte die Kühe langsam satt. Und irgendwie war ich der Berge, dem Rauf und Runter langsam müde. Die Begegnung und der Plausch mit einem Wanderpaar taten gut. Der Abstieg war dann nochmal richtig lang. Als ich an einem Wasserfall vorbeikam, gönnte ich mir kurzerhand eine Pause und sprang hinein. Genau was ich brauchte. Etwas, dass ich immer schon machen wollte. Check. Auf den finalen Metern entschied ich dann die letzte Etappe zu streichen und direkt nach Kufstein zurück zu fahren. Gewitter war im Anmarsch und auf Regen hatte ich keinen Bock. In Lenggries lief ich dann doch tatsächlich noch an Chris von Chrispacks vorbei. Leider blieb keine Zeit für ein Schnack. Die Bahn sollte nämlich im Gegensatz zur Beginn der Tour „fast“ pünktlich losfahren.
Resümee
Die Violette hat ihre schönen Seiten, aber sie ist schon nah dran an Kulturlandschaften. Das hat Vorteile und Nachteile. Menschen sind nie fern, Kühe schon gar nicht. Aber es galt die ersten Erfahrungen im Hochgebirge zu sammeln und dafür eignete sie sich gut. Auf das Bauchgefühl hören, ist wichtig, das nehme ich mit. Das Hoch-und-Runter schlaucht schon gewaltig. Ich hatte nach vier Tagen genug, vielleicht aber auch deshalb, weil ich schon die Transalp in den Beinen hatte. In Zukunft würde ich eher so 20 km Tagesetappen im Gebirge für mich anpeilen. Auf jeden Fall geht das Bergwandern deutlich mehr in die Knochen als das Radeln, insbesondere durch das Gehen bergab und die unmittelbare Last am Körper. Dafür bringt es einen in noch entlegendere Gegenden und lässt einen die Ungebung nochmal intensiver erleben. Vielleicht gibt es Routen in den Alpen, bei denen man nach dem Hochlaufen länger oben bleibt? Plateaus? Vielleicht habt ihr da Tipps?
Zur Ausrüstung: Für das X-Mid gab es eigentlich immer ein Plätzchen, aber zur Wahrheit gehört auch, dass die Zeltplatzsuche aufgrund der Größe der Grundfläche etwas mehr Geduld bedarf. Meine ersten Erfahrungen mit der Xlite Isomatte in der weiten Variante sind positiv, der Schlafkomfort natürlich merklich besser als Schaum oder schmale LuMas für mich. Ich hoffe sie hält lange. Wenn ich mehr Ausfallsicherheit brauche, würde ich aber wahrscheinlich wieder auf die Flexmat Plus setzen, wobei das Packmaß bei den Kraxelein schon gestört hätte. Ach ja und Wasser war nie ein Problem. Ich hatte nie mehr als 2l dabei. Bezüglich Handyempfang: Mit Telekom nicht immer ideal. Um wirklich auf der sichereren Seite zu sein, hätte ein Inreach mitgemusst. Das Bidet wollte ich einmal benutzen und hab es nicht hinbekommen. Das muss zuhause nochmal geübt werden. Der Tipp in Sachen Durchfallmittel war goldwert. Und den Schirm hab ich tatsächlich weggelassen und nicht vermisst. Die Mütze brauchte ich auch nicht. Ohne die Joggers ging es doch gut. Also keine 3 Hosen nötig 😅 Essen hatte ich alles dabei. Wäre nicht nötig gewesen, aber ich wollte bewusst den Selbtsversorger spielen.
Alles in allem bin ich überglücklich und richtig froh, dass fast alles wie geschmiert lief. Es gab Höhen und Tiefen und mächtiges Fluchen, aber die Bilder, die sich mir zeigten, die Menschen, denen ich begegneten, die Berge, die mich an meinen Grenzen brachten und gleichsam umarmeten, das alles macht Lust auf mehr. Diese geteilten Touren zu Rad und zu Fuß haben es mir angetan. Beide Welten haben ihren ganz eigenen Charme und sie zu kombinieren macht sehr viel Spaß. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen so etwas erneut zu wagen. Danke für Euren Rat und Eure Beiträge hier im Forum, die das zu einem großen Teil möglich gemacht haben.
Hier noch ein kleines Post-Tour-Gear-Review:
Handtuch: Ich hab mein größeres Sea to Summit Air Lite Towl in zwei Teile geschnitten. Das war keine gute Idee. Es zerfledderte und warf allerlei Fäden ab, die ich ja nicht in der Umwelt hinterlassen will. Das nächste Mal würde ich einfach direkt ein kleineres kaufen. Die XSS Version gibt es leider nicht mehr. Deshalb wurde es jetzt das Packtowl UL Face.
Seifendöschen: Die Dr Bronners hatte ich in ein kleines 10ml Döschen gefüllt. Was für Cremes gut funktioniert hat, ist leider nichts für Flüssigkeiten. Sie lief aus und suppte mein Ditty Bag voll. Für die Zukunft wird es daher für Seife ein SMD Dropper geben.
Isomatte (neu): Thermarest XLite NXT regular/wide. Die komfortabelste Matte, auf der ich je geschlafen habe. Die Breite macht auch für mich einen entscheidenden Unterschied. Das Packmaß genial. Das neue Ventil top. Aufblasen per Mund geht auch schnell. Ja, ich hab auch die Flexmat + Evazote Schaum Kombi, in Sachen Ausfallsicherheit unschlagbar, aber das Plus an Erholung und das bessere Packmaß haben mich dann doch wieder zur LuMa gezogen. Jetzt hoffe ich einfach, dass sie lange hält. Als Schutz kommen immer drei Teile der GG Thinlight (altes weiches Modell) runter. Das Teil ist darüberhinaus einfach mega praktisch, zum drauf Sitzen und Knien, Sachen vor nassem Boden schützen, auslegen. Toller Multiuse. Mal sehen wie lange es hält. Ist ja schon um einiges fragiler als die neue Variante oder Evazote.
Rucksack (neu): Atompacks Mo (neuer Name "The Prospector") Nachdem ich mit dem Atom+ nicht klargekommen bin. Der Frame quietschte wie sau, bin ich mit dem Mo jetzt super happy. Auch die Loadlifter, machen gerade zu Beginn der Tour, wenn noch mehr Proviant an Bord ist durchaus einen Unterschied. Insgesamt der komfortabelste Rucksack, den ich bisher getragen habe. Die Taschenaufteilung ist wie schon beim Atom+ einfach genial.
Socken: Meine Smartwool Light Cushion Ankle Socken gehen in Rente. Zwei Blasen und ständiges Verrutschen haben mich genug genervt. Ich bin gespannt auf die bestellten Silverlight Socken und hoffe auf blasenfreie Zeiten. Die Injinji Liner hatte ich auch schon mal probiert. Gab leider trotzdem Blasen und wären mir im Sommer zu heiß unter den Wandersocken. Darn Tough wäre auch noch eine Option gewesen, aber jetzt werden erstmal die silbernen getestet.
Stirnlampe (neu): Fenix HM50R V 2.0: Meine erste Akkulampe. Etwas schwerer, dafür wirklich wasserdicht und Akku wechselbar. Die Haptik, das Design und die Leuchtkraft sind der Hammer. Bin ziemlich begeistert von dem Teil.
Zelt: Durston X-Mid 1 Solid: Weiterhin überzeugen Packmaß, Minimalismus und einfacher Aufbau. Das Innenzelt lässt sich schnell ein- und aushängen, ohne dabei Kondens vom Fly abzustreifen. Obwohl ich kein Regen hatte auf der Tour, hätte ich sonst immer ein triefendes Innenzelt gehabt, wenn ich beides zusammen gelassen hätte. Jetzt, da ich weiß, dass ich auch im Gebirge ein Plätzchen für das Teil mit seiner großen Grundfläche finde (ich war sehr skeptisch), mag ich es noch mehr. Die Durston Z-Flicks haben beim Bikepacking als Trekkingstockersatz auch klasse funktioniert.
Rucksackliner (neu): Nylofume. Ich war sehr skeptisch, doch das Teil hat mich überzeugt. Ich find es nicht laut und überraschend robust. Die bessere Ausnutzung des Rucksackvolumens durch den Liner im Vergleich zum kleineren Drybag vorher find ich super. Das alles bei unter 30g.
Kopfkissen (neu): Daunenjacke in 3 Liter Ziplock mit Fleecepulli als Überzug. Hat für mich sehr gut funktioniert. Endlich habe ich eine Lösung, die Sachen mit Mehrfachnutzung integriert. Ein klassisches Kopfkissen war halt sonst nur zum Schlafen gut und im Endeffekt schwerer. Die leichteren Kopfkissen fand ich zu unbequem. Auf Daune bettet sich der Kopf besser. Der Ziplock verhindert ein komplettes Plattdrücken. Das Fleece gibt die Haptik.
Schuhe: Altra Lone Peak 7: So sehr ich sie schätze, es gab Momente, in denen sie mir ein bissl zu rutschig waren. Feuchte Steine, Geröll, feiner Schotter bergab. Keine Ahnung, ob da klassische Wanderschuhe besser gewesen wären. Für mich aber noch kein K.O. Kriterium. Bisher überwiegt das Positive.
Bidet (neu): CuloClean. Ohne Übung dachte ich ich krieg es hin. Leider wurde das nichts. Die Hose war nass. Da werde ich zuhause nochmal üben. Mein Ziel ist definitiv auf Klopapier komplett zu verzichten. Beim nächsten Mal vielleicht.
Ohrstöpsel (neu): Happy Ears. Eigentlich als Gehörschutz für's Tanzen gekauft, sind sie auch beim Schlafen nicht unangenehm. Sehr empfehlenswert insbesondere da sie wiedervendbar sind im Vergleich zu Oropax Silikon Stöpseln, die ich vorher hatte.
Powerbank: Nitecore NB 10.000 2. Am Anfang der Tour funktionierte das Teil nicht richtig. Handy wurde um ein paar Prozent geladen, dann auf einmal nicht mehr. Nach einigem Kopfzerbrechen, Warten und Rumprobieren ging es nach einiger Zeit wieder einwandfrei. Hoffentlich ein einmaliger Aussetzer.
Lippenbalsam/Sonnencreme (neu): Ich hab ja empfindliche Haut und komme mit Sonnencreme nicht gut klar. Grundsätzlich trage ich immer lange Klamotten nur im Gesicht braucht es etwas Creme. Woanders las ich von Sonnencreme Sticks. Da mein Lippenbalsam auch UV 50 Schutz hat, hab ich den jetzt das erste Mal auch im Gesicht statt Sonnencreme genutzt. Hat super funktioniert und hält ewig. Keine extra Sonnencreme mehr mitschleppen. Klasse.
Kleidung: Das war meine erste Tour im Hochsommer mit viel Sonnenexposition. Ich hatte etwas Sorge, dass es bei den langen Klamotten zu heiß werden könnte. Dem war jedoch nicht so. Merino Sun Hoody, Trucker Cap, Lange Lauf Tight mit Shorts drüber und Decathlon Sonnenschutzhandschuhe haben in der Kombi sehr gut für mich funktioniert. Außerdem begrenzt diese Kombo den Einsatz von Sonnencreme auf wenige Stellen im Gesicht. Meine Haut freut das sehr. Kein Sonnenbrand gehabt.
Trekkingnahrung (neu): Erstmals war Summit to eat und Real Turmat dabei. Im Gegensatz zu Trek n Eat bin ich von beiden Marken hell auf begeistert. Es schmeckt deutlich besser und ist nicht so salzig. Beides werde ich wieder nutzen.
Schlafsack: WM TerraLite. Mein einziger und Do-it-all-Schlafsack, der für alles zum Einsatz kommt. Vom Winter in der Heide bis zum Sommer in den Alpen. Durch die Möglichkeit ihn als Decke zu nutzen auch bei hohen Temperaturen eine Freude.
Essen allgemein: Abwechslung. Ich hatte meinen selbstgemixten Porridge mit immer der selben Geschmacksrichtung nach drei Tagen satt. Hier sorge ich in Zukunft für mehr Variation. Und unbedingt vorher probieren. Das Proteinpulver hatte ich nicht probiert und leider entpuppte es sich als ekelhaft.
Bauchgefühl: Wenn der Körper das Ende des Tages einläutet, nicht noch zwei Stunden weiterlaufen, weil man meint es besser zu wissen. Der Preis waren u. a. zwei Blasen, auf die ich gerne verzichtet hätte.
Bergwandern: Bergab ist einfach soviel anstrengender. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Für mich Anlass genug dort in Zukunft mehr Reserven einzuplanen. Das nächste mal werde ich so 20 km in den Bergen anpeilen.