Via Dinarica 2023 - Bosninen & Montenegro

  • #Prolog:

    Wir hatten uns schnell für den bosnischen Teil entschieden, der als der schönste und am besten markierteste /gepflegte gilt.
    VIA DINARICA v2 - BOSNIA AND HERZEGOVINA
    Von Kroatien, aber auch von Slowenien liest man nicht viel Gutes.

    Für diesen Abschnitt gibt es sogar einen Guide, dessen Digitalformat jedoch derart beschnitten und unbenutzbar war, dass wir ihn kurzerhand wieder zurück gegeben haben.
    Rowman & Littlefield

    Anhand der Bewertungen der Etappen auf Outdooractive, wo auch der 'offizielle' gpx Track liegt, war klar, dass es ab dem Blidinje NP interessant wird.

    Die Bewertungen zu den Etappen auf Outdooractive - oder auch der hierauf basierenden Via Dinarica App (beides gräuslich zum Navigieren) entpuppten sich (erst spät entdeckt) als äußerst hilfreiche Kommentierung mit gelegentlich wichtigen Details.

    ‎Via Dinarica Trail
    ‎The Via Dinarica App is your best tool to navigate the striking region of Western Balkans. Whether you are looking for some biking routes, hiking tips, a…
    apps.apple.com
    Via Dinarica Trail – Apps bei Google Play
    Wandern und Spazierengehen, gepaart mit der reichen Tierwelt dieser Ostfront
    play.google.com


    Ich werde den Bericht entlang der Abschnitte halten, in den die Strecke gegliedert ist.

    Vorab das TLDR Fazit für Ungeduldige:
    Via Dinarica BiH: unbedingt, absolute Empfehlung. Wer ~7-10 Tage hat, erlebt hier spektakuläre, abwechslungsreiche, völlig einsame Landschaft auf so gut wie ausschließlich single Trail.
    Nach Montenegro verlängern kann man - muss sich dann aber auf deutlich mehr Verbindungsetappen einstellen - oder den Daumen raus halten.


    #Anreise:

    tib hatte noch ein paar Tage Interrail über, womit er zumindest mit einigem schwitzen und Ach und Krach nach Zagreb kam - und dann per Bus - ebenso zäh bis Sarajevo.

    Ich war noch einen Moment zu Hause gebunden und flog mit schlechtem Gewissen nach Tusla hinterher und dann ebenso per Bus weiter nach Sarajevo.
    (Angeblich soll die Verbindung nach Tusla eingestellt werden, Lokalpolitik in Aufruhr etc.)

    Je nachdem, von wo man anreist, wären auch Sarajevo, banja luka, Zadar, Split, Dubrovnik oder auch Podgorica Anreiseoptionen per Flug.

    Alles nicht optimal, alles aber auch nicht dramatisch.

    Von Sarajevo fährt einer der wenigen Züge des Landes ein paar mal am Tag nach Mostar - mit Stop in Jablanica, dem östlichen Ende des NP.
    Die Fahrt wurde als besonders schön durch den Canyon beschrieben - war aber eher eine normale Zugfahrt.
    Dafür derart günstig, dass ich mich nach dem Ticketkauf noch einmal versicherte, ob es denn auch wirklich ein Ticket für ZWEI Personen war.



    In Sarajevo kann man durchaus einen Tag zubringen, wenn es sich einrichten lässt, viel mehr muss es dann aber auch nicht sein.

    Jablanica ist für eine Brücke und die damit in Zusammenhang stehenden WWII Kampfhandlungen bekannt - und verfügt über ein ziemlich gigantisches Dokumentationszentrum, das wir uns ehrlich gesagt zugunsten von etwas belesen gespart haben. https://en.m.wikipedia.org/wiki/Bridge_on_the_Neretva

    Wir kamen frühmorgens aus Sarajevo an, nach einer Stärkung mit frischem Börek - das beste während der gesamten Reise, wie sich herausstellen wird, auf Feuer gebacken - ging es dann auch schon los. Es war ordentlich warm in der Ebene, die Vorgärten voll mit Trauben, Kiwi, Feigen etc.

    Wir hatten den verrückten Gedanken, einfach das Stück in den Park zu trampen, fuhren aber irgendwann entnervt Taxi, als weder Locals, noch Touris mit uns in der Sonne Erbarmen haben wollten - und wir nicht noch mehr Zeit verlieren wollten. Mit 30-35€ bis zum Blidinje See ist man dabei, so be it.

    Vielleicht noch kurz nachgeschoben - es scheint, als wäre die Via Dinarica von Seiten der Macher noch weiter in Vergessenheit geraten, alle zuvor schon - während sie von Seiten der Nutzer mehr und mehr Popularität erfährt.

    E-Mails im Vorfeld, sowohl an die bosnische Sektion, wie auch an die generelle Mailadresse bouncten. Als ich aber Ländersektionen anschrieb, bekam ich Antwort aus Kroatien, die jedoch auch eher nach Zerfall klang:
    "Club Via Dinarica Croatia, that handled Via Dinarica in Croatia, doesn't exist any more (either it's domain viadinarica.hr). You can ask me (I was the founder and the president of the Club). I can maybe answer also about parts of Via Dinarica in other countries, as far as I know. Now, the people that lead Via Dinarica are different then 10 years ago, so I don't know all of them... but, in main topics, the Via Dinarica Trail is the same as it was founded 10 years ago"

    Der bosnische Teil, bis auf überraschenderweise den Sutjeska NP ist allerdings weiterhin super markiert. Auch Montenegro war dahingehend super.

    "Not all those who wander are lost"

  • Kommen wir zum ersten Abschnitt, dem #Blindinje Nationalpark. http://www.visit-blidinje.com/?lang=en https://en.m.wikipedia.org/wiki/Blidinje_plateau Dort war man per Mail übrigens auf Zack :thumbup:

    Besagtes Taxi karrte uns also mangels Tramp-Erfolg und fortschreitender Stunde und zunehmender Hitze aus Jablanica (200hm) gern Westen zum Blindinje Jezero, den wir als markanten Startpunkt auf etwa 1180m auserkoren hatten, um von da aus wieder gen Osten zurück nach Jablanica aufzubrechen.

    Wir kurvten und schraubten uns also aus dem Tal heraus, bis sich plötzlich die imposante Hochebene zeigte, auf der sich wiederum recht abrupt im steilen Anstieg das Blindinje Plateau bis auf 2228m in die Höhe reckte.

    Es war knackig warm - zum Glück schienen wir mit unserer Wahl des Sonnenschutzes voll im lokalen Trend zu liegen ^^


    Die Richtung war klar - aufwärts. Zunächst noch bewaldet, vorbei an einer imposanten Kirchenanlage (http://www.visit-blidinje.com/masna-luka/?lang=en), später dann mit weniger und weniger grün.

    Nb - Kirchen und Moscheen - je nach Landesteil - sollten sich als stets bestens finanziell ausgestattet, auf's beste instandgesetzt oder nett gebaut herausstellen - auch noch im winzigsten, fast verlassenen Dorf - oder gar ganz ohne selbiges - in Hoffnung auf Wiederansiedlungen. Die Fortsetzung des eingefrorenen Konflikts mit anderen Mitteln...

    Es wurde langsam spät, wir stoppten noch kurz auf der bewirtschafteten Vilinac Hütte, die als eine der am schönsten gelegenen des ganzen Landes gilt (zu recht - tatsächlich kein Bild gemacht).

    Bis auf einen Raki (tatsächlich der einzige der Tour, man glaubt es kaum) sind wir ganz gut durchgekommen, die Vierergruppe rund um den Hüttenwart, allesamt von der lokalen 'Alpenvereinssektion', waren aber bereits gut in Schwung. Es gab ein paar Tipps und Geschichten dank eines in Deutschland lebenden Besuchers - und die Warnung, es würde kalt nachts, Richtung Gefrierpunkt. Die Hütte hatte eher Sauna Temperatur, da waren wir nicht ganz sicher, ob nicht einfach das Kälteempfinden eine andere ist...

    Noch war Sonne da, ein Stück weiter wollten wir noch, es waren ein paar Plateaustellen in der Karte ersichtlich - von der Hängematte hatte ich mich gedanklich für diese Nacht bereits verabschiedet.

    An der ersten Möglichkeit hätten sich bereits zwei Belgierinnen eingerichtet, die uns mit Nachdruck die toooooollen flat Spots eine Ecke weiter nahelegten. Also gut, man will ja nicht aufdringlich sein, also noch ein Stück weiter gezogen, was soll's. Vorteil - den Hajducka vrata noch in der blue hour und nachts sehen (Langzeitbelichtungen hat tib mit der Kamera gemacht, sry).

    Wir mampfen noch länger andächtig mit Blick auf den Bogen - ich schlage mir mehrmals den Gedanken aus dem Kopf, meine Matte einfach in das bröcklige Felstor zu hängen bis es langsam zunebelt und tatsächlich frisch wird.

    Die Nacht war tatsächlich kalt, wir tragen alles, was wir dabei haben - und fragen uns nicht nur ein Mal, ob wir beim erwarteten Temperaturbereich gehörig in's Klo gegriffen haben.

    Kleiner Blick in die Zukunft - es sollte direkt die kälteste (und eigentlich einzige kalte) der ganzen Tour werden.

    Wir wachen in einer tropfend nassen Dunstwolke auf, selbst meine offene Halbpyramide ist von innen wie außen pitschnass, bei jeder Böe tropft es in's Gesicht. Bodenbrüten olé! :rolleyes:

    Dementsprechend zögern wir das Aufstehen noch etwas hinaus. Irgendwann wird absehbar, dass es langsam klarer wird und so machen wir uns auf.

    Noch ein Blick zum Arch, der ist zumindest schon mal erkennbar, das Tal dahinter nur bruchstückhaft für Sekunden je nach Wolkenbewegung.

    Es wird mit jedem Schritt besser und so haben wir bald wieder tolle Ausblicke beim langen Abstieg runter bis Jablanica

    Auch der ersten Schlange begegnen wir - die sich aber zumindest von selbst verzieht - und nicht, wie ein späterer Kollege per Wanderstock vom schmalen Trail gen Abhang katapultiert werden muss.

    Wie bereits zu der Etappe gelesen, führt das letzte Stück vor Jablanica an der lokalen Müllkippe vorbei, die sich bereits etliche Höhenmeter zuvor durch wilde Ergänzungen ankündigt. Ein malerisches Panorama!

    Gen Spätnachmittag sind wir in Jablanica, die Sonne brutzelt inzwischen ordentlich im Tal und die Oberschenkel merken den ersten amtlichen Abstieg gehörig.

    Da kommt es wie gelegen, dass wir uns die lokale Spezialität Lamm am Spieß natürlich nicht entgehen lassen dürfen, wie man uns auch auf der Hütte nochmals mit Nachdruck nahelegte. (Die es nebenbei gesagt allerdings fast überall in Bosnien gibt, natürlich verstärkt im muslimischen Teil)

    Durch Jablanica schiebt sich derweil aus Mostar kommend eine nicht enden wollende Blechschlange, die Nachteile der bergigen, schwer zugänglichen Gegend mit nur wenigen Verbindungsstraßen.

    Da die Ausflugslokale allesamt etwas der Straße nach aus der Stadt heraus den Fluss entlang liegen zwar nervig, aber dafür wenigstens sicher - rasen kann hier gerade keiner ^^

    Wir schlagen uns ordentlich voll, packen dann noch bestesbörekderwelt von der Bäckerei des Vortrags für später ein und füllen die Vorräte für die nächste Etappe bis zum resupply am boracko See in ein paar Tagen und dann geht es auch schon wieder hoch aus dem Tal raus ehe es zu sehr dämmert.

    Am besagten, riesigen Dokumentationszentrum an der zerstören Brücke ist irgendeine Feierlichkeit, Musik, viele Leute etc. Wir schauen nur kurz vorbei, der Trachten tragende Chor älterer Damen treibt uns umgehend weiter, Flamenco wirkt dagegen geradezu lebensbejahend =O

    Ein letzter Blick auf die Neretva, die uns noch öfter begleiten soll. Wir laufen eine ganze Weile in die Dunkelheit hinein, bis wir über den steilen an - und Abstieg in's nächste Tal auf einem winzigen Fleck Kuhweide kurz vor Ravna endlich eine ebene Stelle für tib's neues, selbst genähtes tarptent - und für mich ein paar hübsche Bäume zum Hängen finden. Endlich keine feuchte Bodennacht mehr (für mich :saint:)

    Der nächste, noch steilere Aufstieg in die zweite Etappe, das Prenj (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Prenj) wartet, noch steiniger, noch karstiger, noch trockener, wir vertrösten ihn auf morgen :thumbup:

    "Not all those who wander are lost"

  • Weiter geht's in's Prenj.
    Nachdem wir in Ravna Wasser aufgefüllt hatten, kam das unvermeidliche, wenn man sich im Tal befindet und der Aufzug kaputt ist ^^

    Über 1600hm verteilt auf stramme 7km - immer auf dem Bergrücken hinauf - man gönnt sich ja sonst nichts.

    Einerseits verfluchten wir den eine ganze Weile lang ziemlich zugewucherten Trail voller morgendlicher Spinnennetze - andererseits - ohne den Schatten der Bäume hätte das ganze bei mehr und mehr praller Sonne noch mal deutlich weniger Spaß gemacht als ohnehin schon.

    Dementsprechend reichte es zwischen dem vormittäglichen Geschufte ohne weitere Vorkommnisse oder auch nur Ausblicke auch gerade mal für ein einziges Foto.

    An der verschlossenen Hütte (Schlüssel Versteck wird wohl bei Anruf - und wir auch immer man eine Gebühr entrichtet - verraten) machten wir Pause und füllten nur so halb überzeugt unser Wasser am Regenwassersammeltank auf, über den dir meisten Hütten im Wasserarmen Karst der Region verfügen. Meistens ließ es sich jedoch vermeiden, auf diese für uns eher Fallback Lösung zurückzugreifen - und vertragen haben wir das Wasser auch durchweg.

    Irgendwann stand plötzlich eine einsame Wanderin vor uns, die aus der anderen Richtung kam - und auch als deutsche - und bis zur Grenze nach Montenegro als einzige VD Wanderin entpuppte.

    Ein bisschen Austausch über das zu Erwartende in beiden Richtungen - und dann ging es auch schon weiter zum spannenden Teil des Aufstiegs - in die Hochebene des Prenj.

    Wirklich spektakuläre, weite Landschaft in der Nachmittagssonne - und wieder einmal völlig einsam. Zudem wieder ganz anders als noch im Blidinje.

    Das erste Minengebiet - sowohl mit Schild, als auch in OSM verzeichnet. Wir fanden allerdings kein zweites Schild, was den Anfang des Feldes am anderen Ende ankündigte, aber wir kamen ja zum Glück aus der 'richtigen' Richtung :D=O

    Gen Abend wurden die Campstellen wieder rarer - die ersten Quellen, die endlich wieder verzeichnet waren, waren allesamt trocken - also weiter zur nächsten Hütte mit Quelle.

    Kurz vor der Hütte war ein alternatives Wegstück mit Nachdruck verblockt - das war dann schon eindrücklicher als das Schildchen, das eher danach klang, aus könne man Minen dort eben nicht ganz zu 100% ausschließen.

    Auch die Quelle unterhalb der nächsten Hütte tröpfelte nur noch minimal, es blieb abermals nur der Regentank der Hütte - diesmal wenigstens isoliert und im Boden versenkt und nicht in der prallen Sonne wie mittags.

    Die Hütte war von ein paar älteren Herren aus der Gegend belegt, die von hier aus wohl ein paar Gipfeltouren machten.

    Kommunikation mit translate, Händen und Füßen mühselig - und so richtig einladend, uns zu sich herein zu bitten waren sie nicht, also machten wir draußen Quartier.

    Schmunzelnd musste ich an die Schilderungen der Wanderin von mittags zurück denken, wir hilfsbereit doch alle wären - selbst Essen gab sie uns noch mit, weil sie viel zu viel von anderen auf dieser Hütte hier mitgegeben bekommen hatte. Ob es sich wohl um die selben Herren handelte?

    Es war lange nicht so frisch wie die Nacht zuvor, obwohl die Nacht klar war, aber die Hütte lag etwas erhöht und die Feuchtigkeit sammelte sich wohl unten bei der Quelle. Aufbauen, kochen Sterne gucken - und dann ab in die Hängematte.

    Die Nacht blieb deutlich wärmer, was eindeutig der leicht erhöhten Lage zuzurechnen war, wie wir alsbald erfahren, als ein noch sichtlich vom einer kalten, feuchten Nacht gezeichneter, etwas älter nicht ganz so wanderaffiner, etwas gemütlicher Partner und kurz danach die wanderbegeisterte, drahtige, weibliche Gegenstück zu uns aufsteigen, deren Nacht des Morgens daher verfrüht endete.

    Wir frühstücken und packen im Multitasking Modus und können so - mit Wasser aus dem Regentank für mehr oder minder den ganzen Tag bepackt noch im Schatten der Gipfel den ersten Anstieg machen.

    Ich weiß gar nicht mehr, woran es lag, aber so richtig auf 100% war der Akku bei uns beiden nicht. Wir entscheiden uns gegen die extra Runde über das steile Gipfel Dreigestirn Otis (2097), Zelena Glava (2115) und Botini (2115) als uns am Pass die Sonne mit bereits ordentlich Kraft begrüßt. Der lange Abstieg bis zum boracko See, über 35km und 2000m runter, zum Großteil Baum- und schattenlos und ohne zuverlässige Quellen auf einem weiten Teil der Strecke wird noch fordernd genug.

    Der Gipfelschlenker - auch vom Lager aus beeindruckend genug

    Wir entscheiden uns abweichend von der VD Etappe für eine andere, direkterr Route über den Glavica, den uns auch das Paar vom morgen empfohlen hatte.

    Gut zwei Drittel lang genießen wir weiter die Landschaft des Prenj, bis er das letzte Stück etwas schotterig, serpentinig gen Zivilisation geht.

    Als der boracko See am Nachmittag aus der Höhe zum Greifen nah scheint, wähnen wir uns schon alsbald im kühlen Nass, etwas entspannen, Energie tanken - und den halben, dort verzeichneten Laden leer kaufen. Zumindest, was Eis und kühle Getränke angeht.

    Aber wie so oft täuscht der Anblick über die noch beträchtliche Höhe hinweg, der Weg schlägt noch etliche Bolten um den halben See herum - und zuguterletzt ist der letzte Abstieg zum See wie im gpx Track verzeichnet in der Böschung zunächst nicht einmal findbar.

    Vermutlich nehmen viele, die der VD folgen schon im Südwesten den Abstieg zum See und sparen sich die Runde im Uhrzeigersinn bis zum Nordosten.
    Da die Alternative, einer viel (und schnell) befahrenen Art Bundesstraße zu folgen ebenso unbehaglich erscheint, suchen wir noch eine Weile weiter - und finden schließlich einen alten Pfad, der traumhaft mit allem zugewuchert ist, was dornt und brennt ||


    Es zieht sich, es nervt, es peinigt - die tiefstehende Nachmittagssonne brät uns einseitig - aber irgendwann sind wir deutlich zerschundener als erwartet endlich unten.

    Von Norden, an noch erstaunlich wenig sanierten Häusern, dafür erfreulich viel Obstbäumen vorbei, kommen wir an den nördlichen der zwei Campingplätze am Ostufer.

    Wir genehmigen uns am Eingang und Mini Kiosk, der kaum noch in Betrieb scheint (aber sich als der einzige auf OSM verzeichnete Laden entpuppt, auf den wir zum resupply gebaut hatten) beim netten Platzwart direkt ein Eis. Eher zufällig dadurch zahlen wir nicht direkt für einen Platz, sondern schlendern mit dem Eis erst einmal über den Platz, im zu schauen, ob sich ein Fleckchen - und vielleicht sogar ein Hangplätzchen findet. Der Platzwart meinte zwar, es ist jede Menge Platz, schließlich sind gerade alle nach dem Wochenende abgereist, aber irgendwie obsiegt wohl mein 'checking, just in case' Drang.

    Beim ersten Dauer-Camper, der direkt vor seinem Caravan ein recht großes, offenes Feuer brennen hat, schauen wir uns noch kurz gegenseitig an. Andere Länder... Dauercamper haben bestimmt Narrenfreiheit...

    Aber kaum ein paar Schritte weiter, geht es munter so weiter. Feuer hier, irgendwelche riesenhobos da, improvisierte Grills dort. Der eigene Nachwuchs sitzt im Kinderwagen im vollen Dunst des eigenen Ofenrohrs, campiert wird dicht an dicht - nicht bis an, nein, bis auf den Stand. Nicht nur beim Feuer herrscht ein reger Wettstreit, auch Musik schallt aus jedem einzelnen Autoradio. Blendet man den Umstand aus, dass sie Gefährte motorisiert sind (was schwer ist, schließlich laufen genügend Motoren) - und der überall herumliegende, sofern nicht verbrannte Müll eindeutig von unserer heutigen Zivilisation kündet, muss sich so ein Wikingerlager angefühlt haben.

    Völlig klar - wir ziehen weiter zum anderen Campingplatz - fester als jetzt kann man Daumen kaum drücken, dass der eine bessere Option ist. Links der See - rechts steigt das Tal steil an - und weiter kommen wir heute beim besten Willen nicht mehr großartig.

    Als wir dort ankommen, können wir unseren Augen kaum trauen. Weitläufig, kaum Leute, direkt am Strand ein paar Tische und eine Bar, aus den Lautsprechern säuselt entspanntes easy listening :huh:.
    Kneif mich! Die Fata Morgana der Campingplätze ist echt!

    Wir rätseln noch eine Weile, was in aller Welt einen absichtlich auf den anderen Campingplatz treiben könnte, die nette Betreiberin rollt auch nur die Augen, wie wir berichten, von dort zu kommen.

    Ein Sprung in den hübschen See (die Rauschschwaden vom ersten Platz sind auch aus der Ferne über den See noch sichtbar), kühle drinks - eine echte Dusche - Sachen öffentlich durchspülen, WLAN - paradiesisch. Dann geht's auf in Richtung Restaurant und weiterem Laden, der in bester Tante Emma Manier alles (oder eher wenig, aber ausreichend) bereit hält, was wir für die nächsten Tage benötigen.

    Oh - und die Sichtung eines echten Yugo! https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zastava_Yugo

    Das Essen im Cafe und Restaurant (ja, es wird auch am späten Abend noch reichlich Kaffee im Cafe verzehrt) ist unerwartet gut, tib läuft mit der Speisekarte amok, wir sind seelig.

    Wieder am Campingplatz angekommen fällt uns auf, dass die LED Scheinwerfer, die unsere Ecke beleuchten noch immer an sind, weit und breit aber niemand der Betreiber mehr.

    Die eine Stimme im Kopf sagt, die werden bestimmt irgendwann automatisch aus gehen. Die andere improvisiert aus den Nylonsocken-Schultergurttaschen schon mal eine Schlafbrille - und so dämmern wir bald in einen herrlich festen Schlaf.

    "Not all those who wander are lost"

  • Als ich des Nächtens mal wach werde und die Schlafmaske von den Augen schiebe, wird klar, dass die Scheinwerfer wohl durchballern, der morgen bringt Gewissheit. Aber wahrscheinlich stört das sonst einfach niemanden im fetten Zelt oder Camper.

    Der See sieht nebelig frisch aus, wir machen uns noch kurz auf zu einem Kaffee im Ort und dann weiter, ein Stück die Straße lang bis zum Abzweig auf den Trail.

    Die Straße ist weder hübsch, noch sonderlich sicher zu Fuß mangels Weitsicht. Wir halten beim Laufen den Daumen raus - und wie so oft hält die abgefuckteste Karre, während alle anderen uns krampfhaft ignorieren und vorbei brausen.

    Zwei Straßenarbeiter machen uns Platz in der Kiste voller schmierigem, staubigem Werkzeug und neben uns mit bis zum Abzweig, dazu ein bisschen Konversation mit Händen und Füßen.

    Nach dem Abstieg zum See folgt der Aufstieg in die nächste Berggegend. Dabei geht es heute zunächst ein ganzes Stück die Neretva entlang. So etwas wie die Lebensader des Landes - und der, in den man auch von der emblematischen Brücke in Mostar springt. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Neretva

    Wirklich hübsch, je höher wir können, desto tiefer liegt sie in ihrer Schlucht, bis wir nur noch den Canyon wahrnehmen. Es wird gebadet - und partiell Wildwasser geraftet.

    Umso bitterer die Meldung, die ich dieser Tage las:
    "Riesiger Müllteppich treibt nach Hochwasser im bosnischen Neretva-Tal" =O

    Folgen für Adria in Kroatien?: Riesiger Müllteppich treibt nach Hochwasser im bosnischen Neretva-Tal
    Neun Tage nach der Hochwasser-Katastrophe in Bosnien-Herzegowina hält ein Staudamm den Müll davon ab, weiter flussabwärts zu schwimmen. Nun könnte dieser…
    www.tagesspiegel.de

    Direkt etwas erfrischen und waschen und dann weiter hinauf

    Es folgt ein knackiger Anstieg, die Bäume werden weniger - und die Sonne sengt.

    Dann eine weile eher gelatsche - und so langsam die Suche nach Wasser. Die ersten Quellen erweisen sich als leer - und so landen wir an einer aufgestauten Quelle, die die einzig verlässliche wir und breit sein wird. Wir hatten davon schon in einem Tourbericht gelesen, schöpfend halb im Loch zu hängen entbehrt trotzdem nicht einer gewissen Komik.

    Dann wird die Landschaft ever zur langsamer ansteigenden Hochebene, Felder und Schafe prägen das Bild

    Die Schäfer, die dort oben in den Sommermonaten leben, pflegen äußerst üppige Selbstversorgergärten - da läuft nicht nur den Schafen am Zaun das Wasser im Munde zusammen:S

    Sodann ein Stück uriger Buchenwald, wie immer unmöglich im Bild festzuhalten

    Und dann eine gigantische Hochebene zur Linken, gefällig hügelig, mit Steinmauern und schaffen fast etwas Irland Flair, würde der Abgrund der Schlucht zur Rechten nicht stets daran erinnern, dass man sich auf fast 1500m befindet.

    ... Und die Ruinen daran, dass es Bosnien mit seiner Geschichte ist...

    Wir treffen einen Schäfer fortgeschrittenen Alters, 'unterhalten' uns etwas. Er schenkt uns noch etwas Wasser und zieht weiter. Schuhwerk sind dicke Wollsocken in Slipper artigen Gummiüberschuhen - interessant. Der pinke, vermutlich ausrangierte Rucksack der Enkelin ist noch weit zu sehen.

    Dann ein beeindruckend alter Friedhof mit der wohl besten Aussicht ever - und dann immer weiter - Hochebene links, Schlucht rechts - in fantastischer Abendsonne - wir können uns gar nicht satt sehen von dieser Kulisse

    Irgendwann grübeln wir, ob die gefälligen, kleinen Senken eigentlich kleine Krater sein könnten? Herausgefunden haben wir es nicht.

    Das höchstgelegene, dauerhaft bewohnte Dorf, Lukomir - und ein paar umliegende Weiler sind können näher, die Lagersuche beginnt - und irgendwann kann Tib mich der immer noch weiter muss, um eine vielleiiicht noch bessere Stelle zu finden endlich bremsen und wir schlagen auf.

    Der Tag war nicht ohne - vor allem der Anstieg auf die Hochebene - die Sonne erbarmungslos - und die Klamotten sind voller Salz. Wir sind platt - Tib dämmert es später, dass ihm die Sonne wohl ein bisschen einen mitgegeben hat - ich bin dann wohl nur Dank Schirm verschont geblieben.

    Dementsprechend werden die Sterne und die Aussicht auf die andere Seite der Schlucht aus der Hängematte auch nur noch im Augenwinkel des Einschlafens genossen - beeindruckend war die Sicht jedoch.

    "Not all those who wander are lost"

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