Da habe ich doch irgendwo einen alten Reisebericht gefunden. Den Weg habe ich abgeschlossen, aber leider den Bericht nur zur Hälfte.
TEIL I
Wie bei so einigen hat auch mir Corona das Reiseleben nicht einfacher gemacht. Deshalb wählte ich für die Osterferien kurzfristig den Weserberglandweg. Alle Ein- und Ausstiegpunkte kann ich innerhalb von 1 1/2 Stunden mit den Öffis erreichen. Klar war, dass ich den Weg nicht in einem Stück gehen konnte, weil noch Termine anstanden. Auch ein guter Zeitpunkt neues Gear zu testen, welches ich bei nicht gefallen Austauschen kann. Nicht klar war, dass mich meine Impfung einen Tag vor geplanter Abreise ziemlich aus den Socken hauen würde. Ist halt so. Also gingen von den geplanten ersten 4-5 Tagen zwei flöten.
Tag 1
Porta Westfalica - Rinteln ca. 14km
Am Sonntag Mittag machte ich mich dann endlich auf den Weg nach Porta Westfalica. Der Trail beginnt ca 300 Meter entfernt vom Bahnhof mit einer unscheinbaren Tafel auf dem Wanderparkplatz. Nach 50 Metern geht es dann erstmal steil bergauf. Eine gute Einstimmung auf das was noch kommt. Unterhalb eines Funkturms treffe ich auf ein älteres Paar. Sie gucken mich verwirrt an. Dabei bin ich doch noch gar nicht zerlumpt und stinke noch nicht. Egal. Der Weg geht einige Kilometer am Hang entlang. Recht unspektakulär. Das ist aber auch egal. Ich merke wie sehr ich es brauche durch die Natur zu ziehen. Deshalb interessiert es mich auch nicht, dass es sehr bedeckt und stürmisch ist. Ab und zu fängt es an zu tröpfeln.
Nach einiger Zeit erreiche ich einen Steinbruch und es gibt zum ersten Mal so etwas wie Single Trail. Man merkt schon wie urban der Weg doch ist. Links und rechts des Kammes Dörfer, Städte, Straßen. Ich kann es trotzdem genießen, denn dort in der Gegend bin ich aufgewachsen und es ist schön gewisse Orte aus der Ferne zu sehen. Dann geht es steil bergab nach Kleinbremen und dann geht es wieder steil rauf auf den Kamm. An einer Hütte werfe ich ein paar Snacks ein und zieh die Windjacke an. Es pustet ganz schön, wenn auch nicht kalt. Die folgenden Km sind etwas nervig, weil man ständig die Autobahn hört, die ich dann auch überschreite. Bis zu meinem Ziel, die Frankenberg, verläuft der Weg auf Forststrassen. Angekommen mache ich mir erstmal einen Tee mit Schuss in der Hütte. Hier kann man zur Not auch schlafen, aber ich entscheide mich dafür mein Zelt in den Ruinen aufzubauen. Die Mauern geben etwas windschutz. Ich freu mich auf die Nacht. Bevor ich schlafen gehe beobachte ich noch das leuchtende Rinteln unter mir. Leider ist es zu bewölkt um den Vollmond zu sehen.
Tag 2
Rinteln - Süntelturm ca. 35km
Doch von diesem werde ich in der Früh geweckt. Der Himmel ist klar und er scheint direkt in mein Zelt. Dank der offenen Türen null Kondens, obwohl es nachts noch leicht geregnet hat und es eh alles noch recht feucht ist. Ich setz Kaffeewasser auf und packe derweil meinen Kram zusammen. Schnell noch nen Snack und ab geht's. Zum warmwerden geht's auf die Luhdener Klippen. Oben angekommen bin ich wach und gucke in das Tal der Weser hinab. Weiter geht's auf schmalem Pfad, allerdings durch Rodungsgebiet. Nicht sehr schön. In Steinbergen fülle ich mein Wasser nach und dann geht es am Waldrand und durch Wiesen entlang Richtung Deckbergen. Nachdem man die Straße kreuzt wird es richtig richtig schön. Klasse Trail oben auf dem Kamm entlang. Allerdings muss man erstmal da hoch und wie so oft geht der Weg straight den Hügel hoch.
Die Bäume haben noch kein Laub und somit kann man die ganze Zeit ins Tal sehen. Ich lasse mich treiben und passiere die eh geschlossene Paschenburg. Immer weiter auf dem Kamm entlang. Drei Freizeitsurvivalrambos kommen mir mit grossen Rucksäcken entgegen. Einer hat ein Nazishirt an und ich möchte ihn am liebsten mit dem Trekking Stock pfählen. Stattdessen halte ich aus mehreren Gründen den Mindestabstand und schmeiße ihnen ein abfälliges "Grüß Gott" entgegen. Ihre grimmigen Gesichter sehen plötzlich verblüfft aus. Nix wie weg. Bei Rohdental geht es steil bergab ins Tal. Die Sonne brennt. Ich krieg richtig Bock. An der Ibornquelle mache ich eine Pause in der strahlenden Sonne. Das Wasser kommt 100 Meter weiter aus dem Berg und ich hab durst (natürlich gefiltert). Plötzlich tauchen von überall her lauter Menschen auf. Das ist komisch, weil ich bis dahin drei Seelen begegnet bin. Ich werde beäugt und gaffe zurück. Auf geht's ins Höllenbachtal. Links und rechts geht es steil rauf und die Kanten sind von den typischen Felsen gesäumt. Nebenher rauscht der Bach. Man merkt, dass es die Tage zuvor viel geregnet hat. Der Weg hört irgendwann einfach auf und es geht auf einem schmalen Trampelpfad den Hang hoch und plötzlich steht man in einem Dorf. Ein Wegweiser zeigt nun mein heutiges Ziel an: Süntelturm 11km. Den kommenden Abschnitt kenne ich schon und lasse mich treiben. Es ist recht viel los. Am Blutbach geht ich den Strom etwas hinauf Richtung Quelle um mir Wasser zu filtern. Dann geht's mit 3 Litern die steilen Stufen zum Hohenstein hoch. Ich komme gut ins Schwitzen. Muss aber doch einige Gruppen von keuchenden Menschen hinter mir lassen. Ich höre hinter mir: "Jaja. Der hat ja auch einen Stock... Blablabla." Oben angekommen tummeln sich viele Menschen, junge Influencerinnen machen Handstand auf der Klippe. Daneben zwei Kreuze mit Blumen. Ich Trolle mich und ziehe von dannen. Keine 500 Meter weiter habe ich wieder meine Ruhe bis mir eine Familie entgegenkommt die mich panisch fragt ob das der Weg zum Hohenstein ist. Ich bin so nett und zeige ihnen den Weg, geradeaus. Vorbei an Fortschlägen erreiche ich die tolle Süntelkammhütte an der ich vor zwei Wochen schonmal geschlafen habe. Bis zum Süntelturm sind es noch 4 Kilometer. Easy. Ich mach ganz ruhig, da es erst halb vier ist. Irgendwann geht der Weg in einen steinigen steilen Pfad über. Nadelholz ziert die Gegend und es fühlt sich plötzlich ganz anders an, da es bis jetzt nur durch Buchenwälder ging. Irgendwann steh ich auf dem Zufahrtsweg zum Süntelturm biege aber nach 200 Metern wieder rechts auf einen schmalen Pfad ab und lande an dem besten Wild Camp Spot, den ich bis jetzt hatte. Eine kleine Ebene Fläche, eine Bank und eine Aussicht bis nach Porta Westfalica. Ein tolles Gefühl alle Hügel zu sehen über die man gekommen ist. Mit der Untergehenden Sonne hat der Platz leichtes Schwarzwaldfeeling. Plötzlich knackt es im Gebüsch und ein junger Moutainbikefahrer bahnt sich seinen Weg zu mir. Wir unterhalten uns eine gute halbe Stunde ziemlich nett. Er erzählt mir, dass er hier auch schon öfters mit seinem Vater bivakiert hat. Irgendwann zieht er von dannen und ich genieße das restliche Licht und dann die Sterne. Irgendwann drehe ich mich mal um und erschrecke heftig. Ein helles Licht leuchtet mir direkt ins Gesicht. Ich gucke genauer. Es bewegt sich nicht. Vielleicht selbst vor Angst erstarrt. Ich kratz mich am Kopf und ja klar. Das ist der Vollmond der direkt über den Kamm guckt. Ich gönn mir einen. Leicht vom Rum beschwipst krabbel ich in den Quilt. Der Wind hat nachgelassen, aber ab und zu knallen heftige Böen durch die Wipfel. Ansonsten ist es ganz still. Ich schlafe entspannt ein.
Tag 3
Süntelturm - Hameln ca 14 km
Erneut weckt mich der Mond der gleißend hell durch die Bäume scheint. Ich bleib trotzdem noch etwas liegen und höre dem Vogelkonzert zu. Während die Sonne langsam hinter mir aufgeht mache ich Wasser heiss und schaue ins Tal. Ich mache ganz langsam. Heute sind nicht viele km geplant, da ich im Laufe des Tages eh erstmal wieder nach Hause muss. Leider. Der Gedanke daran schmerzt sehr. Draussen fühl ich mich einfach unglaublich wohl und kann komplett abschalten und ich will einfach nur weitergehen, genießen und langsam völlig verwahrlosen. Doch bevor es losgeht erstmal einen Ort zum Loch buddeln suchen. Mit weniger Gewicht geht's sich leichter. Am Süntelturm entsorge ich noch meinen Müll in einem Container. Weiter gehts. Die Sonne knallt durch die kahlen Bäume und auf einem zerfurchten Schlammweg geht's den Berg runter. Es ist noch sehr früh aber es kommen mir schon zwei weitere Outdoor Enthusiasten strammen Schrittes entgegen. Der eine schnitzt im gehen schonmal eine Wildschweinlanze. Ich freue mich darüber, dass sie mindestens genauso ulkig aussehen wie ich selber. Man grüßt sich. Am Fuße des Berges muss ich durch ein kleines Örtchen und das allererste Mal ein paar hundert Meter auf Asphalt gehen. Am Ortsausgangsschild geht des hinauf auf den Schweineberg. Der Name verspricht ja einiges. Statt Schweinen gibt es riesige Flächen mit blühenden Märzenbecher. Wunderschön. Kaum oben angekommen geht es auf einem Pfad gleich wieder runter. Über einen Bach und dann knallhart schnurstracks geradeaus wieder steil nach oben. Klasse. Schön Höhenmeter fressen. Etwas verschwitzt erreiche ich den "Gipfel". Der Weg geht links ab und nach ein paar hundert Metern erreiche ich den Waldrand und eine tolle Aussicht bietet sich mir. Vor mir liegt eine riesige grüne Wiese und ich lasse mich auf einer Bank nieder. Mir wird wieder klar, dass ich in wenigen Kilometern am Hamelner Bahnhof in einen Zug steigen werde... Also hänge ich einfach zwei Stunden gemütlich in der Sonne rum und betreibe Daydrinking. Ein älteres Paar kommt vorbei und wir unterhalten uns über dies und das. Sie sind sehr interessiert und total süß. Nach einer Weile ziehen sie weiter. Es ist mittlerweile T-shirt Wetter. Ich mache mich schweren Herzens auf den Weg. Dieser führt über Wiesen und Felder nach Rohrsen. Hier verlasse ich etwas geknickt den Weserberglandweg und mache mich daran die 2,5 km an der Bundesstraße entlang nach Hameln zu gehen. Der Autolärm ist einfach nur höllisch und schmeißt mich fies zurück in die Realität. Der Bahnhof in Hameln ist wie ausgestorben. Die S-Bahn steht schon da und ist völlig leer. Das bleibt sie auch fast bis nach Hannover. Für die nächsten Tage wurde in der Region Hannover eine Ausgangssperre verhängt. Ich hoffe nur darauf, dass die Region Hameln Pyrmont nicht mitzieht damit ich in ein paar Tagen meine Reise fortsetzen kann.
Was hab ich bis hierhin gelernt? Bisheriges Fazit:
Ich muss noch mehr draussen unterwegs sein.
Instant Kaffee ist mir doch lieber, wenn ich alleine unterwegs bin und ganz früh los möchte. Ausserdem nervt das säubern des Kaffeefilters.
Der Weg gefällt mir. Auch wenn der Single Trail Anteil gerne in den Folgetagen noch etwas größer sein könnte.
Sehr wenig Asphalt.
Schönster Wanderwege 2020? Hmmm. 2020 is ja auch vorbei... Bin gespannt.