Ich bin bekanntlich ein großer Anhänger von Wollkleidung im Winter und möchte hier eine Hose vorstellen, die ich mir vorgestern genäht habe. Als Material dafür habe ich mir einen Lodenstoff ausgesucht, der dimensionsstabil und nicht zu schwer ist. Solche Wollstoffe werden merkwürdigerweise meistens als Mantelstoffe beworben. Hosen aus Loden sind auf dem Markt leider nicht sehr verbreitet - und wenn man eine findet, dann meistens nur zum Preis von über 250 €. Das sind gute Voraussetzungen für ein MYOG-Projekt, denn 1,5 Meter Wollstoff sind deutlich günstiger.
Los geht es!
Zunächst wird der Schnitt angezeichnet. Dazu ist zu sagen, dass ich ein und dasselbe Schnittmuster verwende, egal ob die Hose aus Leinen, Cordura-Baumwoll-Mischgewebe oder eben Wolle gefertigt wird. Sicherlich könnte man da noch optimieren, aber für mich kommt das so hin.
Als nächstes lässt man die Schere knirschen.
Dann werden die Vorderhosen mit den Hosentaschen gefertigt, wobei ich es dabei bevorzuge, auch die Taschen (die bei mir groß ausfallen müssen) aus dem gleichen Material wie die Hose selbst zu fertigen.
Dann werden die Gesäßtaschen vorbereitet und umgebügelt, die ich dann ...
in Jeans-Manier einfach aufsetze. An diesem Punkt werden professionelle Hosendesigner wahrscheinlich die Stirn runzeln, weil ich hier zwei verschiedene Schnittmodelle kombiniere, die normalerweise nicht vermischt werden. Um die Porundung zu erzielen, habe ich hier (in klassischer Manier) oben zwei Abnäher gesetzt, unter die bei einem herkömmlichen Schnitt die Gesäßtasche nach innen eingearbeitet und nach oben mit dem Bund vernäht wird. Jeanshersteller (und die vieler anderer Outdoorhosen) hingegen setzten die Hinterhose aus mindestens zwei Teilen zusammen und vernähen die mit einer Kappnaht, die quer über den Hintern läuft und den Eingriff in die darunter aufgesetzten Taschen stabilisiert. Von einer anderen Wollhose, die ich schon habe, weiß ich aber, dass der Stoff fest genug ist, dass auch die aufgesetzten Taschen die einteilige Hinterhose nicht ausbeulen. Also wähle ich die nahtfreie UL-Variante.
Beim Aufnähen der Gesäßtaschen (und bei vielen anderen Arbeitsschritten) habe bei der Verarbeitung des dicken Wollmaterials von einem kleinen Helferlein profitiert, das bei der Maschine dabei war, und von dem ich anfangs überhaupt nicht wusste, wofür es gut sein soll: eine Unterleghilfe, die verhindert, dass sich der Nähfuß am Nahtanfang schief stellt und dadurch den Tansport behindert.
Auch sehr wichtig ist, dass man immer die Nadeln richtig herum steckt, damit man sie im Nähverlauf nicht gegen den Nähfuß rausziehen muss.
Dann werden Vorder- und Hinterhose an der Seite zusammengenäht und bis zum unteren Ende der Hosentasche gegengesteppt. Hier sieht man auch, dass ich darauf geachtet habe, dass vordere und hintere Taschen auf der gleichen Höhe ansetzen. Das macht sich sehr gut, wenn man alle vier Taschen nach irgendwas durchsuchen muss (was bei mir häufig vorkommt).
Dann werden die beiden Hosenteile an der inneren Beinnaht zusammengenäht und es kann an den Bund gehen.
Weil das die dickste und schwierigste Naht ist, habe ich sie vorher mit Reihgarn (ein kurzfädiger Baumwollfaden, der leicht reißt und deshalb einfach wieder entfernt werden kann) geheftet.
Nun kann man mit der Maschine nähen und sich sicher sein, dass man den gefalteten Bund oben und auch unten passgenau an die Hose näht.
Nun müssen nur noch die Hosenbeine gesäumt ...
... und die Gürtelschlaufen angenäht werden.
Um den vorderen Schlitz zu schließen, verwende ich seit langem nur noch Druckknöpfe, Reißverschlüsse sind mir da unangenehm und normale Knöpfe zu umständlich.
Und zuletzt der obligatorische Gewichtscheck.
Die Hose selbst trägt sich wie ein Traum und fühl sich sehr leicht an!