Tag 2:
La Toba - las Banderillas
Auch morgens windet es noch ordentlich, die Hängematten Schnüre singen weiterhin - und so kostet es mich etwas Überwindung, mich aus der warmen Penntüte zu schälen.
Aber immerhin sorgt der Wind dafür, dass ich rasch zusammenpacke und los trotte Richtung Quelle in La Toba.
Der overnight oats/kekskrümelmix hat eine Konsistenz, die sich im Laufen dort hin Löffeln lässt, da kurz auffüllen und etwas Wasser in's noch müde gesucht werfen und ein geht es auf den Trail.
Wie schon gestern beginnt der GR abermals durchaus hübsch - und führt das morgendlich-diesige Flusstal entlang, an dessen späterer Aufstauung ich gestern so jäh umrouten musste - und schraubt auch langsam in die Höhe.
Leider ist das Vergnügen von noch kürzerer Dauer als gestern - und so stehe ich nach Info 5km sprichwörtlich auf der Straße. Es folgen fast zwei Stunden Asphalt Serpentinen, von denen ich den Kanal derart voll hatte, dass ich hier nicht einmal bebildern kann.
Die Sonne bekommt langsam Kraft - und das Schirmchen, dass ich mir noch fix eingesteckt hatte, ist den plötzlichen Böen trotz Festhalten an allen Ecken und Enden nicht lange gewachsen, sodass er bis zur nächsten Müllabladeoption als nutzloses Gewicht weiter mit reist - und ich wieder zu Armlingen, Mütze und Nackenschutz greife.
Nach dem Regen folgt bekanntlich die Traufe - auf Asphalt folgt Staub und Schotter. Fast zehn Kilometer zieht sich der GR so durch eher öde, flache Landschaft - und in meinem Schädel trommelt die Sinnfrage ein Dauer-Solo.
Dann - endlich eine eigene Wegführung, zumindest für ein paar Kilometer bis nach Ponton Bajo - und das Auge hüpft förmlich ob ein wenig Ansehnlichkeit und Single trail.
Neben der Sinnfrage stieg in mir zwischen Sonne, Asphalt und Staub auch langsam Heißhunger auf EIS auf. Aber wie das manchmal so ist, lande ich nicht nur Montags im Dörfchen, der traditionelle Gastro Ruhetag, sondern auch noch zur in Spanien ja gerne etwas längeren Mittagspause, grob von 2-5. Sowohl die Restaurants, wie auch der Dorfladen, an denen ich leicht gedörrt vorbei komme, sind allesamt zu.
An der allerletzten Dorfecke hat jedoch was offen. Knackevoll, Restaurant wie auch der ein- oder andere Besucher - und zu meinem Erstaunen wird auf hohem Niveau gekocht.
Die Frage des etwas abgerissen aussehenden, ob es Eis gibt, ist mir fast etwas peinlich - es gibt auch keins.
Aaaber - schwupps schiebt mir der Inhaber eine Nachtisch Schüssel rüber, kein Eis, aber gut gekühlt - und wird mir sicherlich schmecken wie er meint - und Recht behält. Auf die Frage, was das eigentlich war - und nach beharrlicher Weigerung, mich dafür bezahlen zu lassen, sagt er grinsend: "Calostro!"
Oha, ok, gestockte Vormilch (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kolostrum)
Aber hey, lecker war's - zum nachkochen: https://www.juliaysusrecetas.com/2017/04/calost…canela.html?m=1
Ich hatte kurz überlegt, ob ich die das Gebiet querende Straße dazu nutze, mich auf die andere Seite mitnehmen zu lassen, entscheide mich Vormilch gestärkt und nach etwas Recherche auf der Karte aber dagegen.
Nach etwas weiterem Gelatsche lockt ein Stück Alternative Route in höheren Gefilden - und auf der anderen Seite des Gebiets scheint die Wasserlage zumindest nach Karte eher schwierig.
Und so geht es wieder los. Zunächst weiter auf Asphalt und Schotter, aber ich habe etwas neuen Schwung gewonnen und latsche das recht stoisch weg.
Das Gestein wird spannender - und ich komme an der - eher unspektakulären - Quelle des Rio Segura vorbei, nach dem die an Cazorla angrenzende Bergregion benannt ist.
Leider folgen weitere zehn Kilometer Schotter, aber wie so oft auf den Spätnachmittag - und mit Blick auf ein spannendes Ziel zündet irgendwie die zweite Luft und ich komme entsprechend fix voran.
Langsam wird es landschaftlich hübscher - und eine eingezeichnete Hütte naht.
Es fühlt sich kurz etwas angelsächsisch an
Kurz vor der Hütte beäugt mich noch ein ziemlich kapitales Exemplar eines iberischen Steinbocks und posiert eher, anstelle sich zu verziehen
Das refugio campo el espino ist wirklich hübsch - und zwar sehr funktional-karg, aber gut in Schuss, inklusive Waschbecken mit Wasserpumpe IN der Hütte.
Ich schaue kurz auf die Uhr, aber zur nächsten Hütte auf dem Gipfel sollte ich es mehr oder minder mit Einbruch der Dunkelheit etwas vor 22Uhr noch schaffen - und so dope ich mich mit ein paar Riegeln und ziehe weiter.