Beiträge von questor | hangloose

    Anreise - willkommen in der Zukunft, Kartoffel!

    Morgens geht es los. Ich fröstele etwas, schiele zum apex Pulli, der eigentlich aus der Liste geflogen ist, das UL-teufelchen zischt "Mensch, Du fliegst in die Georgischen Berge, bist Du denn bekloppt?" ich gehorche, greife den Pulli und los geht es. Selten früh bin ich am Flughafen - da ich schon ein bisschen mental darauf vorbereitet bin, meine fizans doch noch irgendwo im nicht vorhandenen umliegenden Unterholz deponieren zu müssen.

    Aber - die Stöcker gehen anstandslos durch, niemand interessiert sich für den Rucksack mit den vielen merkwürdigen Dingen - yay! Beim Anstehen zur Passkontrolle (der ULer freut sich über die mögliche Einreise mit Personalausweis) steht vor mir ein offensichtlicher anderer Wanderer, erkennbar an den Mondbestätigungsstiefeln. Er besucht allerdings erst jemanden, will dann noch lose wandern, noch nichts konkretes. Wir unterhalten und nett, der ist feuer und Flamme, wie zum Teufel es möglich sein soll, mit derart wenig Gewicht los zu ziehen, notiert sich diverses - ist inzwischen vielleicht sogar schon hier im Forum?

    Es geht los, das Handgepäck darf mit an Bord, auch bei wizzair keine Selbstverständlichkeit.


    Der Flug ist relativ leer, ich kann noch auf einen guten Platz tauschen, werde dann aber doch noch ein Weilchen von meinem Nachbarn besmaltalkt, bis ich meine Schlafabsicht überdeutlich kenntlich mache.
    Wir landen, es wird noch applaudiert - lange nicht mehr gehabt.

    Es erwartet uns ein überraschend moderner Mini-Flughafen, geradezu futuristisch - ich hatte eher mit sovietischem Provinzmilitärcharme gerechnet.

    Es sieht wolkig aus, entpuppt sich bei Ausstieg aber als wesentlich wärmer als optisch erwartet. Kein Gepäck, wie immer spät eingecheckt und guten Platz vorne bekommen, der eigentlich verkauft werden sollte = der erste an der Passkontrolle. Geld gezogen, dann Shuttle Ticket gekauft (5GEL) und ab zum Bus. Allerdings muss ich trotzdem auf Gepäck warten, denn der Bus fährt entsprechend der Ankünfte, nicht etwa alle X Minuten. Satte 1,5h warten wir, bis auch der letzte Trottel den Weg zum Bus gefunden hat. Alles für eime lächerlich kurze Strecke in die Stadt. Bei Betrachtung der Reifen bin ich allerdings nicht undankbar, mit dem Seelenverkäufer nur kurz unterwegs zu sein.

    Später lerne ich, dass ich mich auch direkt mit dem Daumen an die Hauptstraße hätte stellen können, auch Marshutkas fahren dort nach Kutaisi, aber da hatte ich das blöde Ticket ja schon.

    Aber gut, angekommen bewege ich mich zu magti, dem Mobilfunk Anbieter, der das Beste Netz haben soll. Den Shop hatte ich mir bereits raus gesucht. Nach endloser Warterei im Laden stellt sich raus - ich bin bei beetel gelandet, magti ist nebenan. So ist das also, wenn man nicht einmal Markennamen entziffern kann. Die georgische Schrift sieht faszinierend aus, wird aber auch bis zuletzt ein Rätsel bleiben.

    Die SIM bekomme ich überraschend problemlos. Nachdem ich zuletzt in Indien fast eine Woche gebraucht habe und kurz davor war, Mitarbeiter über den Tresen zu zerren, kann ich mein Glück kaum fassen. Sie ist sogar direkt aktiv, ich kann per eigener App auf Englisch und Kreditkarte nachladen und völlig ist das ganze auch noch. 22Gel für Karte, 6GB und ein paar Minuten Telefon und SMS Guthaben - Welcome to the future, Kartoffel!

    Ich hatte mich im Vorfeld bei Couchsurfing bei einem Kutaissianer? angemeldet, es schien mir eine gute Idee, vielleicht etwas lokalen Anknüpfungspunkt zu haben, um ein bisschen über Land und Leute zu lernen.

    Tja, nur ist der gute nicht erreichbar. Was nun? Ich erledige noch weitere Todos - Spiritus, Magen füllen, Wasser kaufen - noch immer nichts.

    Ich überlege kurz, ob ich mir hier ein Zimmer nehme. Da fällt mir ein, dass ich eigentlich auch schon einen Ort weiter könnte, um am nächsten Morgen etwas Zeit zu sparen. Gesagt, getan - auf zum Busbahnhof, auf nach Zugdidi.

    Ich lerne, der 'reguläre' Bus würde nicht mehr fahren, da keine anderen Mitfahrer mehr kämen (es ist etwa 19 Uhr inzwischen). Die Fahrer sprechen kein Englisch, man bietet mir an, mich für 70GEL auch alleine zu fahren. Kommt mir schräg bis fischig vor, ich sehe mich doch in Kutaisi bleiben, ein Bett kostet etwa 20GEL.

    Ich quatsche einen Jungen an, der bei den Fahrern abhängt und mir im englischsprachigen Alter erscheint. Er blüht förmlich stolz auf, übersetzt für mich und gibt mir dann den Tipp, es an einer Straßenecke zu versuchen, da hier ggf. noch Busse aus anderen Städten durch fahren.

    Keine 10 Minuten später habe ich tatsächlich Glück, Verabschiedung läuft mit 1x Wangenkuss, wieder etwas gelernt.

    Den Bus fährt der Teufel persönlich - wie übrigens jeden in Georgien. Sicherheitshalber behangen mit allerlei Kirchengedöns in der Fahrerkabine. Im Heck sind zwei Reihen mit Altglas blockiert. So gesehen bin ich auch wieder dankbar, dass ihm die Existenz der Bremse unbekannt scheint, eine Vollbremsung im Glashaus möchte ich mir nicht ausmalen.

    7GEL und etwa zwei Stunden später bin ich in Zugdidi. Ein ziemlich kleines Kaff, wie sich herausstellt. Unterwegs hatte ich mir eine Unterkunft herausgesucht - 4G auf der kompletten Strecke durchs nirgendwo - willkommen in der Zukunft, Kartoffel

    Ich komme noch an einem kleinen 24h Supermarkt vorbei, einige Obststände seien auch 24h offen, wie ich später lerne - willkommen in der Zukunft, Kartoffel!

    Kekse kauft man lose - schmecken Dank zu viel Natron aber eher nach Waschmittel denn nach Essbarem.

    Hostel cosy home ist alles außer Cody, aber sauber und ich einziger Gast.

    Der Host, ein 'Polizeiermittler', der das Haus seiner Großeltern zum guesthouse umfunktioniert hat, freut sich, sein eigentlich nicht mehr vorhandenes Schuldeutsch zu üben. Er sitzt im Dorm vor der Glotze, Fenster offen, alles hell erleuchtet, es sind noch immer 25°C um 22 Uhr, drinnen eher mehr. Draußen stehen Palmen, Feigen, Granatäpfel - wow!

    Ich denke noch, das wird eine mückige Nacht - scheint aber keine zu geben, wie auch in den kommenden zwei Wochen nicht.

    Irgendwann kommt noch ein Russe mit seiner Mutter, die bereits schon ein paar Tagestouren gemacht haben, wir plaudern etwas, ich streiche früh die Segel, bin kaputt vom langen Tag, meine marshutka fährt morgen um 7:30. Ich Stelle etwas Durchzug her, es ist noch immer unglaublich warm und mit dem Erstaunen, wie laut es doch in einem kleiden Städtchen sein kann, wenn scheinbar jeder einen kläffenden Köter sein Eigen nennt, dämmere ich irgendwann weg.

    Gerade mal wieder etwas Luft, da will ich doch mal wieder einen alten Reisebericht hier rauf schaufeln.
    2018 war ich in Georgien, genauer genommen in der Svaneti Region.

    Swanetien war sogar mal ein unabhängiges Königreich bis in's 12. Jahrhindert

    Swanetien – Wikipedia
    de.wikipedia.org

    Die Swanen gelten noch heute als sehr heimatverbunden und hart im Nehmen.


    Würde mich brennend interessieren, hier auch neuere Reiseerfahrungen zu hören.
    Hatte bei der Recherche nach Routen für diesen Sommer auf Facebook gesehen, dass der TCT gerade das Racha Tal begehbar macht, dass mir bei der Planung seinerzeit als zu wild erschien. Die Bilder schienen mir auch heute noch Recht zu geben...

    The Transcaucasian Trail
    The in-development section of the TCT connecting Svaneti & Racha is one of the toughest sections of the whole trail. There's an old mountain path connecting…
    www.facebook.com



    Aber nun gut - jetzt erst mal rein in die Zeitkapsel:

    Nachdem ich bekanntermaßen schlecht darin bin, im Nachhinein noch groß Reiseerinnerungen hier rein zu kippen, habe ich diesmal meine Gedanken direkt unterwegs per Evernote festgehalten. Hat gut funktioniert und zudem fand ich den Tagebuch Charakter auch für mich recht bereichernd, um mir das Erlebte des Tages noch mal in's Gedächtnis zu rufen.

    Bilder schaufele ich gerade noch hin und her, mache aber schon mal den Anfang.

    Gear review kommt dann am Ende.


    Epilog:

    Da meine bessere Hälfte wie jedes Jahr einen längeren Familienurlaub macht, den ich zum Wohle aller nutze, um eine längere Tour in Angriff zu nehmen, war die Frage, wo es dieses Jahr hin geht.

    Die Liste an noch offen Zielen und Trails ist lang, darauf befand sich auch Georgien. Ich kann gar nicht sagen, wann dieses Land mal dazu gekommen ist, jedenfalls hatte ich es schon eine Weile im Hinterkopf. Gefühlt höre ich es in letzter Zeit immer öfter, es scheint mir gerade ein nicht ganz so geheimer Geheimtipp zu sein. Damit verband sich bei mir der Gedanke, so bald als möglich hin zu reisen, ehe es zu überlaufen wird. Besser jetzt als nie! Etwas spät war ich z.T. wohl schon dran, aber dazu im Verlauf mehr.

    Wichtig ist mir auch immer, eine längere, zusammenhängende Tour von A nach B zu machen, keine einzelnen Versatzstücke.

    Mit dem hier diskutierten TCT und der äußerst informativen Seite von Jozef Antala, caucasus-trekking.com/ war schnell eine gute Informationsgrundlage für die Planung vorhanden. Nur Zeit zum planen hatte ich keine. Ich war im Vorfeld viel unterwegs, das Zeitfenster rückte näher und näher. Das größte zusammenhängende Gebiet schien mir Svaneti Nähe der russischen Grenze zu sein, wo auch der tct verläuft.

    Viel weiter kam ich nicht. Es fiel mir schwer, ein Gespür dafür zu bekommen, wie anspruchsvoll die Region ist, ob ich mir die Tour überhaupt zumuten kann.

    Aber das Zeitfenster, später August schien ideal. Viele Pässe in der Region sind bis in den späten Juli noch ordentlich weiß - und bereits Anfang September kann das Spiel bereits wieder von vorne beginnen. Besser jetzt als nie!

    Was half, um Nagel mit Köpfen zu machen war - Druck. Also einen knappen Monat vorher Flüge gebucht. Die Flüge waren inzwischen bereits im Preis gestiegen, ursprünglich waren es mal 160€, Nun schon 230€, also zum Dritten - besser jetzt als nie.

    Wizzair fliegt von mehreren deutschen Flughäfen direkt nach Kutaisi, deutlich näher an der Svaneti Region gelegen als Tblisi. Ich wollte mich komplett auf wandern fokussieren, sollte mir das Land gefallen, Konus ich immer noch mal hin, im mir Tblisi und andere Sehenswürdigkeiten anzusehen.

    Die schlanken 80€ für Aufgabegepäck bei klemmte ich mir, der Plan war, entweder vor Ort Wanderstöcke oder zumindest ein paar Besenstiele zu kaufen und mit Plastik Heringen zu fliegen.

    Damit waren die Eckdaten eingeschlagen, 17 Tage nominal sollten mit mäßigen Flugzeiten in etwa 13-14 Tage Tour erlauben.

    Hiermit erarbeitete ich mir auf der tct Seite, vor allem aber bei caucasus trekking eine Route mit ein paar alternativen Optionen und Verlängerungen, also 14 Tage plus X.

    Ich wollte grob von West nach Ost durch die Svaneti Bergregion, hatte am Anfang, sowie am Ende noch Optionen, bei denen ich mir nicht sicher war, auch, weil die Dauer der Etappen je nach Quelle oder Reisebericht Recht unterschiedlich ausfiel - und das Höhenprofil der Tour für meine Verhältnisse beachtlich.

    Dann noch ein bisschen Klimadiagramme geschaut, Wetter beobachtet, Baumgrenze betrachtet, viel konkreter wurde die Planung irgendwie nicht, ich fühlte mich so schlecht wie selten vorbereitet.

    Aber der Druck hatte etwas Bewegung ausgelöst. Noch fehlender Kleinkram an Gear wurde geordert, u.a. die neuen 120er swiss piranhas, die Nähmaschine angeworfen, endlich das längst überfällige Tarp, snakeskins und Schultergurttaschen fertig genäht, der Rucksack modifiziert, Pot cozy zusammengeklatscht und und und.

    Testen konnte ich das ganze lediglich auf der Brauereitour, keine Woche vor Abflug. Machte alles einen passablen Eindruck, Zeit für Alternativen hab es quasi eh keine.

    Essensplanung lief auch eher Pi*Daumen. Für 5 Tage eingepackt, danach sollte es angeblich in einem der Orte einen Laden geben. Auch hier eher Bei Nebel auf Sicht gefahren, was man üblicherweise in Georgien an Lebensmitteln in kleineren Geschäften bekommt? Keine Zeit für Details, wird schon...

    Was ich allerdings in Erfahrung gebracht hatte war, dass es in den Ort, in dem ich landen sollte keinerlei Sportgeschäft mit Wanderstöcken zu gehen schien. Gas verkauft wohl der örtliche Busshuttle, allerdings nur 500g Bomben. Brauchbar Spiritus ist aber wohl in Apotheken erhältlich.

    Ich entschied mich dafür, es drauf ankommen zu lassen und meine Fizans im Rucksack zu transportieren und auf Spiritus zu setzen.

    Stilecht am letzten Abend gepackt, in der Hoffnung, nichts zu vergessen und dann ging es am nächsten Morgen in aller Frühe auch schon los.

    Hmm, irgendwie revolutionäreres erwartet, als diesen Schulterzucker, der selbst auf 1,5-facher Geschwindigkeit nur schwer bis zum Ende zu ertragen war. Eher eine Erinnerung daran, warum ich die YouTube Boys im Kinderzimmer mit farbiger LED Beleuchtung im Billy Regal und dem schlecht gescripteten pseudospontan-Sprech in ständiger Du Vereinnahmung einfach nicht aushalte.

    Da kann ich mich selbst auf ULjerk noch deutlich besser amüsieren...

    Vivos waren früher sehr schnell durch, was das Profil angeht. Angeblich hat sich das gebessert, keine eigene Erfahrung mehr.

    Altra hält 5-600km steinige Gelände bei mir max.

    Merrell trail gloves waren ungefähr ähnlich, mit mittlerweile aber zu schmal von der toebox her, obwohl eh schon hoffnungslos zu groß getragen.

    Was wiegt denn das Lademonster? Xiaomi ist, bzw. war zumindest auch für sein sehr rigoroses Batteriemanagement bekannt. Was im Alltag schon mal verzweifeln lässt, wenn eine App partout immer wieder gekillt wird, und wenn man sich auf den Kopf stellt, ist auf Tour wiederum ja durchaus willkommen in Sachen Laufzeit.

    Für mich ist der Tradeoff der zwischen guter Kamera und Akkulaufzeit.

    Der Zusammenhang wäre mir neu?

    Zu features, die wichtig sind: Ich finde auch einigermaßen schnelles Laden nicht verkehrt. Endlich nicht mehr ewig an einem Kaffee festhalten müssen 😅

    Und ein zweiter SIM Slot schadet auf Tour im Ausland auch nicht, esim Fähigkeit ebensowenig.

    Wobei das wirklich schnelle lassen ja meist nur mit entsprechend schweren Ladegeräten funktioniert, die ich eh nicht mit auf Tour nehmen würde. Aber 20-30W gehen halt auch mit dem kleinen Anker Nano Ladegerät, wenn das Telefon die zumindest voll abrufen kann, ist das schon was.

    Absolut, aber zwischen den kleineren Orten in der Gegend in einer Größenordnung, und mit einer Menge an Infrastruktur - zumindest auf der Karte - dass wir uns heißhungrig-sehnsüchtig doch zumindest eeetwas mehr Optionen als Halswehbonbons aus der Apotheke erhofft hatten :D;(

    Allerdings scheint Ende Oktober auch noch mal ein besonders schlechter Zeitraum zu sein, einige Geschäfte und Restaurants hatten explizit da noch mal Urlaub zwischen den Jahreszeiten.

    Ich hatte bei all den Liften und Gondeln auf der Karte vorab auch gedacht, dass die ein- oder andere Anlage vielleicht auch in der 'Grünsaison' läuft und Ausflügler auf die Gipfel bringt (und darbende Wanderer in die Täler zum kulinarischen Amoklauf), wie man es aus anderen Gegenden ab und an kennt, aber dem scheint nirgends so zu sein.

    Und mal so wie bei Regenröcken aus Richtung Müllbeutel/Bratschlauch/Packliner her gedacht bei der eh schon länglichen Rumpfform? Gibt's in diversen Größen und Umfängen, wenn man sich da gleich schon dem passenden Maß nähert, braucht es wahrscheinlich nicht mal mehr viel Befestigung. Und um es irgendwo enger zu machen reicht etwas Tape zum raffen.

    Bein-/Schwanzlöcher, Geschirr zum in Position halten, ggf. noch Gurt oder Elastikband, falls nötig - und vielleicht noch etwas angeschrägt angeschnitten für's Wasser lassen. ^^

    So weit die Theorie vom Katzenmensch, bei denen sowas eh undenkbar wäre ^^