Beiträge von Nic-Riviera

    Wenn du den Rock nur beim Wandern trägst, würde ich dünnes Silnylon nehmen, wie Micha schon erwähnt hat. Willst du dich aber auch mal mit dem Rock auf etwas nasses setzten, oder ihn sogar als Groundsheet multiusen würde ich PU-Beschichtung wählen, Zum Beispiel diesen Stoff.

    Tyvek (nicht so wasserdicht, aber abriebfester) oder Poycro (richtig dicht, aber fragil) gehen natürlich auch.

    mfg
    der Ray

    Nutze den Rock sonst nur um meine Schuhe Nachts einzuwickeln, damit keine Schnecken oder Krabbler reingehen.

    Polycro und Mülltüte benutze ich nicht. Das ist mir nicht nachhaltig genug. Und ne Mülltüte sieht einfach scheisse aus. Ich werd sowieso schon oft genug komisch angeguckt. :P


    Danke für eure Antworten und Tipps.

    Huhu. Mein Aliexpress Regenrock ist nach Jahren der Nutzung reif für die Tonne. Da ich keine Sachen mehr bei Ali oder Amazon bestellen möchte und keine Lust habe 50€+ für so nen fancy Ding zu zahlen möchte ich mich mit meiner Mama an dieses Projekt wagen. Als Schnittmuster würde ich den ollen Lumpen nehmen.

    Welchen beschichteten wasserdichten Stoff, welche Dicke würdet ihr dafür nehmen. Habe mal bei Extremtextil geguckt, aber die Auswahl hat mich überfordert.

    Unseriös. Er zeigt einen Preis für das BA Carbon als es nichts anderes gab und BA hoffte damit einen Reibach zu machen. Die Zelte sind seit Monaten 50 % rabattiert. Dann stellt er ohnehin gebrochene Zeltstangen in den Wind die dann logischerweise wieder brechen. Deshalb liebe ich "Content Creators" auch so sehr. Dies ist 100 % Dan Becker Niveau.

    Ajo. Content Creator sehe ich meist aus Unterhaltungsgründen. Klar sind die biased. Finde es aber logisch, wenn das Gestänge bricht die Reparturhülse zu nutzen. Das würde man auf Tour ja auch versuchen. Also ich zumindest.

    Sehr schöner Bericht, vielen Dank! Ich werde nämlich Ende Oktober ab Etappe 4 gen Norden laufen, allerdings ohne Zelt weil es schon so lange dunkel ist. Die ersten drei Etappen waren eine schöne Bauchlandung in Sachen UL bei mir (hab ich auch schon geschrieben).

    Bin mal gespannt, wie es jetzt ist. Lüntorf werde ich wohl auslassen, es gibt ums Verrecken keine Unterkunft in der Nähe, aber dann geh ich halt an der Weser lang...

    LG :)

    Ich hab deinen Bericht gelesen und mich dann erinnert, dass ich mal etwas zum Weg geschrieben habe. An der Weser ist es ja auch schön. Von der Weser hat man ja sonst recht wenig. Happy Trails.

    Also ich suche mir für meine FKTs immer die Wege aus, die noch niemand gegangen ist. 8o
    2023 war auch so ein wahnsinnger Belgier auf dem PCT unterwegs. Also er sah nicht unbedingt beneidenswert aus. Aber das Mindset muss heftig sein. Ich glaube er hat 55 (?) Tage gebraucht... Zumindest absurd wenig.

    Teil II
    Hameln - Lüntorf ~36km
    Nachdem ich alle Termine erledigt hatte war eigentlich der Plan am Ostermontag wieder loszuziehen. Der Blick morgens aus dem Fenster lässt mich erschüttern. Schnee, Hagel, Regen und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ich will die Ferien genießen und mich nicht quälen. Ich lege mich wieder ins Bett. Am Dienstag das gleiche Bild. Für Mittwoch ist besseres Wetter angekündigt... Am Mittwoch morgen schnappe ich mir meinen Rucksack und will gerade zur Tür raus. Scheisse. Zähneputzen vergessen. Also nochmal ins Bad. Dort stehe ich in einer Pfütze. Anscheinend ist mein Boiler undicht und läuft aus. Klasse. Also schnell Wasser abdrehen und Sicherung raus. Ein Anruf beim Gaswasserscheissemann bringt Ernüchterung. Sie kommen erst in zwei Tagen. Richtig geil. Nicht. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich nicht einfach aus dem Haus bin und den Schaden noch bemerkt habe. Ich lege meine Pläne auf Eis und plane fürs Wochenende einen Overnighter... Eine Woche später: endlich soll es weitergehen. Am Samstag morgen steige ich in aller Früh in die Bahn nach Hameln. Dort angekommen kämpfe ichmich entlang der Bahn und durch ein vermülltes Industriegebiet nach Rohrsen, wo ich den Weg zuletzt verlassen habe. Über kleine Hügel geht es in nächste Dorf und von dort auf Asphalt Richtung Waldrand. Ziemlich unspektakulär. Links Wald, rechts Felder und das unglaublich hässliche Hameln. Der Weg geht durch Felder wieder ins nächste Dorf. Zum Glück entdecke ich einen kleinen Pfad. Den will ich gehen. Laut Karte mündet er in ein paar km wieder auf den Weserberglandweg. Dieser führt dann leider über breite ausgefahrene und von den Harvester aufgewühlte Forststrassen. Einzig die vielen tollen Blumen und Blüten am Wegesrand erfreuen mein Herz. In Völkershausen dann das erste Mal sowas wie Single Trail. Für 200 Meter. Oh weh. Der Pfad endet an der Hellbachbaude. Eine große Hütte mit vielen Bänken und Tischen. Auch genug Platz um ein Zelt aufzuschlagen gibt es. Ich mache nur eine kurze Rast und setze dann meinen Weg auf der Wanderautobahn fort. Das nächsteZiel ist Emmern. Sobald man aus dem Wald kommt dominiert das hässliche Kraftwerk Grohnde das Bild. Nun gilt es auf die andere Seite des Tals zu kommen. Es geht durch die Stadt, durch ein weiteres Industriegebiet. Ich studiere die Karte und sehe, dass es weiterhin über Feldwege geht. Ich beschließe ein paar Bier zu kaufen und mir den Weg schön zu saufen. Auf geht's. Trotz der Ödnis bekomme ich plötzlich heftige Glücksgefühle, und das noch vor dem ersten Bier. Wahrscheinlich die Vorfreude. Nach ein paar Kilometern treffe ich auf einer Kuppe auf eine Bank. Hier lass ich es mir gut gehen. Auf den Wiesen drumherum tummeln sich die Hasen undRehe. Eins kommt sogar auf 10 Meter an mich heran. Das Bier schmeckt und ich gönne mir noch eine Kräutermischung. Es ist 13 Uhr, ich hab schon 25km hinter mir und für den Rest des Tages sind es nur noch ca 11. Ich lasse mich gehen... Der Wind nimmt irgendwann zu und mir wird frisch. Mit leichtem Fuß gehe ich weiter. Die Hämelschenburg kommt im klassischen Weser Renaissance Stil daher. Kultur brauche ich gerade nicht. Weiter gehts. Auf einem gepflasterten Weg durchs Emmertal. Meine Hoffnung auch nur noch einen einzigen KM Trail zu laufen schwindet dahin... Zu Recht. Es geht wieder in den Wald hinauf. Mein Ziel ist grob Lüntorf. Laut Wegweiser noch 3 km. Es ist aber erst 16 Uhr. Ich suche mir einen verlassenen Waldweg und stampfe Richtung Kamm empor bis ich eine schöne Stelle für eine weitere Rast finde. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so viele Pausen gemacht habe. So sitze ich daund beobachte den Weg unter mir. Aber nichts passiert. Sowieso habe ich den ganzen Tag nicht einen anderen Menschen mit Rucksack getroffen. Irgendwann wird mir wieder frisch und ich geh weiter... Nahe Lüntorf halte ichAusschau nach einem Platz für die Nacht. Aber es ist aussichtslos. Überall Hochsitze. Wirklich überall. Keine Lust auf ein Kreuzfeuer... Etwas abseits vom Dorf gibt es einen Sportplatz. Das könnte gehen. Es ist 18 Uhr und ich lege mich in die Sonne. Ich würde ja auch gernejemanden Fragen, ob ich da schlafen kann, aber es gibt keine Kontaktinfos am Platz. Zwei Spaziergänger kommen vorbei. Nachdem sie nichtmal zurückgrüßen spare ich mir den Versuch eines Gesprächs. Dann halt so. Ichverkrümel mich in die letzte Ecke des Platzes, welche nur schwer einzusehen ist. Leider ist der Boden viel zuuneben zum Zelten. Also auf die Dunkelheit warten und auf dem Platz aufbauen. Die Zeit vertreibe ich mir mit Bier, essen, dies das und geheimen Dingen. Endlich ist es dunkel und ich will gerade mein Zelt aufbauen als sich Scheinwerfer nähern. Lieber nochmal kurz in Deckung. Dieses Spiel wiederholt sich noch 3 Mal. Unglaublich. Die ganze Zeit kommt niemand bei und bei Dunkelheit wird der Weg wohl zur Hauptverkehrstrasse, oder wie? Es reicht mir. Ich mach einfach. Und tatsächlich ist vorerstRuhe. Nur ein Fuchs kommt daher und beobachtet mich in meinem treiben. Toll. Helfen möchte er nicht. Nebenbei fällt mir auf, dass ich noch nie auf einem Sportplatz gezeltet habe und fantasiere darüber wie es damals wohl in meinem Heimatdorf abgegangen wäre wenn dort einFremder gezeltet hätte: "Da hinten schleicht einer rum. Ist das etwa ein Landstriche? Wir schließen heute nacht besser alles doppelt ab. Der sieht auch ganz komisch aus. Trägt Leggins. Und guck da, lange Haare hat er auchnoch." Ich muss schmunzeln.
    Irgendwann steht dann die Laube und ich lege mich ab.Viel Ruhe gab's dann aber trotzdem nicht. Der Fuchs schleicht immer um das Zelt und im Wald nebenan machen ein paar Tiere heftig Randale. Ich bin so kaputt,dass ich trotzdem einschlafe.

    Lüntorf - Bodenwerder ~20km
    Um halb 6 bimmelt der Wecker. Mir ist kalt. Leichter Regen tröpfeln aufs Zelt. Ich liebe das Geräusch und möchte dazu einfach wieder einschlafen. Aber ich will los. Ich liege auf dem Präsentierteller und bald kommen bestimmt die ersten Menschen mit ihren Hunden hier vorbei. Also alles flott eingepackt und auf. Frühstück gibt's später. Es geht wieder durch Felder und dann wieder in den Wald hinein. Ausgiebige Rohdungsarbeiten erinnern an Fotos aus der Schlacht von Verdun. Gleichzeitig wird anscheinend die nächste Monokultur gepflanzt. Es geht nur noch geradeaus und bergab. Ich schalte ab. Sievershausen liegt im Tal bietet einen hübschen Anblick. Es geht sofort wieder straff nach oben durch den Wald. Am Waldrand angekommen sehe ich wiedie Sonne die weitflächigen Felder erleuchtet. Zeit für Kaffee und Frühstück. Ab jetzt geht's erstmal nur bergab und in der Ferne kann man schon Bodenwerder erahnen. In Hehlen hat tatsächlich der Bäcker offen. Ich gönne. Dann geht's über die Weser. Hier ist sie wesentlich schöner als in Emmen. Anscheinend geht der Trail direkt am Ufer entlang, aber das ist in regelmäßigen Abständenmit Zäunen abgesperrt. Also Asphalt... Uff. Es ist trotzdem schön, da es endlich mal ein kleines Stück an der Weser entlang geht. Die Sonne strahlt. Es ist niemand unterwegs. Irgendwann will der Wegweiser mich links auf den Hügel führen und oben durch den Wald. Irgendwie ist es zu schön und befürchte wieder einen zerpflügten Wald. Also folge ich der Fahrradroute entlang der Weser. Eine gute Entscheidung. Linker Seite gibt es schöne Felsen, Wald und einige Quellen. Rechts leuchtet der Fluß. Ich komme an einer schönen Schutzhütte vorbei. Drinnen hat jemand ein Lagerfeuer gemacht und wohl eine Party veranstaltet. Überall liegt verkohlstes Holz, Bierdosen, Müll und Scherben. Der Mülleimer steht keine 2 Meter weiter. Ich bekomme Gewaltfantasien. Neben dem gemeinen Nazischwein ist die Umweltsau mittlerweile mein Feindbild Nr. 1. Bevor ich gehe kratze ich noch ein paar Aufkleber mit Knetbirnen Parolen von der Mülltonne. Als ich die Reste entsorgen will sehe ich in der Tonne die Überbleibsel von Wegweisern. Ich kann mir darauf keinen Reim mehr machen. An der Schnellstraße treffen sich beide Wege wieder. Es ist zehn Uhr und 19km sind runter. Ich überlege ob ich die nächste Etappe mit 20km auch noch mache. Ein Blick auf das Höhenprofil nimmt mir die Entscheidung ab. Morgen muss ich arbeiten und ich wäre erst sehr spät zu Hause. Um nach Hause zu fahren ist es mir noch zu früh und ich lege mich auf eine Wiese am Weserufer und lasse alles nochmal im Kopf Revue passieren. Was mir aufgefallen ist:

    - der Weg an sich war nicht so der Hit. Zu viele Forst- und & Feldwege.
    - trotzdem konnte ich die Kulturlandschaft doch irgendwie genießen
    - seitdem ich das Strapsystem für meinen Quilt richtig nutze zieht es mehr. Komisch. Ich werde es wieder falsch nutzen.
    - ich habe schon lange nicht mehr so viele Tiere gesehen

    Irgendwann bin ich fertig mit sinnieren und mache mich über die Weserbrücke auf Richtung Bodenwerder. Von dort nehme ich den Bus nach Hameln. Neben mir sind 2 weitere Fahrgäste an Bord. Auf der Fahrt sehe ich noch ein paar Punkte an denen ich vorbeigelaufen bin. In Hameln steht schon die S Bahn bereit und ich lasse mich auf die Sitze fallen. Schräg hinter mir sitz ein Mann der pausenlos durch sein Telefon mit diversen Menschen meckert und komische Wörter benutzt. Mir wird klar, dass ich nun wieder im stressigen Stadtleben angekommen bin. Wehmut macht sich breit. Aber bald werde ich meine Reise in Bodenwerder fortsetzen.

    Da habe ich doch irgendwo einen alten Reisebericht gefunden. Den Weg habe ich abgeschlossen, aber leider den Bericht nur zur Hälfte. 

    TEIL I
    Wie bei so einigen hat auch mir Corona das Reiseleben nicht einfacher gemacht. Deshalb wählte ich für die Osterferien kurzfristig den Weserberglandweg. Alle Ein- und Ausstiegpunkte kann ich innerhalb von 1 1/2 Stunden mit den Öffis erreichen. Klar war, dass ich den Weg nicht in einem Stück gehen konnte, weil noch Termine anstanden. Auch ein guter Zeitpunkt neues Gear zu testen, welches ich bei nicht gefallen Austauschen kann. Nicht klar war, dass mich meine Impfung einen Tag vor geplanter Abreise ziemlich aus den Socken hauen würde. Ist halt so. Also gingen von den geplanten ersten 4-5 Tagen zwei flöten.

    Tag 1
    Porta Westfalica - Rinteln ca. 14km
    Am Sonntag Mittag machte ich mich dann endlich auf den Weg nach Porta Westfalica. Der Trail beginnt ca 300 Meter entfernt vom Bahnhof mit einer unscheinbaren Tafel auf dem Wanderparkplatz. Nach 50 Metern geht es dann erstmal steil bergauf. Eine gute Einstimmung auf das was noch kommt. Unterhalb eines Funkturms treffe ich auf ein älteres Paar. Sie gucken mich verwirrt an. Dabei bin ich doch noch gar nicht zerlumpt und stinke noch nicht. Egal. Der Weg geht einige Kilometer am Hang entlang. Recht unspektakulär. Das ist aber auch egal. Ich merke wie sehr ich es brauche durch die Natur zu ziehen. Deshalb interessiert es mich auch nicht, dass es sehr bedeckt und stürmisch ist. Ab und zu fängt es an zu tröpfeln.
    Nach einiger Zeit erreiche ich einen Steinbruch und es gibt zum ersten Mal so etwas wie Single Trail. Man merkt schon wie urban der Weg doch ist. Links und rechts des Kammes Dörfer, Städte, Straßen. Ich kann es trotzdem genießen, denn dort in der Gegend bin ich aufgewachsen und es ist schön gewisse Orte aus der Ferne zu sehen. Dann geht es steil bergab nach Kleinbremen und dann geht es wieder steil rauf auf den Kamm. An einer Hütte werfe ich ein paar Snacks ein und zieh die Windjacke an. Es pustet ganz schön, wenn auch nicht kalt. Die folgenden Km sind etwas nervig, weil man ständig die Autobahn hört, die ich dann auch überschreite. Bis zu meinem Ziel, die Frankenberg, verläuft der Weg auf Forststrassen. Angekommen mache ich mir erstmal einen Tee mit Schuss in der Hütte. Hier kann man zur Not auch schlafen, aber ich entscheide mich dafür mein Zelt in den Ruinen aufzubauen. Die Mauern geben etwas windschutz. Ich freu mich auf die Nacht. Bevor ich schlafen gehe beobachte ich noch das leuchtende Rinteln unter mir. Leider ist es zu bewölkt um den Vollmond zu sehen.

    Tag 2
    Rinteln - Süntelturm ca. 35km
    Doch von diesem werde ich in der Früh geweckt. Der Himmel ist klar und er scheint direkt in mein Zelt. Dank der offenen Türen null Kondens, obwohl es nachts noch leicht geregnet hat und es eh alles noch recht feucht ist. Ich setz Kaffeewasser auf und packe derweil meinen Kram zusammen. Schnell noch nen Snack und ab geht's. Zum warmwerden geht's auf die Luhdener Klippen. Oben angekommen bin ich wach und gucke in das Tal der Weser hinab. Weiter geht's auf schmalem Pfad, allerdings durch Rodungsgebiet. Nicht sehr schön. In Steinbergen fülle ich mein Wasser nach und dann geht es am Waldrand und durch Wiesen entlang Richtung Deckbergen. Nachdem man die Straße kreuzt wird es richtig richtig schön. Klasse Trail oben auf dem Kamm entlang. Allerdings muss man erstmal da hoch und wie so oft geht der Weg straight den Hügel hoch.
    Die Bäume haben noch kein Laub und somit kann man die ganze Zeit ins Tal sehen. Ich lasse mich treiben und passiere die eh geschlossene Paschenburg. Immer weiter auf dem Kamm entlang. Drei Freizeitsurvivalrambos kommen mir mit grossen Rucksäcken entgegen. Einer hat ein Nazishirt an und ich möchte ihn am liebsten mit dem Trekking Stock pfählen. Stattdessen halte ich aus mehreren Gründen den Mindestabstand und schmeiße ihnen ein abfälliges "Grüß Gott" entgegen. Ihre grimmigen Gesichter sehen plötzlich verblüfft aus. Nix wie weg. Bei Rohdental geht es steil bergab ins Tal. Die Sonne brennt. Ich krieg richtig Bock. An der Ibornquelle mache ich eine Pause in der strahlenden Sonne. Das Wasser kommt 100 Meter weiter aus dem Berg und ich hab durst (natürlich gefiltert). Plötzlich tauchen von überall her lauter Menschen auf. Das ist komisch, weil ich bis dahin drei Seelen begegnet bin. Ich werde beäugt und gaffe zurück. Auf geht's ins Höllenbachtal. Links und rechts geht es steil rauf und die Kanten sind von den typischen Felsen gesäumt. Nebenher rauscht der Bach. Man merkt, dass es die Tage zuvor viel geregnet hat. Der Weg hört irgendwann einfach auf und es geht auf einem schmalen Trampelpfad den Hang hoch und plötzlich steht man in einem Dorf. Ein Wegweiser zeigt nun mein heutiges Ziel an: Süntelturm 11km. Den kommenden Abschnitt kenne ich schon und lasse mich treiben. Es ist recht viel los. Am Blutbach geht ich den Strom etwas hinauf Richtung Quelle um mir Wasser zu filtern. Dann geht's mit 3 Litern die steilen Stufen zum Hohenstein hoch. Ich komme gut ins Schwitzen. Muss aber doch einige Gruppen von keuchenden Menschen hinter mir lassen. Ich höre hinter mir: "Jaja. Der hat ja auch einen Stock... Blablabla." Oben angekommen tummeln sich viele Menschen, junge Influencerinnen machen Handstand auf der Klippe. Daneben zwei Kreuze mit Blumen. Ich Trolle mich und ziehe von dannen. Keine 500 Meter weiter habe ich wieder meine Ruhe bis mir eine Familie entgegenkommt die mich panisch fragt ob das der Weg zum Hohenstein ist. Ich bin so nett und zeige ihnen den Weg, geradeaus. Vorbei an Fortschlägen erreiche ich die tolle Süntelkammhütte an der ich vor zwei Wochen schonmal geschlafen habe. Bis zum Süntelturm sind es noch 4 Kilometer. Easy. Ich mach ganz ruhig, da es erst halb vier ist. Irgendwann geht der Weg in einen steinigen steilen Pfad über. Nadelholz ziert die Gegend und es fühlt sich plötzlich ganz anders an, da es bis jetzt nur durch Buchenwälder ging. Irgendwann steh ich auf dem Zufahrtsweg zum Süntelturm biege aber nach 200 Metern wieder rechts auf einen schmalen Pfad ab und lande an dem besten Wild Camp Spot, den ich bis jetzt hatte. Eine kleine Ebene Fläche, eine Bank und eine Aussicht bis nach Porta Westfalica. Ein tolles Gefühl alle Hügel zu sehen über die man gekommen ist. Mit der Untergehenden Sonne hat der Platz leichtes Schwarzwaldfeeling. Plötzlich knackt es im Gebüsch und ein junger Moutainbikefahrer bahnt sich seinen Weg zu mir. Wir unterhalten uns eine gute halbe Stunde ziemlich nett. Er erzählt mir, dass er hier auch schon öfters mit seinem Vater bivakiert hat. Irgendwann zieht er von dannen und ich genieße das restliche Licht und dann die Sterne. Irgendwann drehe ich mich mal um und erschrecke heftig. Ein helles Licht leuchtet mir direkt ins Gesicht. Ich gucke genauer. Es bewegt sich nicht. Vielleicht selbst vor Angst erstarrt. Ich kratz mich am Kopf und ja klar. Das ist der Vollmond der direkt über den Kamm guckt. Ich gönn mir einen. Leicht vom Rum beschwipst krabbel ich in den Quilt. Der Wind hat nachgelassen, aber ab und zu knallen heftige Böen durch die Wipfel. Ansonsten ist es ganz still. Ich schlafe entspannt ein.

    Tag 3

    Süntelturm - Hameln ca 14 km

    Erneut weckt mich der Mond der gleißend hell durch die Bäume scheint. Ich bleib trotzdem noch etwas liegen und höre dem Vogelkonzert zu. Während die Sonne langsam hinter mir aufgeht mache ich Wasser heiss und schaue ins Tal. Ich mache ganz langsam. Heute sind nicht viele km geplant, da ich im Laufe des Tages eh erstmal wieder nach Hause muss. Leider. Der Gedanke daran schmerzt sehr. Draussen fühl ich mich einfach unglaublich wohl und kann komplett abschalten und ich will einfach nur weitergehen, genießen und langsam völlig verwahrlosen. Doch bevor es losgeht erstmal einen Ort zum Loch buddeln suchen. Mit weniger Gewicht geht's sich leichter. Am Süntelturm entsorge ich noch meinen Müll in einem Container. Weiter gehts. Die Sonne knallt durch die kahlen Bäume und auf einem zerfurchten Schlammweg geht's den Berg runter. Es ist noch sehr früh aber es kommen mir schon zwei weitere Outdoor Enthusiasten strammen Schrittes entgegen. Der eine schnitzt im gehen schonmal eine Wildschweinlanze. Ich freue mich darüber, dass sie mindestens genauso ulkig aussehen wie ich selber. Man grüßt sich. Am Fuße des Berges muss ich durch ein kleines Örtchen und das allererste Mal ein paar hundert Meter auf Asphalt gehen. Am Ortsausgangsschild geht des hinauf auf den Schweineberg. Der Name verspricht ja einiges. Statt Schweinen gibt es riesige Flächen mit blühenden Märzenbecher. Wunderschön. Kaum oben angekommen geht es auf einem Pfad gleich wieder runter. Über einen Bach und dann knallhart schnurstracks geradeaus wieder steil nach oben. Klasse. Schön Höhenmeter fressen. Etwas verschwitzt erreiche ich den "Gipfel". Der Weg geht links ab und nach ein paar hundert Metern erreiche ich den Waldrand und eine tolle Aussicht bietet sich mir. Vor mir liegt eine riesige grüne Wiese und ich lasse mich auf einer Bank nieder. Mir wird wieder klar, dass ich in wenigen Kilometern am Hamelner Bahnhof in einen Zug steigen werde... Also hänge ich einfach zwei Stunden gemütlich in der Sonne rum und betreibe Daydrinking. Ein älteres Paar kommt vorbei und wir unterhalten uns über dies und das. Sie sind sehr interessiert und total süß. Nach einer Weile ziehen sie weiter. Es ist mittlerweile T-shirt Wetter. Ich mache mich schweren Herzens auf den Weg. Dieser führt über Wiesen und Felder nach Rohrsen. Hier verlasse ich etwas geknickt den Weserberglandweg und mache mich daran die 2,5 km an der Bundesstraße entlang nach Hameln zu gehen. Der Autolärm ist einfach nur höllisch und schmeißt mich fies zurück in die Realität. Der Bahnhof in Hameln ist wie ausgestorben. Die S-Bahn steht schon da und ist völlig leer. Das bleibt sie auch fast bis nach Hannover. Für die nächsten Tage wurde in der Region Hannover eine Ausgangssperre verhängt. Ich hoffe nur darauf, dass die Region Hameln Pyrmont nicht mitzieht damit ich in ein paar Tagen meine Reise fortsetzen kann.

    Was hab ich bis hierhin gelernt? Bisheriges Fazit:
    Ich muss noch mehr draussen unterwegs sein.
    Instant Kaffee ist mir doch lieber, wenn ich alleine unterwegs bin und ganz früh los möchte. Ausserdem nervt das säubern des Kaffeefilters.
    Der Weg gefällt mir. Auch wenn der Single Trail Anteil gerne in den Folgetagen noch etwas größer sein könnte.
    Sehr wenig Asphalt.
    Schönster Wanderwege 2020? Hmmm. 2020 is ja auch vorbei... Bin gespannt.

    Also auf dem Westweg ist die Toleranz recht hoch würde ich mal behaupten. Wenn du dich in ne Hütte legst und dich von NSGs fernhälst sollte das ohne große Probleme und Ängste möglich sein. Du bist ja dann auch ausserhalb der Hauptsaison unterwegs.
    Manche der Hütten haben ja sogar einen Schlafboden. Spontan fallen mir da die Hütte nach Forbach und die beiden vor und nach Hausach ein.

    Der Egge Weg. Als Verlängerung des Hermannsweg verläuft er über ca 75km durch das Egge Gebirge. Beide zusammen bilden den Weg "Hermannshöhen". Der E1 folgt dem Eggeweg ebenfalls. Der Weg beginnt an den Externsteinen in Holzhausen und endet in Marsberg. In einer Zeitschrift des Egge Gebirgsvereins las ich, dass es der erste Weg war, der das Siegel "Wanderbares Deutschland" bekommen hat. Das muss lange her sein. Ich weiss nicht was die Kriterien dafür sind, aber heutzutage müsste er das Siegel "Wanderbare Postapokalypse" bekommen. Zumindest nach dem ersten Eindruck.

    Wir alle kennen das Spiel. Fichtenmonokultur soweit das Auge reicht. Dann kommt der Borkenkäfer und veranstaltet seine Orgien und lässt es sich gut gehen. Irgendwann kommt ein Sturm vorbei und knickt alles um. Logischerweise rasseln dann die Harvester vom Forstamt durch die Landschaft und machen alles platt.
    Ich denke auch, dass die meisten hier diese Anblicke auch kennen und mir waren sie ja auch nicht fremd, aber so krass wie auf den 75km habe ich es noch nicht erlebt und gespürt. Man geht halt auch die meiste Zeit auf dem Kamm und somit hat man einen weiten Blick auf die Verwüstung. Dank der anhaltenden Trockenheit ist alles braun und staubig. Die noch einzeln in der Landschaft rumstehenden Lärchen wirken traurig und verlassen. Die Bäume die um sie rum waren und ihnen Schatten gespendet haben sind nicht mehr da. Auf den Wegen sammeln sich tote Spitzmäuse und Maulwürfe.

    Auf der anderen Seite hat man den regionalen Wanderverein, der mit allen Kräften versucht die Gegend attraktiv zu halten. Hut ab. Super gepflegte und top ausgeschilderte Wege. Richtig gute Hütten und viele Informationstafeln zur aktuellen Lage und der Region.
    Die Gastronomie ist herzlich und kennt sich mit Wanderern*innen bestens aus. Genau wie die Anwohner*innen. In einem Ort mussten wir nach Wasser fragen und bevor wir die Tür erreichten kam schon eine Frau und meinte "Ich hab euch schon gehört. Gebt her die Flaschen."
    In Blankenrode steht die Eggetränke. Zwei Kühlschränke voll mit Getränken und Snacks, eine Ladestation und Sitzecke. Bezahlt werden kann auch per Paypal.

    Das ist schon alles beeindruckend. Im Guten wie im Schlechten. Und vielleicht ist das genau der Grund warum man den Weg gehen sollte, weil er schon fast extrem ist. Und die meisten hier werden den Weg in zwei Tagen gehen können. Deshalb kommen wir nun zur Logistik und dem Erlebten.

    Ich bin den Weg mit meinem alten Herren gegangen. Da ich ihn nicht zum Zelten überreden konnte haben wir die beiden Nächte in Gasthäusern verbracht. Die erste Nacht in Bad Driburg im "Braunen Hirsch". Top Küche, super gute Zimmer und sehr nett. Der Laden brummt, obwohl die Stadt an sich eher völlig runtergekommen ist. Die zweite Nacht haben wir in Hardehausen im Haus Varlemann verbracht. Die hatten eigentlich Ruhetag, aber haben uns trotzdem aufgenommen. Auch Essen war kein Problem. Kurz nach unserer Ankunft musste mein Vater leider wegen einem Notfall zu Hause abreisen. Als ich nach einem Taxi zum nächsten Bahnhof gefragt habe (kein Empfang oder funktionierendes Wlan) meinte der Wirt er würde ihn hinfahren. Ich entschloss mich zu bleiben und am nächsten Tag die restlichen 20km bis Marsberg zu Ende zu laufen. Als ich nach dem Frühstück zahlen wollte meinte der Wirt trocken "69 Euro". Äh ja, Übernachtung, Abendessen, Frühstück, zwei Cola, zwei große Pilsetten und Taxi zum Bahnhof. Das alles am Ruhetag. 20 Euro Trinkgeld auf meinen Nacken.
    Wie ist der Weg an sich? Er startet spektakulär an den Externsteinen und verläuft dann meist oben auf dem Kamm. Es gibt schon einige Km Singletrail, aber auch natürlich viel Schotterpiste. Die letzten 14km ist es auch gerne mal Asphalt. Da es ein historischer Weg ist bringt es das wohl mit sich. Auf der anderen Seite wird man auch nicht unnötig durch jede Ortschaft an jedem Gasthof vorbeigeschleust, wie es die Top Trails es ja gerne machen (müssen).
    Den Weg kann man auch locker mit Zelt oder Biwaksack gehen. Besonders die Asselner Hütte zwischen Hebram Wald und Willebadessen liegt perfekt ab vom Schuss. Auch keine Ballerbutze in der Nähe. Aber auch sonst habe ich viele gute Stellen gesichtet. Auffallend war auch wie wenig Müll rumliegt. Ich habe lediglich zwei Hundekackbeutel voll bekommen. Vielleicht liegst auch daran, dass nicht mehr viele Leute unterwegs sind oder die Rodungsmaschinen ihn in den Boden eingearbeitet haben.
    Verpflegung sollte man mitnehmen. Einkaufsmöglichkeiten gibt's meist nur weit ab vom Weg. Genug Wasser mitnehmen. Es gibt keine Quellen und keine Brunnen. Die Menschen in den Ortschaften sind aber sehr hilfsbereit. Wie oben schon erwähnt gibt's in Blankenrode die Eggetränke. Oberhalb von Hardehausen gibt es einen Truckerpuff. Wir haben davon abgesehen dort nach Wasser zu fragen.

    In diesem Sinne "Happy sad trails"